Beruf
Neuer Anlauf zum Traumjob

Maria Gerner aus Freystadt ist die beste Sport- und Fitnesskauffrau Deutschlands. Warum sie nun eine zweite Ausbildung will.

14.01.2019 | Stand 16.09.2023, 5:55 Uhr
Stefanie Roth

Maria Gerner zeigt nicht nur, dass sie Kraft, Balance und Ausdauer hat, sondern auch einiges im Köpfchen. Foto: Dominik Noworzyn

Maria Gerner interessiert sich nicht für Noten, sie interessiert sich lieber für Menschen. Der Traum-Notendurchschnitt von 1,0 ist ihr genauso egal wie der Titel als Deutschlands beste Sport- und Fitnesskauffrau. „Die Arbeit am und mit den Menschen, das liegt mir“, sagt die 19-Jährige, die aus Michelbach bei Freystadt stammt.

Bis vor Kurzem arbeitete sie noch im Fitnesspark in Neumarkt. Die Stelle hat sie nach einem halben Jahr aufgegeben, um ihr neues Ziel zu forcieren. Ab Oktober will sie eine Ausbildung zur Physiotherapeutin in Nürnberg beginnen. Während andere Auszubildende nach dem Abschluss erst mal ins Berufsleben starten, hat sich die junge sportliche Frau für einen neuen Weg entschieden, der gewiss auch anstrengend sein wird. Da die Schwester der jungen Frau vier Ausbildungen absolvierte, sei der Entschluss der Tochter für die Eltern gar nicht mal so ungewöhnlich gewesen.

Die Anatomie des Menschen

„Der ausschlaggebende Grund war, dass mir alles rund um die Anatomie am besten gefallen hat. Und das kommt bei der Arbeit im Fitnessstudio zu kurz“, sagt Gerner. Schon während der Ausbildung habe sie die Trainingstherapie vermisst. Dass sie nun eine zweite Ausbildung beginnt, sehe sie nicht als Nachteil, denn die Richtung ist ähnlich. „Da hat man als Sport- und Fitnesskauffrau eine gute Grundlage“, meint sie. Außerdem weiß sie, dass Physiotherapeuten gesucht werden und sie sich um ihre Zukunft keine Jobsorgen machen muss, denn der Markt sei da.

„Mein Herz schlägt schon immer für den Sport in allen verschiedenen Richtungen.“Sport- und Fitnesskauffrau Maria Gerner

Eine zweite Ausbildung sieht auch Ralf Kohl, Bereichsleiter Ausbildung von der IHK Regensburg, in diesem Fall nach der Mittleren Reife positiv: „Die eine Ausbildung schließt die andere nicht aus. Frau Gerner erweitert ihr Profil. Wir haben durchaus ab und zu Auszubildende, die noch einmal eine Ausbildung dranhängen. Wenn sich das ergänzt, ist das eine schöne Sache.“ Auf Nachfrage des Neumarkter Tagblatts räumt er ein, dass die Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann tatsächlich mehr Wert auf die betriebswirtschaftlichen und organisatorischen Tätigkeiten von Fitness- und Gesundheitsstudios Wert legt als auf den Trainingsbereich selbst. Maria Gerner bekam bei der täglichen Arbeit im Fitnessstudio bereits die gesundheitlichen Leiden der Leute mit.

Verkürzte Ausbildung

Die Wehwehchen seien meist ähnlich, wie sie herausstellte: Rückenprobleme, Knieprobleme oder Arthrose. Zu viel Sitzen und zu wenig Bewegung, fasst es Gerner zusammen und sagt: „Ich fand es cool, an die Ursachen zu gehen. Was kann man mit gezielter Bewegung erreichen?“ Was man mit persönlichem Einsatz alles schaffen kann, hat Maria Gerner bereits bewiesen. Die ursprünglich dreijährige Ausbildung zur Sport- und Fitnesskauffrau konnte sie wegen ihrer guten Leistungen und ihres Einstiegs im März auf 2,5 Jahre verkürzen. Wie viele Einser die Schülerin hatte, das weiß sie nicht mehr. Dass sie als Beste abschneiden würde, damit habe sie niemals gerechnet.

Am Ball geblieben

Nach der Prüfung habe sie sich gedacht: „Ich wusste, ich habe bestanden, aber ich hatte kein sonderlich gutes Gefühl.“ Auf die Frage, wie intensiv sie den Lernstoff trainiert hat, sagt sie: „Ich bin schon am Ball geblieben. Ich habe von Anfang an mitgelernt für jede Schulaufgabe. Davor habe ich mir eine Zusammenfassung des Stoffs gemacht und bin es durchgegangen“, erzählt sie. Mehr Lerngeheimnisse gibt es nicht. Und auch für die sportbezogenen Dinge im zweiten Lehrjahr hatte sie genug Power.

Preisverleihung ohne Gerner

Als der Brief für die Bestenehrung im Maritim Hotel in Berlin ins Haus flatterte, habe sie das schon überrascht. „So großartig mitgenommen hat mich das auch nicht. Meine Eltern waren schon stolz auf mich. Ich freue mich und Punkt“, sagt sie heute. Auf die Preisverleihung konnte sie wegen eines anderen Termins gar nicht gehen. Man merkt, dass die Frau gedanklich schon fest an ihrer Zukunft als Physiotherapeutin arbeitet. Dafür sind allerdings einige Hürden zu überwinden.

Ausbildung als Physiohterapeutin

Zusagen für ihre Bewerbungen habe die Oberpfälzerin schon mehrere in der Tasche, das sei nicht das Problem. Was ihr dennoch große Sorgen mache und was letztlich ihre Entscheidung für eine passende Schule grundlegend beeinflussen werde, ist eine Frage, die ganz Deutschland umtreibt. Schon im vergangenen Jahr hat das Kabinett in München im Beisein von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn beschlossen, das Schulgeld für die Ausbildung von angehenden Physio- und Ergotherapeuten, Podologen und Logopäden abzuschaffen. Die Frage ist nur, wann dieser Beschluss nun in die Praxis umgesetzt wird.

Ganz Deutschland ist bewegt

Die erforderlichen Haushaltsmittel und die Regelungen müssten erst noch entwickelt werden. „Zur Ausarbeitung des staatlichen Angebots („Gesundheitsbonus“) fanden bereits Gespräche zwischen Kultusministerium und Vertretern der privaten Schulen statt. Diese werden in den nächsten Wochen fortgesetzt“, heißt es. Dass die Ausbildung überhaupt etwas kostete, sieht Gerner kritisch: „Schulgeld geht gar nicht. Für mich ist es ein großes Fragezeichen – und wird es auch bleiben. Solche leute braucht man jetzt.“