Workshop
Niels Frevert und das Hit-Einmaleins

Der Singer-Songwriter ist aus Hamburg nach Alteglofsheim angereist, um den Jungen das Liederschreiben näher zu bringen.

14.12.2016 | Stand 16.09.2023, 6:34 Uhr
Alois C. Braun
Niels Frevert (links hinten) lauscht Jakob Bruckner (am Klavier) und Philipp Sandner, die gerade an einem Song feilen. −Foto: Fotos: Braun

Bereits seit 2010 bietet das Spitzenförderprojekt BY-on engagierten bayerischen Musikern mehrtägige Coachings mit außergewöhnlichen Dozenten im Schloss Alteglofsheim. Jetzt feilte Niels Frevert mit Musikern aus fünf Bands an der Kunst des Schreibens von guten Songtexten. Mit dabei waren auch die Regensburger Indie-Pop Musiker Jakob und Matthias Bruckner.

Flipchart, Beamer, weiße Stühle, und Laptops auf den Tischen: Insoweit deutet die Ausstattung im Kaisersaal des Schlosses Alteglofsheim auf nichts Besonderes hin. Wären da nicht die aus den Koffern geholten Gitarren, der spielbereite Flügel und vor allem: die hochmotivierten Musiker, die über Songtexten diskutieren.

„Niels hat mir die Augen geöffnet“

Deutschlands erfolgreicher Songwriter Niels Frevert ist aus Hamburg angereist und leitet dieses BY-on-Coaching – und das nicht zum ersten Mal. „Es ist immer wieder spannend in dieser geilen Location mit Musikern aus diesem Projekt zu arbeiten. Das Level der Teilnehmer wird immer höher“, erzählt er in einer Pause und scherzt lachend. „Manchmal denk ich, was kann ich denen noch beibringen?“ Natürlich kann Frevert den Newcomern in vielerlei Hinsicht neue Ideen, neue Herangehensweisen ans Texten vermitteln. Schon beim John-Lennon-Talent-Award war sein Wissen und seine engagierte Art sehr gefragt. Dass die Grundregeln des Liederschreibens für alle Genres zutreffen, zeigt sich in der Bandbreite der Musikstile, die die Teilnehmer aus dem BY-on Bandpool repräsentieren: Thrash Metal, Hiphop, Elektro Pop und Indie Pop.

An der weißen Tafel sind Überlegungen skizziert, die vor dem Schreiben stehen sollten. Sie wurden mit den Teilnehmern erarbeitet. Wird es ein humorvoller Song oder soll ein anderes Gefühl transportiert werden? Wird der Text optimistisch oder eher melancholisch? Zwei von vielen Fragen, die sich Songwriter stellen. In Zweierteams aus unterschiedlichen Genres, mit Musikern, die zuvor nie zusammengearbeitet haben, geht es dann ans konkrete Schreiben neuer Texte. „Es ist cool, hier neue Herangehensweisen zu sehen,“ sagt Jakob Bruckner aus Regensburg. „Bisher hatte ich in dieser Art noch nicht mit anderen geschrieben und jede Erfahrung bringt mich weiter.“ Er sitzt gerade am Klavier und probt mit Philipp Sandner von Wunderwelt Ideen für einen Song. Die Passion für die Musik ist spürbar, trotz fortgeschrittener Dämmerung hat noch keiner der beiden daran gedacht, das Licht anzumachen.

Im Kaisersaal sitzt die Niederbayerin Alex Cumfe am Flügel, singt mit Matthias Bruckner den soeben entstandenen Text. Es geht um Aufbruch und Neubeginn. Niels Frevert ist gerade da. Er schaut regelmäßig bei den Teams vorbei, hört zu, spendet Lob und gibt Anregungen. „Die Teilnehmer sollen auch einmal hinterfragen, wie es wäre, für andere Künstler zu schreiben“, erzählt er. „Wie würden sie schreiben, damit es zum Beispiel ein Udo Lindenberg oder eine Christina Stürmer authentisch singen könnten?“ Über fremdes Terrain berichtet auch Alex Cumfe: „Ich habe mit Matthias Bruckner hier spontan in hochdeutsch geschrieben. Das klappte problemlos, obwohl ich normalerweise meist in bayerisch texte.“ Neu ist ihr auch das Kreativsein im Team. „Es ist bereichernd zu sehen, wie andere arbeiten. Und Niels hat mir bei einigen Sachen die Augen geöffnet.“

Taiga Trece macht deutsch-/mexikanischen Hip-Hop. Sie sitzt am Laptop, ändert gerade Kleinigkeiten am Text. Auch sie ist voll des Lobes. „Ich schreibe extrem viel, aber hier habe ich neue Ansätze kennengelernt, etwa um meine Texte besser einzugrenzen.“ Das Arbeiten im Team empfindet sie als „spannend, da man sich ja gegenseitig nicht wirklich kennt.“ Künstler aus anderen Stilarten mitzubekommen, gefällt ihr ebenso wie Benjamin Socha von der Thrash Metal Band Toxic Waltz. Er sitzt –ungewohnt – mit einer Akustikgitarre da und spielt einen Song über Monster. Die Aufgabe war, fröhlich über das Thema Angst zu texten. Und sie wurde zusammen mit Lena Müller beinahe perfekt gelöst. „Ich habe definitiv meinen Horizont erweitert bei diesem Coaching,“ freut er sich. „Auch wenn in der Band der Schwerpunkt mehr auf dem Instrumentalen liegt, nehme ich sehr viel mit. Es gibt viele Sachen, über die ich mir früher keine Gedanken gemacht habe.“

Ein Video mit Niels Frevert sehen Sie hier

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Der Moment der Wahrheit naht. Alle Teams sind zurück im Kaisersaal, spielen ihre kreativen Schöpfungen vor. Auch für einen Außenstehenden ist es beeindruckend, wie fokussiert und auf den Punkt die Texte geworden sind. Mit Sicherheit werden zumindest Teile dieser Schöpfungen den Weg ins Programm der Musiker finden. Auch Niels Frevert zeigt sich sehr angetan von der Vielfalt der Ideen und deren fantasievollen Umsetzung. „Die Motivation der Teilnehmer ist einfach super. Da will wirklich jeder das Maximum mitnehmen.“

Das unterstreicht auch Philipp Sander von Wunderwelt, der bereits an vier unterschiedlichen Coachings teilgenommen hat. „Ich denke, die Gefahr, sich textlich zu verrennen, ist nach diesem Coaching geringer geworden. Künftig werde ich es strukturierter angehen.“ Sein Bandkollege Klaus Hirdina dazu: „Dass wir an den BY-on Coachings teilnehmen können, empfinden wir als hilfreiches Privileg, das nicht selbstverständlich ist.“

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