Bahn
Pyrbaum: Weiter Protest gegen ICE-Werk

Bei einem Treffen in Harrlach kochten die Emotionen hoch. Eine Lösung ist nicht in Sicht.

08.10.2021 | Stand 16.09.2023, 0:07 Uhr
Die Pyrbaumer Markträte Daniel Schuler (li.) und Monika Werft (re) waren ebenfalls vor Ort. −Foto: Ina Teltschik

„Sie greifen hier in unser Leben ein, das werden wir niemals akzeptieren!“ Mit diesen Worten empfing am Mittwochabend Dr. Jürgen Amrhein, Sprecher der Bürgerinitiative Harrlach, den Vertreter der Deutschen Bahn AG, den Projektleiter für das geplante ICE-Werk in Süddeutschland, Carsten Burmeister zu einem Gespräch.

Burmeister war einer Einladung des ersten Bürgermeisters der Stadt Roth, Ralph Edelhäußer, gefolgt, um mit den Einwohnern der an das Werk angrenzenden Orte Harrlach, Pruppach und Pyrbaum direkt zu sprechen. Gekommen waren zahlreiche Bürger und Vertreter der Lokalpolitik, unter anderem auch der Pyrbaumer Bürgermeister Michael Langner und einige Pyrbaumer Markträte, und folgten bei frostigen Temperaturen am Abend auf dem Harrlacher Sportplatz den Ausführungen Burmeisters.

„Widerspruch gehört zur Demokratie“

Auch Edeläußer positionierte sich auf Seite der Bürger. „Wir in Harrlach haben hier extrem schützenswerte Rahmenbedingungen.“ Das Werk und die angestrebte Mobilitätswende dürften nicht zu Lasten der Natur und der Menschen gehen. Er bedankte sich bei Allen, die sich dafür engagierten, diese Natur zu schützen, denn „Widerspruch gehöre zu einer Demokratie“. Er forderte die Bürgerinitiative auf, ihr Engagement beizubehalten. „Freunden wir uns damit (dem Werk) nicht an! Bayern ist schön!“

Mit diesen Worten übergab Edelhäußer das Wort an Burmeister, der in einer Präsentation das geplante Vorhaben erläuterte. Zu hören waren die Argumente, der süddeutsche Raum sei bezüglich ICE-Werken unterrepräsentiert, Nürnberg sei ein Knotenpunkt im Netz und brauche daher ein Werk, in dem ICEs gewartet und gereinigt werden könnten. Auch warum andere Standorte bisher nicht in Frage kommen, versuchte Burmeister den anwesenden Bürgern zu erklären. Es spielten bauliche Faktoren eine Rolle, die Auslastung der zuführenden Bahnstrecken und die Entfernung zum Bahnhof, in diesem Fall Nürnberg. Ende November wolle die Bahn das sogenannte Raumordnungsverfahren bei der Regierung von Mittelfranken beantragen. Zeitgleich betonte er wiederholt, dass die „Aspekte Flora und Fauna“, die von der Bürgerinitiative immer wieder betont werden und auch von verschiedenen Naturschutzorganisationen unterstützt werden, derzeit erst geprüft würden. Laut Burmeister werde das Gelände auch nur eine Ausdehnung von 35 bis 45 Hektar haben, die Zahl 144, die in der Öffentlichkeit kursiere, sei falsch.

„Wir werden jeden Weg ausschöpfen“

Jürgen Amrhein betonte vehement, dass die Bürger in Harrlach und Pyrbaum das Vertrauen in einen sachlichen Dialog und ein geordnetes Auswahlverfahren seitens der Bahn verloren hätten und dass eindeutig eine politische Einflussnahme stattgefunden habe. Es gebe klare Statements seitens verschiedener Verbände und auch aus der Politik, die zeigten, dass der Standort Harrlach/Roth/Pyrbaum nach ökologischen Kriterien ungeeignet sei. Man werde auch weiterhin alles daransetzen, dies zu beweisen. „Wir werden jeden Weg ausschöpfen! Sie machen Ihren Job, aber hier geht es um unser Leben!“ schickte Amrhein eine klare Botschaft an Burmeister.

Im Anschluss an die Präsentation und die Statements der anwesenden Konfliktparteien bestand die Möglichkeit, Fragen an Burmeister zu stellen. Die Bürgerinitiative Harrlach hatte eigens hierzu einen vierseitigen Fragenkatalog ausgearbeitet. Was folgte, war eine hitzige und emotionale, dennoch sehr geordnete Debatte zwischen Bahnvertreter und Bürgern. Immer wieder kam es zu lauten Zwischenrufen.

Natur war Thema

Es ging um Themen wie Flächenversiegelung, Wassernutzung, Abwasserentsorgung, Naturschutz und Ausgleichsflächen. „Der Staat sind wir!“ war zu hören. Die Bahn solle sich an bestehende Gesetze halten. Gemeint ist das Bayrische Waldgesetz, dass unter anderem vorgibt, Bannwald ist besonders schützenswert und darf nur in besonderen Ausnahmesituationen gerodet werden. Diese Rodung muss zu 100 Prozent im direkten Anschluss an die Rodung ausgeglichen werden.

Die Frage danach, wo und wie diese Ausgleichsflächen geschaffen werden sollten, lies Burmeister offen. Diese Fragen würden gerade erst geprüft.

Gabriele Bayer, Markt- und Bezirksrätin aus Postbauer-Heng und Mitglied des Fachausschusses für Psychiatrie, gab mit Blick auf die Lärmemissionen zu bedenken: „Wir alle wissen. Lärm macht krank. Die Psychiatrien sind bereits voll. Diese Rechnung (die rein wirtschaftlichen Betriebskosten der Bahn) geht nicht auf. Jeder einzelne Mensch und jeder Baum ist schützenswert!“