Justiz
Nerb knapp am Gefängnis vorbei

04.02.2013 | Stand 16.09.2023, 21:01 Uhr
Claudia Böken

Ein Bild aus besseren Tagen: Jahn-Vorstand Franz Nerb (rechts) mit dem damaligen Trainer Mario Basler im September 2005 auf der HerbstdultFoto: MZ-Archiv

„Das war knapp für Franz Nerb“, so kommentieren Juristen das Urteil, das das Schöffengericht für Wirtschaftsstrafsachen am Amtsgericht Regensburg gegen den früheren Jahn-Vorstand verhängte: eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Außerdem soll Nerb 500 Tagessätze zu 40 Euro bezahlen – mithin 20.000 Euro, und er muss 500 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

Die Liste der Vergehen, die dem früheren Südfinanz-Chef zur Last gelegt wurden, war lang: Vorenthaltung von Arbeitsentgelten, vorsätzliche Insolvenzverschleppung, vorsätzlicher Bankrott und Steuerhinterziehung. „Mit dem Urteil ist er gut bedient“, finden Insider. Dass Nerb so glimpflich davon kam, hat er einem Deal zwischen der Staatsanwaltschaft und Nerbs Verteidigung. Weil der frühere Investor die ihm zur Last gelegten Vorwürfe gestanden habe, habe die Staatsanwaltschaft andere Verfahren gegen ihn eingestellt, war zu erfahren.

Prozess ohne Öffentlichkeit

Um Franz Nerb, der mit seiner Entourage lange zum Stadtbild gehörte, ist es ruhig geworden. Der Mann, der seinerzeit dafür hochgelobt worden war, weil er die Sanierung der Schnupftabakfabrik in der Gesandtenstraße in Angriff genommen hatte, hatte sich gern mit Gefolge sehen lassen: Die Männer stets mit dunken Anzügen und Sonnenbrillen, die blonden Frauen auf hohen Absätzen, so promenierte er gern mittags durch die Schwarze-Bären-Straße und die Gesandtenstraße. Inzwischen ist Nerb so öffentlichkeitsscheu geworden, dass der Prozess gegen ihn beinahe unbemerkt über die Bühne gegangen wäre. Er stand auf keinem Sitzungsplan des Gerichts.

100 000 Euro Lohnsteuer gespart

Justizsprecher Thomas Rauscher bestätigte auf MZ-Nachfrage, dass drei Fälle verhandelt worden seien. Aus Nerbs Zeit als Jahn-Vorstand stamme die Anklage wegen Vorenthaltung von Arbeitsentgelten und Steuerhinterziehung: 2006 und 2007 seien drei Fußballer – die Brüder Petr und Anton Dvorak sowie Petr Stoilov – nicht bei der Sozialversicherungsbehörde gemeldet gewesen. Dadurch entstand der Behörde ein Schaden von 68 000 Euro. Gleichzeitig sei für diese Spieler keine Lohnsteuer entrichtet worden. Sie arbeiteten somit schwarz für den SSV Jahn – ebenso wie Trainer Mario Basler. Der Schaden dadurch wurde auf 100 000 Euro beziffert.

Auch bei der „Südfinanz“, deren Chef Nerb war, soll es zwischen 2003 und 2007 unzutreffende Lohnsteueranmeldungen gegeben haben: Nerb und seine Mitarbeiter fuhren auch privat gern die noblen Firmenautos – eins im Wert von mehreren 100 000 Euro, das andere ein Mercedes SL. Den dadurch entstehenden Vorteil hätten sie bei der Steuer angeben müssen. Allein bei Nerbs Nobelkarosse setzte das Finanzamt eine geldwerte Leistung von 4225 Euro pro Monat an.

In einem weiteren Fall ging es um die I.V.I. Beteiligungs KG und Co Bauträger KG, die in der Lilienthalstraße ein Verwaltungsgebäude für einen Konzern gebaut hat. Die Gesellschaft soll seit Ende 2004 überschuldet gewesen sein, so das Gericht. Der Vorwurf lautet unter anderem auf Insolvenzverschleppung. Ende 2004 wurde das -Gebäude verkauft, ein Teil des Erlöses wurde auf ein „Rechtsanwalts-Anderskonto“ überwiesen. Auf Anordnung Nerbs sollen von dieser Summe auch weitere Anweisungen vorgenommen worden sein, unter anderem eine halbe Million Euro an ein Bauunternehmen. In diesem Zusammenhang wirft die Staatsanwaltschaft Nerb vor, dass bei dem Unternehmen keine Unterlagen über diesen Geldtransfer gefunden wurden. 680 000 Euro habe Nerb an sich selbst ausbezahlt. Das Geld habe er benötigt, um die Fondsanleger auszahlen zu können. 1,3 Millionen Euro habe Nerb an die AHP-Vermögensverwaltung ausbezahlt. Diese Summe hatte er zwar selbst in die I.V.I. eingelegt, aber er hätte die Anweisung nicht selbst vornehmen dürfen, so das Gericht.

Nerb soll zwar die Vorwürfe eingeräumt haben, er und sein Anwalt scheinen mit dem Urteil jedoch nicht einverstanden zu sein: Sowohl er als auch die Staatsanwaltschaft haben Berufung eingelegt. Wann der nächste Akt folgt, steht nicht fest.