Viele werden sich an Daisy mit ihrem Schleifchen auf dem Kopf erinnern. Sie war das Ein und Alles von Modezar Rudolph Mooshammer. In seinem Testament hat er sogar verfügt, dass seine geliebte Yorkshire-Terrier-Hündin bis zu ihrem Tod in seiner Münchner Luxusvilla leben darf. Ja, wir Deutschen lieben unsere Fellnasen: Nach der Katze ist unser liebstes Haustier der Hund. Laut dem Statistikportal statista gab es im vergangenen Jahr in Deutschland circa 8,76 Millionen Haustierbesitzer mit einem Hund im Haushalt, rund 1,4 Millionen Menschen hatten 2017 sogar zwei Hunde.
Waren Hunde früher noch Haus- oder Hoftiere, die halt da waren und zum Haushalt gehörten, zählen sie heute zu den Familienmitgliedern. Dem ist aber nicht genug, wie auch Hundebesitzerin und Hundeaccessoire-Designerin Viktoria Tuscher aus Sinzing weiß: „Momentan findet ein starker Wandel bei den Hundeaccessoires statt. Mittlerweile muss der Hund ja zum Herrchen passen.“ Es gibt seit Jahrzehnten das Vorurteil, dass sich Hund und Halter ähnlich sind. Beobachtet man aber bei einem Spaziergang Herrchen oder Frauchen und den zugehörigen Vierbeiner, sind gewisse äußerliche Ähnlichkeiten oft nicht zu übersehen. Man mag hier meinen, dass der menschliche Topf seinen tierischen Deckel gefunden hat.
Der Hund passt zum Outfit
Aber heutzutage geht die Liebe zum Hund eben noch viel weiter: Man sucht sich nicht mehr nur – wenn wahrscheinlich auch unbewusst – die zu einem optisch passende Rasse aus, sondern viele Halter wollen auch bewusst, dass der Hund zum Outfit passt. „Ganz viele Kundinnen rufen uns an und sagen: ,Ich habe eine neue Handtasche und brauche unbedingt ein neues und dazu passendes Halsband‘“, erzählt die 31-jährige Tuscher. Andere Kunden schicken der Hundeaccessoire-Designerin Bilder von ihrem neuen Outfit und ordern das für ihren Hund passende Set aus Halsband und Leine dazu.
Gut, dann gibt es für Hasso, Bello und Co. eben drei bis vier unterschiedliche Halsbänder, damit Frauchen oder Herrchen spontan vorm Gassigehen entscheiden kann, welches Halsband heute angezogen wird. So lautet wohl die Vermutung, aber der Trend geht schon längst in eine andere Richtung: „Wir haben Leute in unserem Bekanntenkreis, die zwischen 60 und 80 Halsbänder haben“, berichtet Stephan Schießl, der Lebensgefährte und Geschäftspartner von Tuscher. „Es gibt Frauen, die sammeln Schuhe, und es gibt Frauen, die sammeln Halsbänder. Auf Internetforen gibt es einige Frauen, die weit über hundert Halsbänder haben.“
„Die Halsbänder werden dann wirklich als Schmuck für die Hunde angesehen“Stephan Schießl
Dass aber nicht nur Frauen eine Vielzahl an Accessoires für ihre Vierbeiner kaufen, sondern auch Männer zum Klientel zählen, verraten die beiden im Interview auf Seite 9. „Oft sind die Halsbänder gar kein Gebrauchsobjekt mehr, weil viele Halter ihre Hunde an einem Geschirr führen. Die Halsbänder werden dann wirklich als Schmuck für die Hunde angesehen. So wie Frauen Ohrringe und Ketten tragen, darf der Hund ein schönes Halskettchen haben“, sagt Schießl.
Für Menschen, die keine Haustiere haben, mag diese Liebe zum Tier unsinnig und kurios erscheinen. Man fragt sich, warum viele ihre Hunde mit modischen Accessoires dekorieren, sind und bleiben die Vierbeiner vom Grundgedanken her doch einfach nur Tiere. Das Paar aus Sinzing hat in den letzten Jahren einen klaren Trend ausgemacht: „Es ist immer mehr so, dass viele Menschen ihre Tiere wie Kinder behandeln. Die Tiere sind ihre Ersatzkinder. Den Kindern kauft man auch mal teure Turnschuhe oder eine teure Jacke. So ist das auch bei den Tieren: Dann kauft man seinem Hund halt mal etwas“, erzählt Schießl.
