Umwelt
Regensburger vermissen den Umsonstladen

Die „Transition“-Initiative saniert den Laden in der Steckgasse im Obermünsterviertel. Sie baut jetzt auch Mini-Häuser.

03.09.2018 | Stand 16.09.2023, 6:02 Uhr

Wo sonst Regal an Regal steht, wird gerade ausgeräumt: Der Umsonstladen braucht eine Sanierung. Foto: Ried

Normalerweise ist der große Raum in der Steckgasse regalweise voll mit Klamotten, kleinen Elektrogeräten, Bettwäsche und anderen Dingen, die sich in Alltag und Haushalt gut brauchen lassen. Nun sind die meisten Wände frei für die Sanierung, nur in der Mitte stehen noch einzelne Kisten, Körbe und Taschen, die Regensburger der „Transition“-Initiative für ihren Umsonstladen überlassen haben. Manches landete einfach vor der Tür: Denn inzwischen ist die „Wechselwelt“ in der Steckgasse im Obermünsterviertel seit Mitte Juni geschlossen – und wird von vielen sehnlich vermisst. Das zeigen Kisten vor der Tür, Zettel an der Tür und unzählige Mails und Facebook-Nachrichten, die die Ehrenamtlichen erreichen.

„Unfassbar viele“ hätten sich erkundigt, warum der Laden seit Monaten nicht öffnet, erzählt Alisa Baldus (24) von Transition. Die Bürgerbewegung setzt sich für eine „überlebensfähige, umwelt- und menschenfreundliche Stadt Regensburg“ ein, so formuliert sie ihre Ziele. Für Baldus bedeutet Nachhaltigkeit, „dass man ressourcenschonend lebt, dass man Sachen wiederverwendet und nicht alles immer neu kauft“. Hunderte leben mit ihr diese Einstellung: Inzwischen ist die Initiative so groß geworden, dass sie sich auch organisatorisch neu aufstellen muss. Der Umsonstladen ist nicht mehr das einzige Objekt, für das Transition Miete zahlt, erzählt (32). Die Initiative verwaltet ein auf mehr als 100 000 Euro im Jahr angewachsenes Budget – und baut jetzt auch selbst Häuser, konkret: „Tiny Houses“, um die 15 Quadratmeter kleine Mini-Häuser.

Mehrere hundert Aktive

Knapp 110 Mitglieder hat der Verein, in seinen Gruppen engagieren sich knapp 200 Menschen und zahlreiche weitere sind in Gruppen im erweiterten Transition-Netzwerk aktiv.Die Transition-Gruppen bauen beispielsweise in Gärten in Stadtamhof und im Westenviertel gemeinsam Gemüse an, betreiben „solidarische Landwirtschaft“, bei der sich ein fester Kreis von Abnehmern die Kosten, die Arbeit und die Ernte auf einem Bauernhof im Mintrachinger Ortsteil Tiefbrunn teilt, oder halten die „Wechselwelt“ als Treffpunkt und „Umverteilungsort für nützliche Gegenstände und Fähigkeiten“ am Leben.

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Derzeit beschäftigt die Feuchtigkeit in dem Altstadthaus die Aktiven. Baldus erklärt: „Eigentlich sollte nur der Laden ein bisschen schöner gemacht werden, aber da haben wir gemerkt, dass das Gebäude nicht mehr benutzbar ist.“ Die Sanierung des von Schimmel befallenen Kellers nimmt die Vermieterin in die Hand, im Erdgeschoss nehmen sich die Ehrenamtlichen die Mauern vor. „Wir werden die Wände abschleifen und dann mit Anti-Schimmel-Farbe streichen“, erzählt Baldus. „Wir haben uns zum Ziel gesetzt, am 22. September wieder zu öffnen.“ Dann sind auch jederzeit Interessierte willkommen, die mitarbeiten wollen.

Die 700 bis 800 Euro Kosten für die „Wechselwelt“ werden aus Spenden finanziert. Dazu zahlt der Verein etwa 1500 Euro Miete für Räume auf dem Gelände von Schloss Pürkelgut im Stadtosten. Dort betreibt er eine Nachbarschaftswerkstatt mit 3-D-Drucker, in der auch Nicht-Mitglieder Möbel und Ähnliches aus Holz und Metall bauen können. Dort hat sich auch eine sechsköpfige Wohngemeinschaft einquartiert und ist in einer Scheune die „Tiny-House-Werkstatt“ entstanden.

Mini-Häuser am Pürkelgut

Verhofskij arbeitet mit seiner Freundin und weiteren zwei Paaren an drei Mini-Häusern. „Wir haben den Anspruch, ökologisch zu bauen“, erläutert er. Seit Mai errichten sie auf mobilen Anhängern die Gebäude, aus möglichst regionalen und nachwachsenden Rohstoffen, vor allem Holz und Hanf für die Dämmung – und wollen darin platz- und ressourcensparend leben. Damit dieser Plan aufgeht, suchen sie gerade ein etwa 3000 Quadratmeter großes Grundstück, das von der Regensburger Innenstadt nicht weiter entfernt sein sollte als 45 Fahrrad-Minuten oder 15 bis zwanzig Kilometer.

Noch ist der größte Brocken im Budget ein anderer. Knapp 80 000 Euro im Jahr erhält der Verein vom Bundesumweltministerium für das Klimaschutzprojekt „Keimzellen des Wandels“, für das er auch zwei Teilzeit-Mitarbeiter angestellt hat. Das soll für die Regensburger noch im Herbst sichtbar werden, in Form einer „Mini-Wechselwelt“ in Kumpfmühl. „Der Bauwagen kommt hoffentlich in einem Monat in den Karl-Bauer-Park“, kündigt Verhovskij an. Damit die Initiative ihre vielen Baustellen weiter im Griff hat, wollen sich die Ehrenamtlichen weitere professionelle Unterstützung holen. „Wir überlegen auch, eine Verwaltungsstelle zu schaffen“, sagt Verhovskij. Weitere Förderanträge seien schon gestellt.