Verabschiedung
Netzwerker und „Vollblut-Oberpfälzer“

Als Ministerialbeauftragter war Paul Lippert seit 2009 für die 34 Oberpfälzer Gymnasien zuständig. Nun geht er in Ruhestand.

23.07.2016 | Stand 16.09.2023, 6:46 Uhr
Louisa Knobloch
Nach sieben Jahren als Ministerialbeauftragter für die Gymnasien in der Oberpfalz geht Paul Lippert Ende Juli in Ruhestand. −Foto: Knobloch

Wenn am 29. Juli die bayerischen Schüler in die Sommerferien starten, dann ist das auch für Paul Lippert der letzte Arbeitstag. Nach sieben Jahren als Ministerialbeauftragter (MB) für die Gymnasien in der Oberpfalz geht er in den Ruhestand. Ein bisschen Wehmut schwingt bei dem Gedanken mit. „Ich werde vieles vermissen“, sagt Lippert – etwa den persönlichen Kontakt mit den Schulleitungen, die Mitarbeiter seiner Dienststelle und natürlich die Schüler. „Ich habe gerne als Lehrer meine Fächer Mathematik und Physik unterrichtet.“

Nach dem Studium an der Universität Regensburg war Lippert über 20 Jahre lang am Augustinus-Gymnasium in Weiden tätig, zuletzt in der Schulleitung. Im Jahr 2000 wurde er Schulleiter am Gymnasium Eschenbach, neun Jahre später übernahm er das Amt des Ministerialbeauftragten für die Gymnasien in der Oberpfalz. „Für das Ministerium und die Schulen waren Sie hier stets ein verlässlicher und konstruktiver Partner“, würdigte der leitende Ministerialrat Dr. Ulrich Ossig aus dem Kultusministerium den „Vollblut-Oberpfälzer“ Lippert bei dessen offizieller Verabschiedung am 11. Juli.

Sowohl als Schulleiter als auch als Ministerialbeauftragter hat Lippert viele Veränderungen und Entwicklungen an der Schulart Gymnasium miterlebt und aktiv begleitet. Vor allem über die Lernzeit – G8 oder G9 – wurde und wird weiterhin heftig diskutiert. Seit diesem Schuljahr wird an 47 Gymnasien in Bayern – darunter auch sieben Schulen in der Oberpfalz – die sogenannte „Mittelstufe Plus“ getestet. Dabei durchlaufen Schüler die Mittelstufe in vier statt in drei Jahren.

Die Nachfrage an den Pilotschulen ist groß. „Das zeigt, dass sich Schüler und Eltern speziell in ländlichen Regionen eine längere Lernzeit wünschen“, sagt Lippert. Nicht nur schwächere Schüler würden das Angebot nutzen, sondern auch starke Schüler, die mehr Zeit für Zusatzangebote wie Musik oder Sport haben wollten, so der MB. Für die Schulen sei die „Mittelstufe Plus“, die parallel zum regulären G8 läuft, aber eine Herausforderung. „Gerade kleinere Gymnasien mit drei Zweigen können nicht alle Varianten anbieten“, so Lippert. Trotz der hohen Nachfrage nach der längeren Lernzeit rechnet er nicht mit einer Rückkehr zum ursprünglichen G9.

Die jeweils richtige Schulart finden

Angesichts der lautstarken Diskussion um die Dauer der gymnasialen Schulzeit seien viele andere Entwicklungen in der Öffentlichkeit weniger wahrgenommen worden, sagt Lippert. So habe sich der Unterricht selbst verändert, der – nach wie vor wichtige – Frontalunterricht werde inzwischen durch eine Vielfalt an Methoden ergänzt: „Dadurch können die Lehrkräfte besser differenzieren“. Dies sei auch nötig, da die Schülerschaft am Gymnasium in den vergangenen Jahren immer heterogener geworden sei, so Lippert.

Ein Grund ist die Übertrittsquote, die im bayernweiten Durchschnitt mittlerweile bei rund 40 Prozent liegt, sich aber regional stark unterscheidet. In München gehen rund 60 Prozent eines Jahrgangs aufs Gymnasium, in ländlichen Regionen liegt die Übertrittsquote dagegen teils deutlich unter dem Durchschnitt. „Unser Ziel sollte nicht sein, möglichst viele Schüler ans Gymnasium zu bringen, sondern möglichst viele Schüler an die Schulart, die für sie die Richtige ist“, betont Lippert.

Ausgebaut wurden die Angebote zur Förderung – gerade auch für begabte Schüler. Als Beispiele nennt Lippert das Ferienseminar, das Anfang August in Amberg stattfindet, die MINT-Schulen, deren Zahl sich von sieben im Jahr 2012 auf aktuell 45 erhöht hat, oder ein Pilotprojekt zur individuellen Förderung im Unterricht, das im Herbst in der Oberpfalz am Albertus-Magnus-Gymnasium Regensburg, am Willibald-Gluck-Gymnasium Neumarkt und am Kepler-Gymnasium Weiden startet. Auch auf die veränderten Lebensgegebenheiten der Familien habe man reagiert: „In der Oberpfalz gibt es kein Gymnasium mehr, in dem nicht offene und/oder gebundene Ganztagsbetreuung angeboten werden“, so Lippert. Die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schulen funktioniere ebenfalls sehr gut. „Es gibt hier von Seiten der Eltern eine sehr große Bereitschaft, sich einzubringen.“

Die Einführung der neuen Oberstufe mit den W- und P-Seminarenhabe zu einer stärkeren Zusammenarbeit der Gymnasien mit externen Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft geführt. In der Region gebe es etwa eine sehr fruchtbare Kooperation mit der Universität Regensburg sowie den Hochschulen Regensburg und Amberg-Weiden. Lippert würde sich wünschen, dass mehr Schüler das Frühstudium nutzen. Ab dem kommenden Schuljahr sollen Mentoren an den Gymnasien geeignete Schüler gezielt ansprechen und beraten.

Deutsch-Förderung am Gymnasium

Intensiv beschäftigt hat den MB während seiner gesamten Amtszeitder Auf- und Ausbau des Gymnasiums Lappersdorf. „Ich denke, wir haben es auf einen guten Weg gebracht“, sagt Lippert. Auch die Förderung von Schülern, die nicht Deutsch als Muttersprache haben, lag ihm am Herzen. Durch die Flüchtlingskrise sei hier der Bedarf noch einmal gestiegen. „Schüler, die eine Gymnasialeignung haben, aber die Bildungssprache am Gymnasium nicht beherrschen, verlieren oft ein bis zwei Jahre“, sagt Lippert. Am Regensburger Von-Müller- (Unterstufe) und Werner-von Siemens-Gymnasium (Mittelstufe) bekommen diese Schüler im Rahmen des Projekts „InGym“ Intensivkurse Deutsch. „Ich fand es toll, bei einem Besuch in diesen Klassen zu sehen, wie schnell die Schüler Deutsch lernen.“

Er gehe gelassen und zufrieden, sagt Lippert mit Blick auf den nahenden Ruhestand. Ganz loslassen wird ihn der Bildungsbereich aber nicht: So bleibt er Vorsitzender des Beirats des Regensburger Universitätszentrums für Lehrerbildung (RUL) sowie des Fördervereins des von ihm mitgegründeten Landeswettbewerbs Mathematik.

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