Kriminalität
Polizei erhöht Druck auf den Täter

Die Ermittler fahnden in Cham mit einem Flugblatt nach dem Schläger, der vor einer Woche einen Taxifahrer gestiefelt hatte.

13.12.2014 | Stand 16.09.2023, 7:08 Uhr
Frank Betthausen
Stefan Halder, Leiter des Kommissariats 1 bei der Kripo Regensburg, und Alfons Windmaißer, Leiter der Polizeiinspektion Cham (links), stellten am Samstagmorgen das Flugblatt vor, das Beamte kurz darauf in Michelsdorf und Haidhäuser verteilten. −Foto: Betthausen

Es ist ein Fall, der auch erfahrene Polizisten wie Stefan Halder von der Regensburger Kripo und Alfons Windmaißer, Leiter der Polizeiinspektion in der Kreisstadt, nicht kalt lässt. Vor einer Woche – am Sonntagmorgen – traktierte ein junger Mann in Michelsdorf einen Taxifahrer derart brutal, dass der 49-Jährige mehrere Frakturen im Gesicht erlitt. Das Opfer liegt in der Uni-Klinik in Regensburg und muss operiert werden. Und all das, weil der Fahrgast den Preis von zehn Euro, den er schuldig war, nicht zahlen wollte! Wegen der Schwere der Tat und anderer Umstände – der Schläger ließ den Verletzten eiskalt zurück – haben sich in den Fall die Staatsanwaltschaft Regensburg und die Kriminalpolizei eingeschaltet. Sie ermitteln wegen eines versuchten Tötungsdeliktes.

Wohnt er in Michelsdorf?

Um den Fahndungsdruck zu erhöhen, hat die Polizei am Samstagvormittag eine Flugblattaktion in den Stadtteilen Michelsdorf und Haidhäuser gestartet. Beamte verteilten einen Handzettel mit der Täterbeschreibung und den Details zu den schlimmen Vorfällen vom 7. Dezember. „Wir werden Klinken putzen“, kündigte Windmaißer bei einem Pressegespräch an.

Seine Kollegen und er wollten bewusst das Gespräch mit den Bürgern suchen, um dem Unbekannten auf die Spur zu kommen. Eine Reihe von Hinweisen hatte sich nach Angaben des Chamer Polizeichefs bereits durch den ersten Fahndungsaufruf ergeben.

Windmaißer und Halder, Leiter des Kommissariats 1 bei der Kripo in der Bezirkshauptstadt, gehen davon aus, dass der Täter in Michelsdorf lebt und dass ihn dort jemand kennt. Haidhäuser bezogen die Ermittler in die Flugblatt-Aktion mit ein, weil sie sich Hinweise von oder auf Zeugen erhoffen, die mit dem Gesuchten im Taxi gesessen hatten.

Das Geschehen hatte sich am Sonntag vor einer Woche abgespielt. Wie berichtet, hatte ein Taxifahrer gegen 4.45 Uhr vor dem Nachtclub Mia in der Rodinger Straße eine Frau und einen Mann sowie zwei weitere unbekannte Männer mitgenommen. Diese beiden Fahrgäste stiegen an einer Brücke vor dem Ortsteil Michelsdorf aus. Die junge Frau und der gesuchte Schläger fuhren in die Professor-Heigl-Straße weiter.

„Wir fühlen mit dem Opfer“

Dort gab es einen Streit, da der Mann den Fahrpreis nicht bezahlen wollte. Im weiteren Verlauf attackierte er den Fahrer und trat ihm mehrmals mit den Füßen ins Gesicht, als der 49-Jährige am Boden lag. Der Mann, der kurze Zeit bewusstlos wurde, erlitt massive Verletzungen. Anschließend flüchtete das Pärchen.

