Es ist Winter in China. Das Thermometer zeigte bei der Eröffnungsfeier minus vier Grad. Die Olympischen Winterspiele nehmen unter klimatisch optimalen Bedingungen ihren Lauf. Die gute Nachricht wäre keiner Erwähnung wert, hätten wir das nicht auch schon anders erlebt. Und wer weiß, was die Zukunft bringt? Winterspiele in Katar zum Beispiel. Dem IOC ist alles zuzutrauen.
Bleiben wir für einen kurzen Moment einmal beim Positiven, bis das Negative sich nicht mehr verdrängen lässt: Es war also genau so kalt, wie es sich für den Anlass gehört. Beim Einmarsch der Nationen trugen die Sportlerinnen und Sportler deshalb Jacken und Mäntel in wattierter Ausführung.
Alle? Nein! Einer trotzte dem Diktat der Vernunft und wählte zur nackten Haut einen Bastrock, ein paar Federn im Haar und Blumen um den Hals. Mit bloßen Füßen in luftigen Flip Flops schlenderte er zwischen dick eingemummelten Menschen einher.
Nathan Crumpton heißt der Mann, er ist Fahnenträger und bei diesen Olympischen Spielen einziger Athlet von Amerikanisch-Samoa. Das liegt im südlichen Pazifik und gehört zu den Vereinigten Staaten von Amerika. Crumpton ist 36 Jahre alt, arbeitet als Model und Sportfotograf, wurde in Kenia geboren und trat 2015 noch für die USA an, wo er auch lebt. Seit 2019 startet er für der Inselgruppe südlich des Äquators. Nathan ist ein sportliches Multitalent. Im Sommer vertrat er sein Land bei den Olympischen Spielen in Tokio im 100-Meter-Sprint – und wurde Viertletzter. Bestimmt hat er von da noch Hitzen im Leib. Vom Glutofen in Tokio geht es nun zum Abkühlen in den Eiskanal des Yanqing National Sliding Centre. Anders als beim Einmarsch muss er sich jetzt aber warm anziehen. Als Skeletoni braucht er einen Helm mit Kinnschutz und Bürstenschuhe mit 7-mm-Spikes sowie einen einteiligen, eng anliegenden Stoffanzug – statt nackter Haut eine Wursthaut.