Rund 30 Barf-Läden in Berliner Stadtviertel
„Auch was die Ernährung angeht, kümmern sich die Halter immer bewusster um ihre Tiere und kaufen hochwertiges Futter“, berichtet er weiter. So haben die beiden kürzlich in Berlin in einem Stadtviertel rund 30 Barf-Läden gezählt. „Die Leute passen auf, welche Inhaltsstoffe die Kauknochen haben. Sie wollen auch bei den Halsbändern und Leinen eine hochwertige Qualität haben.“ Mittlerweile ist es eben so, dass der Hund einen anderen Status angenommen hat: Er gehört zur Familie, was Tuscher bestätigt: „Der Hund hat viel mehr an Bedeutung gewonnen. Heute ist er ein Familienmitglied. Man möchte ja nicht, dass sein Kind mit der dreckigen Hose aus dem Haus geht. Darum geht heutzutage auch der Hund sauber aus dem Haus.“ Trotzdem gibt es nach wie vor Menschen, die Hundeaccessoires nicht schön oder sogar „affig“ finden. Frauchen und Hund im Partnerlook zu sehen, stößt bei vielen auf Unverständnis. Diese Erfahrung haben auch Tuscher und Schießl gemacht. „Auf einer Messe ist schon mal ein Mann zu uns gekommen und hat gesagt: ,Geht’s Leidln, des kann ja jetzt net euer Ernst sein!?‘“, erzählt die Sinzingerin schmunzelnd.
Doch es geht auch anders: Vorher noch abgeneigt, liebäugeln viele dann doch mit einem perlenbesetzten Halsband für den vierbeinigen Begleiter. Tuscher erinnert sich an eine Begebenheit bei der Consumenta in Nürnberg, wo eine Frau mit einem jagdlich geführten Dackel am Stand der Halsband-Designerin vorbeikam. „Die Dame fand unsere Halsbänder total doof. Dann hat sie aber ein Halsband entdeckt, wo ein Hirsch drauf war. Das Ende vom Lied war: Der Dackel namens Vroni bekam ein Halsband mit Blumen und einem Hirschkopf.“ So gibt es für die verschiedenen Hunderassen sowie Bedürfnisse der Herrchen und Frauchen Halsbänder in unterschiedlichen Farben und eine Vielzahl an Accessoires, die daran befestigt werden können.
Der Jagdhund trägt Erdfarben
Jagdhunde tragen wohl eher Halsbänder und Leinen in Erdfarben, als Accessoires eignen sich Edelweiß, Hirsch, Reh oder Blumen. Hunde von Rockern werden wohl eher schwarze Halsbänder mit Totenköpfen oder Bullen tragen. Und wie sieht es für die Hunde von vornehmen Damen aus? Na da darf es schon mal ein knallig pinkes Halsband mit Strasssteinchen, Herzchen, Engelsflügeln oder bunten Quasten sein. Für jeden Geschmack gibt es das passende Accessoire – das reicht von traditionell über vornehm bis hin zu schräg. „Es geht weder cooler noch tussiger. Was gut geht, sind Halsbänder mit Totenköpfen und Stieren. Das finden die Leute total witzig“, berichtet Tuscher.
„Die meisten unserer tierischen Kunden sind Möpse und französische Bulldoggen“Viktoria Tuscher, Hundeaccessoire-Designerin
Bleibt noch die Frage, welche Rassen die bunten Eyecatcher an ihren Halsbändern tragen. Man tippt ja eher auf die kleinen Rassen, bei vielen auch „Fußhupen“ genannt, als größten „Kundenstamm“. Das dachte Tuscher auch, aber „die meisten unserer tierischen Kunden sind Möpse und französische Bulldoggen“. Grundsätzlich tragen aber alle Rassen Accessoires. „Das geht vom Rhodesian Ridgeback über den Chihuahua und Malteser bis hin zum Rottweiler“, weiß Tuscher. „Wir haben einen 80 Kilo schweren Cane Corso, einen Listenhund – wobei ich den Ausdruck nicht mag. Er trägt jetzt ein pinkes Glitzersteinchenhalsband.“ Festzustellen sei laut Schießl nur, dass mehr kurzhaarige als langhaarige Rassen Accessoires tragen. Verständlich, denn würde ein Bordercollie ein Halsband mit Verzierungen tragen, würde man das kaum sehen, da es im langen Fell verschwinden würde. Bei den modischen Halsbändern geht es hauptsächlich darum, dass sie schön aussehen und gesehen werden.
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Mag jeder seine eigene Meinung über diesen Trend haben: Wenn Frauchen das passende Halsband für ihren Vierbeiner will, ist das o.k. – natürlich auch, wenn modische Accessoires das Halsband zum Eyecatcher machen. Bedenklich wird es erst dann, wenn Hunde Mäntelchen anhaben, durch die Gegend getragen oder im Kinderwagen herumgefahren werden. Denn die Evolution hat sicher nicht bezweckt, dass ein Tier vermenschlicht werden muss.
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