Biathlon
Mehr als nur ein kleiner schwarzer Punkt

MZ-Autor Daniel Geradtz hat einen Blick hinter die Kulissen der Schießstände in der Arena Auf Schalke geworfen.

10.01.2017 | Stand 10.01.2017, 17:28 Uhr
Die Sportler zielen auf Scheiben, die 50 Meter von ihnen entfernt sind. Beim liegenden Schießen sind sie nur 45 Millimeter groß. −Foto: Fotos: Geradtz

Wenn die Sportler ins Schießstation laufen, ist es jedes Mal ein Showdown. Stehend oder liegend nehmen sie auf einer der 30 Bahnen Platz. Gegenüber, in einer Entfernung von 50 Metern, befinden sich die fünf Zielscheiben, die sie zu treffen versuchen. Das klingt eigentlich ziemlich simpel, aber dahinter versteckt sich ziemlich viel Technik – nicht nur bei den Schützen, sondern auch auf der gegenüberliegenden Seite.

Je nach „Anschlag“ – so nennen Schützen die Haltung von Waffe und Körper – ist das schwarze Ziel unterschiedlich groß. „Beim stehenden Schießen haben wir eine Zielfläche von 115 Millimetern, beim liegenden Schießen ist sie 45 Millimeter groß“, sagt Frank Hübner. Er ist Mitglied beim Ski-Club Wilzenberg und begleitet als Kampfrichter seit 15 Jahren die Biathlon World Team Challenge in der Arena Auf Schalke. Ein vorgeschobener Ring verkleinert die Trefferfläche.

Bei den unterschiedlichen Disziplinen variiert die Schießabfolge. Das legt das Regelwerk der Internationalen Biathlon Union (IBU) fest. Während sich im Einzelrennen der liegende und der stehende Anschlag jeweils abwechseln, wird im Massenstart- und Verfolgerlauf zunächst zwei Mal liegend geschossen und danach zwei Mal stehend. „Ein oranger Balken gibt an, wie geschossen werden muss“, erklärt Hübner. Fährt er an dem jeweiligen Schießstand aus, müssen die Athleten stehend ran.

Im Biathlon kommen unterschiedliche Arten von Schießständen zum Einsatz. Es gibt elektromechanische und elektronische Systeme. Die meisten Weltcup-Stätten würden elektronische Schießstände verwenden, weiß Hübner. Beim elektromechanischen System wird durch den Druck des Treffers eine weiße Klappe ausgelöst. Sie ist mit der schwarzen Zielfläche verbunden. Klappt das Ziel nach hinten, schnellt gleichzeitig die Klappe nach vorne und signalisiert den Treffer. Bei den elektronischen Systemen wird durch einen Motor eine weiße Scheibe seitlich vor das Ziel geschoben, nachdem es getroffen wurde.

Lasertechnik ist unerwünscht

Der Hersteller Hora Systemtechnik schreibt dazu in der Produktbeschreibung: „Die Genauigkeit dieses Messsystems ist sogar deutlich höher, als durch die IBU-Regeln gefordert.“ Beide Systemarten sammeln wichtige Daten zur Schussabfolge und den Schusszeiten, so dass eine präzise Wettkampfanalyse ermöglicht wird.

Schießt ein Athlet mit seinem Kleinkalibergewehr, muss mindestens die Hälfte des Projektils die Zielscheibe treffen, damit die Scheibe fällt. Das elektronische System, das die Daten in Echtzeit für die Fernsehgrafiken aufbereitet, erkennt die Schüsse. Aber auch die Randtreffer werden erfasst, zumindest solange die Athleten die Einhausung der Zielscheiben treffen. Würde ein Sportler weiter daneben schießen, bringe das die Datenerfassung durcheinander, sagt Hübner.

Die Daten laufen an Computern zusammen, die jeweils drei Schießbahnen pro Gerät erfassen. Die Verantwortlichen geben die Startnummer des Athleten ein. So können die Schüsse zugeordnet werden. Mit einem Knopfdruck können sie anschließend die Scheiben wieder aufstellen oder einen Signalbalken setzen.

Die Auswertung der Daten wäre mit modernen Lasergewehren einfacher. Doch der internationale Biathlonverband erkennt sie nicht an. „Wir haben hier eine Veranstaltung mit der Lasertechnik gemacht, um es auszuprobieren“, sagt Kampfrichter Hübner. „Aber es gibt Beeinflussungen durch Blitzlichter oder den Regen, die den Laserstrahl ablenken.“ So konnte damals zwar ein Rennen mit Prominenten, die nicht im Besitz eines Waffenscheins waren, ermöglicht werden, doch für den eigentlichen Wettbewerb ist das System noch nicht ausreichend ausgereift.

Polizei kontrolliert die Sicherheit

Ein Schießstand mit Lasertechnik hätte aber auch andere Vorteile. Laut dem geltenden Schießstandrecht müssen auch im Biathlon Sicherheitsbestimmungen eingehalten werden. Im Umfeld des Schießstandes müssen bestimmte Bereiche gesperrt werden. In der Gelsenkirchener Fußballarena bedeutete dies, dass ein ganzer Sitzblock leerblieb. Außerdem wurden Wände angelegt, die Querschläger zurückhalten. „Die Polizei hat kontrolliert, ob die Türen wirklich zu sind“, sagt Frank Hübner über die Vorbereitungen.

Die hohen Sicherheitsauflagen hält er zwar für richtig, doch glaubt er, dass es bei den Weltcup-Wettkämpfen eigentlich nicht notwendig wäre. „Das sind Profis. Ihnen passiert so etwas eigentlich nicht“, hofft Hübner.