Abenteuer
Kürbis-Fans zogen von Utah nach Litzlohe

Die zwölfköpfige Familie Grasser aus den USA hat aus ihrer Leidenschaft für das dekorative Gemüse eine Geschäftsidee gemacht.

31.10.2018 | Stand 16.09.2023, 5:55 Uhr

Große Ausbeute: Mit einer Schubkarre voller Kürbisse verlassen viele Kunden das Feld bei Litzlohe. Foto: Selendt

Einer zu matschig, einer zu fleischig – und richtig teuer. Die Bilanz von Susanna Steup nach einer ersten Einkaufstour im Supermarkt fiel nicht berauschend aus. Zwar hat die junge Mutter in die Kürbisse, die sie dort erstanden hat, schon Bilder hineingeschnitzt. Von einer Katze und der Kinder-Comicfigur Peppa Wutz. Aber zufrieden war sie nicht.

Deswegen hat sie kurzerhand ihre Töchter Isabel (6) und Leni (3) ins Auto gesetzt und ist nach Litzlohe bei Pilsach gefahren. Mit Matschhosen, Gummistiefeln, Gummihandschuhen, Schere und Schubkarre ausgerüstet betrat sie das Feld der US-Familie Grasser aus Litzlohe – und wurde fündig. Wenig später verließ die Ambergerin das Feld mit drei perfekt geformten, gesunden und gar nicht teuren Kürbissen. Jetzt kann Halloween kommen.

Noch bis Mittwochnachmittag um 16 Uhr hat „Jerry‘s Pumpkin Patch“, etwa einen Kilometer außerhalb von Litzlohe gelegen, geöffnet. Wer noch Kürbisse für das anstehende Halloween braucht, kann sich dort noch eindecken. Es sind noch genügend da. Und das sei laut Besitzerin Lisa Grasser sehr ungewöhnlich. „In den letzten Jahren waren wir kurz vor Halloween immer schon restlos ausverkauft“, sagt die Frau in ihrem unüberhörbaren amerikanischen Akzent. Doch der trockene, warme Sommer, hat den Früchten offenbar gutgetan. Und dass die Familie so lange wie möglich mit einem Tankwagen und einem Schlauch per Hand bewässert hat, wohl auch.

Von Jahr zu Jahr immer größer

Lisa und ihr Mann Jerry Grasser sind – inmitten von Weizen-, Raps- und Maisbauern rund um Litzlohe – richtige Exoten mit ihren Kürbissen. Und eigentlich war gar nicht geplant, dass das Feld so groß und das Angebot an Früchten so riesig werden würde. Denn als die Familie Grasser in den 80er-Jahren aus dem US-Bundesstaat Utah nach Deutschland und 1985 schließlich nach Bayern kam, wollte Familienvater Jerry eigentlich nur Kürbisse für den Eigenbedarf anpflanzen. Zu teuer und zu hässlich seien ihm die gewesen, die er im Handel angeboten bekommen habe.

Die ersten Kürbisse, die er zustande bekam, waren so groß wie Grapefruits. Doch er und Lisa gaben nicht auf – und wurden besser. Die Kürbisse reichten nach einiger Zeit für Freunde, Nachbarn, Familienmitglieder. Und so, wie auch das Kürbisfeld und die Anzahl der Früchte wuchsen, so wuchs auch die Familie. Mittlerweile sind Lisa und Jerry Grasser Eltern von zehn Kindern, das älteste 41, das jüngste 20 Jahre alt.

„Sagen wir mal so: Man wird davon nicht reich.“Lisa Grasser auf die Frage, ob sich die viele Arbeit auf dem Kürbisfeld auch lohnt.

Die Arbeit auf dem Kürbisfeld brachte der Großfamilie einen schönen Nebenverdienst ein. Denn wie Lisa betont: „Man wird davon nicht reich.“ Das sei aber auch nie das Ziel gewesen. Im Vordergrund habe vor allem gestanden, die Kinder der Familie durch das Mitwirken auf dem Feld zu ehrlichen und fleißigen Menschen zu erziehen. „Sie sollten lernen, dass man arbeiten muss, um etwas zu erreichen.“ Und offenbar hat das etwas gebracht. Beim Tagblattbesuch im Haus der Familie in Litzlohe bestätigt Sohn Joshua: „Klar habe ich davon profitiert. Ich habe gelernt, dass ich für mein Geld hart arbeiten muss.“ Der 30-Jährige erinnert sich daran, dass der Verdienst aus dem Kürbisfeld zum Beispiel für Flüge in die Heimat der Eltern ausgegeben worden ist – „man kann ja nicht einfach mal so mit zehn Kindern in die USA fliegen“.

In unserem Quiz können Sie testen, wie gut Sie sich mit Halloween auskennen:

Kunden kommen von überall her

Auch Sohn Jared ist froh, dass seine Eltern vor vielen Jahren das Kürbisfeld angelegt haben: „Es war toll, zu beobachten, wie aus einer eigentlich ganz kleinen Idee so etwas Großes entstanden ist“, sagt er. Nach wie vor helfen er und die Familienmitglieder, die noch da sind, auf dem Feld mit. Doch die Arbeit sei weniger geworden. Die Entscheidung, die Kürbisse nicht mehr selbst zu ernten und durch den ganzen Landkreis zum Verkauf zu fahren, sondern die Leute zum Feld kommen zu lassen und alleine zur Ernte zu schicken, sei für alle eine Win-Win-Situation gewesen.

Und die Leute kommen von überall her. Zunächst seien es vor allem Menschen aus den Standorten der US-Armee in der Oberpfalz aus Hohenfels, Grafenwöhr und Vilseck gewesen. Seit jedoch auch Deutsche Halloween feiern, ihre Kinder durch die Straßen nach Süßem fragen lassen und ihre Häuser mit schaurigen Gesichtern aus Kürbissen schmücken, kommen die Kunden auch aus Neumarkt, Regensburg, dem Landkreis Amberg-Sulzbach oder dem Nürnberger Land.