Wie ein Polizeisprecher bestätigte, sollte das Infoblatt der Polizei am Samstagabend auch der Security des Nachtclubs Mia übergeben und so weiterverteilt werden. Der Betreiber des Lokals, Michael Irlbeck, reagierte mit großer Betroffenheit auf den Fall und sicherte den Ermittlern volle Unterstützung zu. „Das Maß der Aggression ist unbeschreiblich“, sagte er. Und: „Wir fühlen natürlich mit dem Opfer, mit der Verwandtschaft und den Angehörigen.“ Ob der Täter im Mia gewesen sei, wisse er nicht. Aber es sei davon auszugehen.

„Er kommt bei uns raus“

„Wir sind ein beliebtes Lokal in Cham. Wann immer sich jemand im Chamer Nachtleben bewegt, kommt er auch bei uns raus“, sagte Irlbeck, der deutlich machte, dass Vorkommnisse wie diese durch den Betreiber nur bis zu einem bestimmten Punkt auszuschließen sind. Die Sicherheit im Lokal und im Umgriff des Clubs sei gewährleistet. „Aber was am Ende einer Taxifahrt passiert, das hat man natürlich leider nicht in der Hand.“

Alfons Windmaißer und Stefan Halder setzen durchaus darauf, über die Gäste des stadtbekannten Clubs bei der Suche nach dem Fahrgast weiterzukommen. „Die 500, die da reingehen, sind immer die gleichen 500“, sagte der Leiter der Chamer Polizei.

Wie Windmaißer sprach der Kriminalbeamte Halder von einer erschreckenden Tat. Gerade mit Blick darauf, dass der Unbekannte dem Taxifahrer mehrfach gegen den Kopf getreten hatte, stellte der Erste Kriminalhauptkommissar fest: „Ihn so zu behandeln und liegenzulassen, das indiziert schon eine rohe Gewaltbereitschaft, die über der Körperverletzung anzusiedeln ist.“ Ein versuchtes Tötungsdelikt anzunehmen, wie es die Staatsanwaltschaft getan hatte, sei „mehr als gerechtfertigt“. Halder war zuversichtlich, den Unbekannten über die Flugzettel und Hinweise aus der Bevölkerung festnehmen zu können. „Ich denke, es müsste möglich sein, dass wir ihn erreichen“, sagte er.

Betroffenheit bei den Kollegen

Nach wie vor geschockt sind die Kollegen des Opfers und die Unternehmensleitung. „Wir hoffen, dass sich jemand unter den Zeugen meldet, dass das nicht toleriert und nicht weggeschaut wird“, sagte Anita Panzer, die Lebensgefährtin von Tom Tomaschko. Bei Taxi Tomaschko in Cham ist der 49-jährige Fahrer beschäftigt. „Wir sind ständig in Kontakt mit ihm“, sagte Panzer.

Einen Fall wie diesen gab es nach ihren Worten in der Stadt noch nie, auch wenn sie deutlich zu verstehen gibt, dass die Situation für die Fahrer gerade nachts immer schlimmer wird. Ihre Mitarbeiter werden bespuckt, beschimpft und erleben es immer häufiger, dass Fahrgäste die „Zeche“ prellen. Die Leute, ärgert sich Panzer, hätten das Geld zum Fortgehen, aber an 15 Euro zum Heimfahren scheitere es. „Wir verlangen nicht mehr als das, was wir verlangen müssen“, erklärte sie. Der Taxitarif sei durch das Landratsamt festgesetzt.

Das, was ihrem Fahrer passiert ist, war für die Unternehmerin „der heiße Tropfen auf den Stein, der alles zum Überlaufen gebracht hat“. Und so wenden ihr Partner, ihre Fahrer und sie – auch und gerade für den verletzten Kollegen – alle Energie auf, um die Polizei bei der Aufklärung zu unterstützen.

Das Team teilt die Berichte zu dem Fall bei Facebook, „durchfegt die Straßen“ und bittet Fahrgäste oder andere Personen, sich bei der Kripo in Regensburg zu melden, sollten sie hilfreiche Aussagen machen können. „Wir sind sehr bestrebt, dass das aufgeklärt wird und nicht noch einmal vorkommt“, sagte Panzer.