Glaube
Künstler ehren Anna Schäffer

Die Reliquie der Diözesanheiligen wandert durch die Kirchen des Dekanats. Die äußeren Hüllen zu ihrer Verehrung stammen von einheimischen Künstlern.

15.01.2013 | Stand 16.09.2023, 21:02 Uhr
Helmut Wanner

Alfred Böschl mit dem Modell des Epitaphs von Anna Schäffer. Das Metallkistchen vorne ist gerade in Regensburg zu sehen. Fotos: Wanner, altrofoto-Archiv

Man möchte es nicht glauben, wie vielen Menschen der Name Anna Schäffer etwas sagt. Bei einigen würde man eine Nähe zu Anna Schäffer auf Anhieb gar nicht vermuten. Bei ihm schon: Alfred Böschl (geboren 1949), langjähriger Vorsitzender des Kunst- und Gewerbevereins Regensburg. Seit 1998 ist er im Kunstausschuss der Diözese Regensburg. In Arbeitsgemeinschaft mit Helmut Langhammer gestaltete er die Altarinsel beim Papstbesuch 2006 in Regensburg. Böschl entwarf den Epitaph für Mindelstetten und auch das Kästchen mit der Reliquie der Heiligen, das jetzt im Regensburger Dekanat zur Verehrung ausgestellt ist.

Auch dass der Regensburger Dr. Georg Haber, neuer Vorsitzender des Kunst- und Gewerbeverein Regensburg e.V., die Umsetzung der Pläne in vergoldetem Messing verantwortet, ist naheliegend. Seine Firma deckt seit 1860 den Kirchenbedarf der Diözese an liturgischem Gerät und Paramenten.

Winfried Tonner im Petersdom

Der Name Tonner allerdings überrascht. In Deutschland bringt man ihn sofort mit dem Portrait der Familie Thurn und Taxis zusammen. Der am 23. Februar 2002 viel zu früh verstorbene Regensburger Maler Winfried Tonner (geb. 1937) gestaltete aber auch nach einem zeitgenössischen Foto das Gemälde Anna Schäffers, das zu ihrer Seligsprechung 1999 auf 12 mal 12 Meter „hochgezogen“ im Petersdom gezeigt wurde.

Nicht wenige fragten sich damals, was das für eine bedeutende Heilige sei, die so ein schönes Gemälde bekommen habe. Das hatte den Protestanten gefreut. Tonner hatte 1997 an dem Auswahlverfahren teilgenommen und gewonnen. „Von Seligsprechungen an sich hat er wenig gehalten“, sagt seine Witwe Heidi Tonner. „Er hat es gemacht, weil ihn das Leiden dieser Frau faszinierte. Das war sein Motiv. Leiden will ja heute keiner mehr.“

Heiligenlegende in Sütterlin

Der gelernte Kirchenmaler Stefan Reichmann, Fachlehrer für Farbberufe an der Regensburger Berufsschule, schließlich verfasste das kalligraphische Schriftstück, das den Gebeinen der Weltheiligen beigelegt wurde. Reichmann entwickelte dafür eine spezielle Schrift aus der sogenannten Unziale und Sütterlin, die er auf geschliffenes Ziegenpergament für die Ewigkeit verfasste. 25 Stunden saß er über dieser Arbeit. Der in Regensburg für Heiligsprechungen zuständige Domvikar Georg Schwager hatte ihn für diese Arbeit gesegnet.

Böschl: „Eine Arbeit ohne Vorbild“

Anna Schäffer hat zu Lebzeiten prophezeit, dass sie einmal drei Gräber haben werde. Sie hatte Recht. Tatsächlich wurden ihre sterblichen Überreste am 26. Juli 1972 vom Friedhof in die Pfarrkirche umgebettet. Zur Seligsprechung 1999 wurde ihre Gruft zum zweiten Mal geöffnet. Vor ihrer Heiligsprechung am 21. Oktober 2012 in Rom fand die dritte und letzte „recognitio canonica“ statt. Unter den 25 Personen, die bei dieser feierlichen Handlung in der extra verschlossenen Pfarrkirche von Mindelstetten zugegen waren, stand Alfred Böschl.

Die 3,5 Tonnen schwere, Epitaph genannte, Grabplatte wurde mit schwerem Gerät gehoben. Böschl hatte sie in Pietrasanta bei Carrara ausgesucht und auf seinem Hänger ins Atelier nach Adlhausen bei Rohr gefahren. Es ist ein Cremo Delicato Marmor, dessen reiner Materialwert 20 000 Euro beträgt. Tief in diesen Marmorblock hat er das Kreuz eingeschlagen, um durch diese schnörkellose Formgebung zu zeigen, wie tief der Glaube in Anna Schäffer eingegraben war. In einem Gespräch hatte der damalige Bischof Dr. Gerhard Ludwig Müller bei der Neugestaltung der Gruft in Mindelstetten lediglich die Richtung vorgegeben. „Es muss zum Ausdruck kommen, dass Anna Schäffer in die Schar der Weltheiligen gehoben wird.“

Böschl hat daraufhin den Sockel der Gruft erhöht. Anna Schäffer liegt jetzt auf einem Niveau mit dem Presbyterium. Das vergoldete Reliquienkästchen, in einer Nische im Fuße dieses Epitaphs deponiert, ist Teil des künstlerischen Konzepts von Alfred Böschl. In einem gewachsten Holzkästchen aus gut abgelagertem Birnbaum wurde das Wadenbein Anna Schäffers gebettet, das von zwei Messingbügeln gehalten ist. Um dieses Holz-Kästchen ist die rote Seidenschleife des Bischofssiegels geschlungen. Glas sorgt dafür, dass das Holzkästchen und das Siegel zu sehen sind.

Für Alfred Böschl war der Epitaph für Anna Schäffer „eine Arbeit ohne Vorbild“. In den letzten 1000 Jahren gab es in der Diözese Regensburg keinen Heiligen mehr. Papst Leo IX, der von 1049 bis 1054 amtierte, hatte vor 960 Jahren die letzten Diözesanseligen heilig gesprochen. Anna Schäffer ist die erste Heilige überhaupt, die aus dem Bistum stammt.