Engagement
Preis für Zivilcourage: Luise Gutmann hilft der Erinnerung

07.10.2022 | Stand 15.09.2023, 3:24 Uhr
Martina Groh-Schad

Die Aktivistin Luise Gutmann (Mitte) wurde bei einem Festakt von Pax Christi mit einem Preis für Zivilcourage ausgezeichnet.

„Ich bin ein Judenknecht“, stand auf einem Schild am Hals des Vaters, mit dem er durch die Stadt getrieben wurde, Jahre bevor sie zur Welt kam. „Er sprach nie darüber“, erinnert sie sich. Die Stimme des Großvaters, der lautstark über die Unmenschlichkeit der Nazis schimpfte, hat Luise Gutman bis heute im Ohr, obwohl sie noch sehr klein war. „Mich hat das alles geprägt.“

Geboren in Freising kam sie als Studentin nach Regensburg und begann sich gegen Rechtsradikalismus und Faschismus zu engagieren. Ein Einsatz, der bis heute anhält. Die 75-Jährige ist Vorsitzende des Oberpfälzer Kreisverbandes der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes – Bund der Antifaschisten. Auch bei den jährlichen Gedenkmärschen am 23. April zur Erinnerung an die Ermordung des Dompredigers Johann Maier und die Bürger Michael Lottner sowie Josef Zirkl durch die Nazis ist sie noch immer aktiv dabei.

Historikerin hielt Laudatio

Für ihr langjähriges Engagement wurde die Lappersdorferin nun mit dem mit 1000 Euro dotierten Preis von Pax Christi ausgezeichnet. „Während ich am Schreibtisch über die Ungereimtheiten unserer Geschichte grübelte, forschte und schrieb, handelte sie und half mit, unsere Umwelt zu verändern“, sagte die Laudatorin und deutsch-tschechische Historikerin Eva Hahn aus Oldenburg, die zur Ehrung angereist war. Gutmann und Hahn kennen sich bereits seit mehr als 20 Jahren und sind im beständigen Austausch. Mit Scharfsinn habe sie den Mut, sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen. Sie sei wachsam gegenüber allen Formen der Übergriffe von staatlicher Gewalt. Mit Blick auf die von ihr initiierten jährlichen Gedenkmärsche am 23. April in Regensburg betonte Hahn: „Luise Gutmann hat wunderbare Traditionen ins Leben gerufen.“ Dies sei nötig, um beständig gegen das Vergessen anzutreten.

„Wir müssen auf unsere Demokratie aufpassen“, sagte Stadtrat Thomas Burger (SPD). „Mit Luise Gutmann haben wir ein strahlendes Beispiel, was man alles tun kann.“ Man müsse für Werte eintreten, sich einmischen und nicht einfach hinnehmen und geschehen lassen. „Frieden und Demokratie sind dringend notwendig für den Zusammenhalt der Gesellschaft.“

Ursprünglich hätte der Preis bereits 2020 übergeben werden sollen. Dies wurde jedoch Pandemie bedingt immer wieder verschoben. Er wird normalerweise alle zwei bis drei Jahre auf Vorschlag und Auswahl einer Jury an eine Persönlichkeit übergeben, die sich für den Frieden starkmacht. „Luise Gutmann hat sich jahrzehntelang dafür eingesetzt, dass kommende Generationen die Nazi-Zeit nie vergessen“, betonte die lokale Vorsitzende von Pax Christi Elisabeth Reinwald, die durch den Abend führte.

Filmprojekte gewürdigt

Gewürdigt wurde zudem ein Filmprojekt ehemaliger Schüler der Willi-Ulfig-Mittelschule, die sich in Regensburg auf die Suche nach Spuren des Nazi-Regimes gemacht hatten und ihre Eindrücke in einem Video verarbeiteten. Zudem wurde ein Filmprojekt einer dritten Klasse der Grundschule am Sallerner Berg ausgezeichnet. Unterstützt von Dorith Rothmüller bereiteten die Kinder einen Film auf, der sich mit dem Schicksal der Regensburger Geschwister Höllenreiner auseinandersetzt, für die Stolpersteine in unmittelbarer Nähe zur Schule gelegt wurden. Musikalisch umrahmt wurde die Preisverleihung von Adrian Gaspar am Klavier.