Mobilität
Regensburgs Bus der Zukunft

Technologie-Unternehmen Bertrandt präsentiert die Ergebnisse der Hightech-Forschungsplattform an Bord des EMIL-Busses.

27.09.2018 | Stand 16.09.2023, 5:55 Uhr

Projektleiter Ulrich Haböck erklärt die Funktionsweise der Sensoren und die Echtzeitzeit-Visualisierung im Forschungs-EMIL selbst. Foto: Pfeifer

Alle Menschen lieben Kurt, den strahlenden Helden des RVV-Racing Teams. Für alle die es nicht wissen: „Kurt“ ist der Spitzname, den (junge) Regensburger liebevoll den Busfahrern der Stadt gaben, die dafür berühmt sind, auch gern mal mit sportlichem Tempo durch die Straßen zu flitzen oder witzige Durchsagen zu machen, wenn Auswärtige oder „Erstis“ die Bustüren blockieren.

Heute sitzt der (oder die) Kurt noch fest im komfortablen Fahrersitz, doch eine neue Entwicklung bedroht unseren Kurt: Das autonome Fahren. Wie wird der Kurt der Zukunft aussehen? Nur noch ein lebloser Computer, verkabelt mit Software, Server und Sensoren, der stur ohne Müdigkeit, ohne Verspätung und ohne witzige Durchsagen durch die Straßen Regensburgs seine Bahnen zieht?

Ein langer Weg zum Roboterbus

Tja, wie genau die Zukunft aussieht, kann man noch nicht sagen. Aber wo sie anfängt, vielleicht schon. Und zwar in Regensburg. Unter den Augen von Kurt persönlich.

In einem interdisziplinären Forschungsprojekt stattete die Firma Bertrandt den öffentlichen Elektrobus EMIL ein halbes Jahr lang mit hochinnovativer LiDAR-Lasersensorik aus und lies ihn Daten sammelnd durch die Innenstadt fahren. Mit diesem Versuchsaufbau soll getestet werden, wie gut Sensoren sich in einer engen, menschengefüllten Altstadt zurecht finden können. Dass darauf ein Schwerpunkt gesetzt wird und nicht nur auf simple Autobahnen und schnürlgerade Berliner Hauptstraßen, macht dieses Projekt nicht nur für die verwinkelte Stadt Regensburg so besonders.

„All die Entscheidungen im Alltag kann noch keine Maschine ansatzweise treffen.“Ulrich Haböck

Gestern nutzte die Firma Bertrandt die „TechDays 2018“ an der Techbase, um ihre Ergebnisse vorzustellen und Presse sowie Bürgermeister und Stadtwerk eine Runde mit dem vollausgerüsteten EMIL fahren zu lassen.

Doch bevor sich jetzt jemand zu große Hoffnungen macht: Es ging nie darum, einen komplett selbstfahrenden Bus für Regensburg zu bauen. Es ging auch nie darum, sofort Assistenzsysteme zu bauen, die bald Teilautonomie ermöglichen, wenn das auch ein mittelfristiges Ziel sei. Nein, noch ist Grundlagenforschung angesagt.

„All die Entscheidungen im Alltag kann noch keine Maschine ansatzweise treffen“, beschwichtigt Projektleiter Ulrich Haböck bei der EMIL-Probefahrt. Und es sei auch gar nicht sein Ziel, so schnell wie möglich den Mensch aus der Gleichung zu entfernen.

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„Für einen Ingenieur ist es wichtig, die richtigen Fragen zu stellen“, erklärt Projektleiter Ulrich Haböck. In diesem Fall waren die Fragen: Wie gut arbeiten die Laserscanner? Wie gut lassen sich die Daten übertragen? Wie gut funktioniert die Lokalisierung?

Für ihn habe das Projekt diese Fragen „soweit gelöst“. Das bedeutet, große Probleme und verbesserungswürdige Aspekte konnten durch das Forschungsprojekt gefunden werden. „Soweit gelöst“ bedeutet aber natürlich nicht, dass nun ab nächstem Jahr Autonome Busse auf den Straßen stehen.

Chancen für Regensburg

3. Bürgermeister Jürgen Huber freute sich jedoch schon jetzt über die Entwicklung. Zum einen, weil Busfahrer schwierig zu finden seien und autonome Busse irgendwann einmal „große Entlastung“ bringen könnten. Und zum anderen, weil dieses Projekt zeige: Der Technologiestandort Regensburg funktioniert.

Tatsächlich betonen auch die Bertrandt-Verantwortlichen, dass Regensburg da deutlich weiter ist als andere Standorte in Bayern. Schließlich ist EMIL eine öffentliche Forschungsplattform. Und das bedeutet meist Bürokratie, Auflagen und viel langsameren Fortschritt als bei privaten Partnern. „Hier in Regensburg ist das genau anders herum“, freut sich das Bertrandt-Team.

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Es sei sehr wohl möglich, mit internationaler Zusammenarbeit von Regensburg aus mit den Milliarden-Imperien des Silicon Valley wie Tesla und Google zu konkurrieren, die Unsummen in Roboterautos investieren. Das Projekt Regensburg kostete dagegen gerade mal 80.000 Euro. Bezahlbare, einfache, clevere Technik ist das Ziel.

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