Infrastruktur
Leihräder: Regensburger müssen warten

300 Räder und 300 Pedelecs sollen an 63 Stationen bereitstehen. Die Nachfrage ist da, die Umsetzung braucht aber viel Zeit.

03.05.2018 | Stand 16.09.2023, 6:18 Uhr

In Deutschland gibt es sehr viele Anbieter für Leihfahrräder. Welches Unternehmen den Zuschlag für Regensburg erhält, steht frühestens Anfang 2019 fest. Symbolfotos: Daniel Karmann dpa/lbn, Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Seit Jahren wird in Regensburg über Leihfahrräder diskutiert. Und eigentlichsollte es nach einem Beschluss des Planungsausschusses bereits seit 2015 ein Mietrad-System geben. Doch das Projekt kam nicht voran. Im letzten November kündigte die Planungsreferentin erneut eine Ausschreibung an. Ein halbes Jahr später ist die Projektskizze dafür fertig und am Donnerstag besprach der Planungsausschuss das Thema erneut. Nach dem abermaligen Beschluss sollen nun Fördermittel beantragt werden. Laut Planungsreferentin Christine Schimpfermann ist das erst im Herbst möglich. Das heißt: Die Regensburger müssen weiter auf die Räder warten. Ziel sei die Vergabe an einen Anbieter bis Anfang 2019. „Im Idealfall könnte das System noch vor dem Winter 2019/2020 in Betrieb gehen.“

Die Nachfrage nach Miet-Rädern scheint in jedem Fall vorhanden. Die Bikeambulanz am Bahnhof verleiht seit Jahren rund 40 Fahrräder. „Wir sind ausgelastet“, sagt Geschäftsführer Michael Glaubitz. „Wenn wir mehr Zeit bzw. Personal dafür hätten, wären alle Räder ständig verliehen.“ Momentan könne er sich fast nur um die Tagesgäste kümmern. Es gebe extrem viele längerfristige Anfragen. Ohne zusätzliches Personal werde er diesen aber nicht mehr Herr. Künftig will Glaubitz vornehmlich auf Elektrofahrräder setzen.

Natürlich lassen diese Angaben nur schwer Rückschlüsse auf ein flächendeckendes System, das vor allem Pendler und Bürger ansprechen soll, zu. In Mainz läuft das Verleihsystem nach Angaben der städtischen Pressestellen sehr erfolgreich. Dort gibt es ein städtisches Vermietsystem. 2016 wurden 460 000 Fahrten mit den Leihrädern registriert. Das stationsgebundene System hat 2009 den Bundeswettbewerb gewonnen – unter anderem aufgrund der engen Verzahnung des Mietsystems mit dem ÖPNV. „2018/2019 soll MVGmeinRad möglichst eine schwarze Null schreiben“, sagt Michael Theurer, Sprecher der Mainzer Stadtwerke.

Vandalen „entsorgten“ Leihräder

In Würzburg wurden die ersten vier Leih-Stationen 2015 eröffnet. Das System wurde zuletzt auf 70 Fahrräder an 16 Stationen ausgebaut. Christian Weiß, Leiter der Pressestelle der Stadt, verweist auf einen Stadtratsbericht zum Radwegemanagement 2016/2017. Die Nachfrage konzentriere sich noch auf den Tourismus und Gäste, heißt es dort. Die Auslastungszahlen zeigten, dass weitere Steigerungen möglich sind. Um die Attraktivität für den innerstädtischen Verkehr zu steigern, müsse das Stationsnetz ausgebaut und eventuell eine Freefloating-Zone ohne Stationszwang eingerichtet werden.

Die Stadt München hat unterschiedliche Erfahrungen gemacht.Dort existiert seit Beginn der 2000er-Jahre ein stationsloses Verleihsystem der Deutschen Bahn mit heute 1200 Rädern. Seit 2015 gibt es zudem ein zum Teil stationsgebundenes System der MVG, das von dem Anbieter Nextbike betrieben wird. Diese Radflotte soll noch 2018 auf 3200 Räder anwachsen. Mit beiden Anbietern habe es nie Probleme gegeben, sagt Florian Paul, Radverkehrsbeauftragter der Stadt.Beim Anbieter oBike, der im August innerhalb weniger Wochen 7000 Räder bereitgestellt habe, sehe die Sache anders aus. „Die Räder standen überall. Viele Fußgänger empfanden sie als störend“, sagt Paul. Es habe Kritik gegeben, sie würden das Stadtbild verschandeln. Der Anbieter habe kaputte Räder sich selbst überlassen. Verärgerte Bürger hätten die Räder „entsorgt“. Es sei zu „massivem Vandalismus“ und einer „regelrechten Zerstörungswut“ gekommen.

Erste Stationen stehen fest

In Regensburg soll es zunächsteine dreimonatige Testphase mit fünf Stationen und 25 Rädern geben, um eventuelle „Kinderkrankheiten“ zu beheben. Zum Betriebsstart sollen dann 150 Räder und 100 Pedelecs zur Verfügung stehen. In den ersten neun Betriebsmonaten soll das System dann auf 200 Räder plus 200 Pedelecs anwachsen. Bis zum fünften Jahr sollen alle 300 Räder und 300 Pedelecs bereitstehen. Durch einen Pedelec-Anteil von mindestens 50 Prozent soll das Modell laut Vorlage eine Vorreiterrolle einnehmen. Diese Idee taucht schon 2015 in den Plänen auf.

Die Zahl der Stationen soll dort am größten sein, wo die meisten Menschen wohnen oder wichtige Ziele liegen. Auch das Umsteigen werde von Belang sein, sagt Schimpfermann. Zuerst sollen Stationen an Hauptbahnhof, Bahnhof Prüfening, Ostentorkino, Neupfarrplatz, Minoritenweg, Tech-Base und Conti-Arena entstehen. Außerdem plant die Stadt im Gewerbepark, im Candis-Viertel, am Kumpfmühler Markt, beim DEZ, Alex-Center und KöWe-Center Stationen. Insgesamt sollen es schließlich 63 Stück werden.

Eine Station „mittlerer Größe“ werde ungefähr 30 Quadratmeter groß sein. „Der Betreiber muss entscheiden, ob er ein System mit oder ohne Docking-Elementen plant“, sagt Schimpfermann. Mit Docking-Elementen seien hohe Kosten zu erwarten. „Inklusive Stromanschluss kann eine bauliche Station leicht 25 000 Euro, aber auch deutlich mehr kosten.“ Eine andere Variante besteht aus sogenannten Flex-Zonen. Hier können Räder außerhalb der Stationen im öffentlichen Straßenraum abgestellt – und auch gemietet – werden. Die Gesamtkosten hingen noch von der Systemwahl ab.