Kolumne
Kühle Ideen für die steinerne Stadt

16.07.2022 | Stand 15.09.2023, 4:24 Uhr |
Heinz Klein
Kreative Fassadenbepflanzung, gesehen in Castel del Monte in Italien – vielleicht auch was für Regensburg? − Foto: Klein

Mit Schnittlauch allein lässt sich keine Stadt begrünen. Unseren Kolumnisten Heinz Klein beschäftigt die Hitze in der Stadt.

Es wird heißer. Immer heißer. Auch in Regensburg, das heuer schon zehn Tage mit über 30 Grad zählte. Vergangenes Jahr waren es elf, aber den ganzen Sommer über. Damit hat Regensburg sich den Titel „heißeste Stadt Bayerns“ erschwitzt. Doch darauf kann keiner stolz sein. Deshalb soll jetzt an einem Hitzemanagement gearbeitet werden. Auch in anderen Städten machen sich Hitzemanager kühle Gedanken.

Begrünen und beschatten heißt die wohl wirksamste Kühlungsstrategie. Da darf man sich in Regensburg wundern, dass man gerade das grüne Wäldchen an der Lilienthalstraße als letztes Stadtwäldchen im Westen der Bebauung opfern will. Wo es doch amtlicherseits als klimawirksam eingestuft, aber dennoch als Baugebiet ausgewiesen ist.

Zarte Pflänzchen vor den Fenstern

Na gut, dann muss halt der Bürger die Sache mit der Begrünung in die Hand nehmen. Privatinitiative ist gefragt, sagt Hans-Dieter und stellt als Bewohner der steinernen Altstadt gleich mal sein Usambaraveilchen draußen aufs Fensterbrett. Die Nachbarin hat dort sogar einen kleinen Pflanzkasten mit Basilikum und Schnittlauch stehen. Sehr zarte Anfänge einer Stadtbegrünung.

Der Hitzemanager wird das als ersten ehrenwerten Schritt begrüßen, aber mit Schnittlauch allein lässt sich halt doch keine Stadt begrünen. Auch nicht mit Bärlauch. Es müsste schon was Größeres sein. Na gut, das Olivenbäumchen vorm Freisitz der Pizzeria ist schon etwas größer, aber der Schatten, den es macht, ist doch recht mickrig. Und wenn der Freisitz wieder weg muss, ist auch das Olivenbäumchen wieder weg.

Einem Hitzemanager ist sicherlich nach Großem, nach Wirkungsvollem zumute. Flächige Wiesen auf flachen Dächern, dicke Polster aus Efeu, Knöterich und wildem Wein an den Fassaden, die nicht nur Staub binden, Wände kühlen und die Luft befeuchten, sondern auch Biotope für brütende Vögel und nektarnaschende Insekten sind. Wie schön, wenn wieder ein Schmetterling durch Altstadtgassen flattern würde. Ja, grüne Wände braucht die Stadt.

Denkmalschutz oder Hitzemanagement?

Haben wir doch, sagen bestimmt die Immobilienentwickler und verweisen auf Hausfassaden, die mit grüner Silikonharzfarbe gestrichen wurden. Die ist wasserabweisend und verhindert Schimmelbildung und Algen. Aber das wird einem Hitzemanager nicht genügen, dieses Scheinargument wird er wegwedeln wie heiße Luft. Ein Hitzemanager will organische Substanz, will Bäume mit Blättern und grüne Dächer mit Wiesen oben drauf.

Da wird der Hitzemanager wohl auch mit den Denkmalschützern streiten müssen, denn die wollen das gar nicht so. Die Bewahrer des Welterbes schützen die steinerne Stadt lieber vor allzu grünen Gedanken und vor allem – um Gottes Willen – vor Photovoltaik. Aber auch andere Zeitgenossen haben wenig Verständnis für bewachsene Hauswände. Als ich nach dem Streichen meiner Hausfassade die vorher sorgsam abgenommenen Ranken von wilden Wein und Clematis wieder an der Hauswand befestigte, blieb ein Passant stehen und sagte kopfschüttelnd „Jetzt hast des so schee g‘stricha. Und jetzt willst des G‘strüpp wieder hihänga.“

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