Regensburg
Malerin Rita Karrer ist im Alter von 82 Jahren gestorben

26.12.2022 | Stand 15.09.2023, 2:19 Uhr
Peter Geiger
Rita Karrer, 2018 in ihrem Atelier in Regensburg, an ihrer Seite: Eugen Gomringer. Der Sprachkünstler nannte die Malerin einen „ganz seltenen Wunderfall Konrekter Kunst“. Jetzt ist Rita Karrer friedlich eingeschlafen, im Kreis ihrer Familie. −Foto: Peter Geiger

Eugen Gomringer, der Vater der Konkreten Poesie, nannte sie einen ganz seltenen Wunderfall Konkreter Kunst. Jetzt hat die Malerin Rita Karrer den Kampf gegen ihre Krebserkrankung verloren.

Ende Mai 2022 hatte Rita Karrer ihren letzten großen Auftritt: bei der Vernissage ihrer Ausstellung in der Regierung der Oberpfalz, die schlicht mit „Das Quadrat“ überschrieben war. Gekennzeichnet von der Krebserkrankung, aber stolz und zufrieden, dass ihrer Kunst in der Stadt, in der sie mehr als 40 Jahre zuhause war, so ein Forum geboten wurde.

Rita Karrer, 1940 in Abensberg geboren, räumte damals mit einem Gerücht auf: Nicht der Aufenthalt in Virginia 1980 sei es gewesen, der den alles entscheidenden künstlerischen Wendepunkt eingeleitet hatte. Bereits 1979, in Ägypten, wandte sie sich ab vom „Chaos des groben Pinsels“ und dem bis dahin gepflegten expressiven Duktus und verschrieb sich dem reduzierten Zauber der konkreten Kunst. „Im Schatten der Pyramiden, im Angesicht des Totenhelms des Tutanchamun“ habe ihr die 3500 Jahre alte Kunst so „immensen Eindruck“ gemacht, dass sie begann, sich dem zu öffnen, was mit dem Beginn der Moderne in der Malerei zusammenfällt: der Kunst, die Farben und geometrischen Formen huldigt.

„Rita Karrer schafft viel mehr!“

„Konkrete Kunst“ war auch das entscheidende Stichwort, als im Mai 2018 in ihrem Atelier im Stadtwesten Eugen Gomringer zu Gast war. Der Begründer der Konkreten Poesie präsentierte sein Büchlein „Performance – Das Konkrete Experiment im Werk von Rita Karrer“ (Morsbach-Verlag, 64 Seiten, 20 Euro) und sprach davon, dass die Künstlerin ein „ganz seltener Wunderfall der Konkreten Kunst“ sei. Sie hatte den Weg zu Strenge und geometrischer Ordnung im Bildaufbau gefunden, ihre Methoden hatten an Subtilität gewonnen und der einst expressive Charakter ihrer Kunst hatte sich auf das Studium von Material und Farbschichten verlagert.

Für Eugen Gomringer war ihr Schaffen nicht hinreichend zu beschreiben mit abgedroschenen Begriffen wie „Reduktion“ oder „Abstraktion“. Er plädierte, sie in einer eigenen Kategorie zu führen. „Rita Karrer schafft viel mehr!“, diktierte er damals ins MZ-Aufnahmegerät: „Ihr Oeuvre, das ist eine neue Schöpfung und sie bedient sich dafür einer eigenen Sprache.“ Und dann holte er aus, brachte Euklid, Pythagoras und Novalis als „ferne Heilige dieser Kunst“ ins Spiel und auch die Liebe zur Welt der Zahlen und ihrer Verhältnisse.

Sie hat Spuren hinterlassen

Rita Karrer hat Spuren hinterlassen. Im Westhafen, in der Äußeren Wiener Straße, ist ihre Arbeit „Korona“ zu sehen. Und im Kulturamt hängt ein blauer Kreis auf braunem Grund (das Indigo aus Marokko, die Erdpigmente aus Arizona), eine ihrer markantesten Arbeiten, die den Weltenkreis erschließt.

Als sich Rita Karrer in der Regierung der Oberpfalz fotografieren ließ, trug sie, um sich zu schützen, Maske. Aber im Hintergrund erstrahlten zwei ihrer Studien, dass man hätte meinen können, die Farben verlieen ihr Flügel. Die letzten Monate widmete Rita Karrer der Ordnung ihres Nachlasses. Am 19. Dezember ist sie im Kreis ihrer Lieben friedlich eingeschlafen.