Gegen Reform
Physiotherapie-Ausbildung: Verbände und Politik wenden sich gegen Lauterbach

05.02.2023 | Stand 15.09.2023, 1:45 Uhr

Laut den bisherigen Plänen soll die Bezeichnung „Physiotherapeut“ nur noch Absolventen von Hochschulen vorbehalten werden. −Symbolbild: imago

In einer Resolution wendet sich ein breites Bündnis aus Fachverbänden sowie der CSU in Bund und Bayern gegen die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplante Reform der Physiotherapeutenausbildung.



Die Resolution, die auf eine Initiative der CSU-Bundestagsabgeordneten Emmi Zeulner (CSU) zurückgeht, liegt den Zeitungen der Mediengruppe Bayern exklusiv vor. Die Unterzeichner, zu denen auch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) gehört, richten sich gegen die geplante Reform der fachschulischen und universitären Ausbildung. „Eine Vollakademisierung der Physiotherapeutenausbildung in dem Sinne, dass der originäre Beruf des/der Physiotherapeuten/in alleine über die hochschulische und nicht mehr über die berufsfachschulische Ausbildung erlernt werden kann, lehnen wir gänzlich ab“, heißt es in der Resolution. Laut den bisherigen Plänen soll die Bezeichnung „Physiotherapeut“ nur noch Absolventen von Hochschulen vorbehalten werden. Fachschulisch Ausgebildete sollen sich nur noch „Physiotherapeutenassistent“ oder „Bewegungstherapeut“ nennen können. Das bisherige Berufsbild des Masseurs und medizinischen Bademeisters würde verschwinden.

„Vollakademisierung durch die Hintertür“

„Das bedeutet eine Vollakademisierung durch die Hintertür“, sagte Zeulner der Mediengruppe Bayern. Holetschek sagte: „Die Bundesregierung plant eine de-facto-Vollakademisierung. Das würde in der Summe eine klare Abwertung des bisherigen fachschulischen Ausbildungsberufs bedeuten und ist nicht zielführend. Es muss sichergestellt sein, dass alle Ausbildungswege attraktiv bleiben. Die fachschulische Ausbildung zum Physiotherapeuten hat sich bewährt.“ Die Unterzeichner befürchten, dass der Beruf künftig Absolventen mit Haupt- oder Realschulabschluss verschlossen bleibt. „Wir brauchen ein positives Signal an untere und mittlere Schulabschlüsse durch ein vielfältiges Ausbildungsangebot auch in medizin-therapeutischen Berufen“, heißt es in der Resolution.

Eine Teilakademisierung unterstützen die Unterzeichner. Sie fordern das Angebot eines Bachelor Professional an Fachschulen: „Um den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden, wird für Schüler/innen mit mindestens der mittleren Reife an den Berufsfachschulen die Ausbildung zum/zur Physiotherapeuten/in kompetenzorientiert weiterentwickelt und wie bisher über eine dreijährige Ausbildung abgeschlossen.“

Angst vor Verschärfung des Fachkräftemangels

Die Initiatoren befürchten, dass sich in Folge der Reform der Fachkräftemangel noch verschärft. Sie gehen davon aus, dass bundesweit mindestens 12.060 Stellen unbesetzt sind. „Mit einer Vollakademisierung und der Voraussetzung des Abiturs für diesen Zugang, verwehren wir nach jetzigem Stand fast 60 Prozent der derzeitigen Auszubildenden den Zugang bzw. erschweren ihn gezielt“, heißt es in der Resolution. Unterzeichnet wurde die Resolution neben Zeulner und Holetschek vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband, der Bildungsallianz des Mittelstands, VDB Physiotherapie, dem Verband Deutscher Therapieschulen, dem Kneipp-Bund, dem VLL Hessen (Verband leitender Lehrkräfte an Schulen für Physiotherapie), der Interessengemeinschaft Therapeuten Schleswig-Holstein, sowie dem Interessenverband zur Sicherung der Qualität der Ausbildung an den deutschen Schulen für Physiotherapie.