Geschichte
NS-Zeit: Von Widerstand und Verrat

Albert Eichmeier recherchierte, was unter den Nazis in seiner Heimat geschah. Er erzählte von Mitläufern und Widerständlern.

28.04.2015 | Stand 16.09.2023, 7:06 Uhr
Albert Eichmeier schilderte die Ereignisse der NS-Zeit in seiner Heimatgemeinde. −Foto: lto

Wie ein Schock wirkte vor vielen Jahren das Bild der unzähligen abgemagerten und ausgemergelten Leichen in einem Konzentrationslager auf den 14-jährigen Albert Eichmeier. „Diese Bilder haben sich mir tief eingeprägt und damals bereits die Frage nach dem Warum aufgeworfen“, erinnert sich Albert Eichmeier an seinen ersten Kontakt mit der NS-Zeit.

Im Gegensatz zu vielen anderen aber fragte er sich besonders, ob es die Schuldigen nur vor Ort in den Vernichtungslagern gab oder auch im Dorf. Dass er sich für seine Recherchen seine Heimatgemeinden Dietersweg und Wiesent aussuchte, begründet der heute 43-Jährige damit, dass er diesen Dörfern seiner Kindheit Wissen und Können zurückschenken will.

Obwohl er während seines Studiums in München lebte, kehrte er regelmäßig in seine Heimat zurück. Jetzt lebt er in Garmisch-Partenkirchen, unterrichtet dort Mathematik, Geschichte und katholische Religion, hat aber den Draht nach Wiesent und Dietersweg nie abreißen lassen.

Bei der Autorenlesung im Wiesenter Sommerkeller brachte er die Lehrerin Elisabeth Deinzer als Beispiel, die sich nicht gleichschalten ließ und einen eigenen Willen besessen hatte. Sie wurde vom Rektor bespitzelt und denunziert.

Ein besonderes Anliegen ist ihm seit jeher der Dietersweger Gastwirtssohn Johann Schindler. „Drei Monatsgehälter hat er in ein neues Radio investiert, um den Feindsender abhören zu können. 1942 wurde er im Konzentrationslager Flossenbürg zu Tode gefoltert“, erzählt er. Denn die Lüge, dieser habe sich an einem Heizkörper aufgehängt, konnte er durch Recherchen widerlegen. Gerade da dieser aus seinem Heimatdorf stammte, setzte sich Albert Eichmeier verstärkt dafür ein, dass dem Widerständler ein Stolperstein auf dem Neupfarrplatz in Regensburg gesetzt wurde, seinem letzten Wohnort.

In seinem über 300 Seiten starken Buch „Widerstand und Verfolgung in Wiesent in der NS-Zeit“ gibt es auch ein Kapitel über die Judenverfolgung. Darin erzählt er beispielsweise von der wundersamen Rettung eines Juden, der sich während eines Häftlingszugs unter einem Walhallabockerl verstecken konnte und so überlebte. Tragisch ausgegangen ist jedoch ein Fluchtversuch von sechs weiteren Häftlingen, die sich in der Schule verstecken wollten.

Eine junge Frau, die mit den Nationalsozialisten zusammenarbeitete, bemerkte die Flüchtigen und schlug Alarm. Als Beispiel für Menschlichkeit in diesem Wahn nannte er seine eigene Mutter, die den Gefangenen Wasser anbot. „Wer die Wahrheit sucht, wird nicht alles finden, aber es lohnt sich immer“, betonte Albert Eichmeier abschließend. (lto)