Handball
Regensburger Adler rupfen Cham

Der indisponierte ASV Cham macht es dem Regensburger Bayernligisten leicht. Bei den Hausherren räumt die erste Sechs ab.

30.01.2022 | Stand 15.09.2023, 21:35 Uhr
Gerd Winkler
Tore werfen für die Adler leicht gemacht: Siebenfach-Torschütze Valentin Deml allein vor Chams Keeper Marius Bistrian −Foto: Bruessel-Foto

Der Eindruck von Schiedsrichter-Beobachter Peter Wagner vom Aufwärmprogramm – „beim Einwerfen hat Cham viele Bälle um das Tor gestreut“ – täuschte nicht: Der nach dem Rücktritt von Abteilungsleiter Norbert Meier – Grund war das Thema Harz – krisengeschüttelte ASV Cham präsentierte sich im Gastspiel bei den Adlern der SG Regensburg alles andere als präpariert. Die Hausherren nutzten die Gunst der Stunde, dass der Derby-Kontrahent seit der Weihnachtspause nicht mehr mit dem in der Bayernliga unabkömmlichen Harz trainieren durfte und demontierten die Bayerwäldler vor 75 zugelassenen Zuschauern 34:19 (21:8).

Ob der ungleichen Voraussetzungen war es für beide Teams letztlich ein Testspiel: Für den kleinen Kader der Adler eine Trainingseinheit mit Wettkampfcharakter, für Cham Praxis mit dem Haftmittel. Während der ASV mehr mit der Ballverarbeitung als mit dem Gegner beschäftigt war, ging die wohl stärkste erste Sechs in der Südost-Staffel, angetrieben von Trainer Kay-Uwe Pekrul, in der ersten Halbzeit gnadenlos auf Torejagd. Hier gefühltes Fallobst, dort am eigenen Kreis nahezu ein Selbstläufer: Wenig verwunderlich, dass die Gäste erst nach sieben Minuten zum ersten Treffer kamen. Mit einer ungewohnt offensiven Deckung sorgte Regensburg für zusätzlichen Druck auf Chams überforderte Angreifer, denen das Fehlen von drei Rückraum-Spielern zudem schmerzte.

Erste Sechs trifft komplett

Die logische Folge: Ab Minute eins mit enormen Tempo nach Ballgewinnen sowie schnellen Ballpassagen im Positionsangriff setzten die Adler eine wahre Torlawine in Gang. Der (blind) harmonierenden ersten Sechs gelang ein Kunststück: Als Lukas Heinle das 7:2 (12.) erzielte, hatte sich das Sextett schon komplett in die Torschützenliste eingetragen. Derweil kamen die Gäste bis zur erlösenden Pausensirene bei sechs Angriffen wegen unerzwungener Fehler nicht zum Abschluss, drei Würfe verfehlten glatt das Gehäuse, weitere drei Bälle landeten an Pfosten und Latte. Einziger Lichtblick am zappendusteren Samstagnachmittag für Cham war Rechtsaußen Lukas Steif mit fünf Treffern bei sechs Versuchen.

Zur Halbzeit prangte ein ungläubiges 21:8 von der Anzeigetafel, ein für die Bayernliga surrealer 13-Tore-Vorsprung! Schiedsrichter-Beobachter Peter Wagner schüttelte angesichts der Farce fassungslos den Kopf: „In meinen langen Jahren habe ich so etwas auf diesem Niveau noch nie in einer ersten Hälfte gesehen.“ In der Natur der Sache liegt, dass wegen der glasklaren Verhältnisse im zweiten Abschnitt die große Power der Adler abebbte. Überdies bewiesen die Gäste Moral und mittlerweile mehr Ballsicherheit. Coach Pekrul setzte indes weiter fast nur auf seine erste Sechs plus Armin Kiener, trieb weiterhin lautstark an. Anstatt den Nachwuchskräften Jemaiel Youssef, Frederik Kuhn und Luca Lang nun umfangreich Spielpraxis zu verschaffen, kam das Trio in Summe nur auf gut zehn Minuten.

Lob von Pekrul

„Die Jungs wollten nach dem Hinspiel die Verhältnisse zurechtrücken, das haben sie mit der entsprechenden Einstellung eindrucksvoll gemacht“, kommentierte Kay-Uwe Pekrul den Kantersieg. „Das war nach drei Monaten Pause ein perfekter Start, die Jungs konnten wieder einmal zeigen, was in ihnen steckt“, fügte er an. Etwas verwunderlich betonte Pekrul: „Das Ergebnis hat weniger mit dem Gegner zu tun, sondern mehr mit unserer Leistung und mit dem, was wir zugelassen haben.“ Die Abwehr sei überragend gewesen, die Quote an technischen Fehlern war so niedrig wie nie. Gästetrainer Filip Turecek beklagte dagegen „keine Wechselmöglichkeiten im Rückraum“ und kündigte an: „Wir müssen im Training hart arbeiten.“ Ab Februar vermutlich wieder mit Harz. Anschließend spielte dem Landesliga-Team der SG ebenfalls der Vorteil des Haftmittels in die Karten. In der Vorrunde hatte der SC Schwabach mit dem Heimvorteil des Nicht-Harzens beim 31:18-Erfolg profitiert, nun revanchierte sich die Sigl-Truppe mit einem 32:22 (15:7).