Menschen
Retex-Geschäftsführer Helmut Endl hört nach 26 Jahren auf

30.12.2022 | Stand 15.09.2023, 2:14 Uhr |
Martina Groh-Schad
Unter der Führung von Helmut Endl wuchs das Unternehmen und der Aufgabenbereich wandelte sich. − Foto: Annemarie Salberg

26 Jahre lang war Helmut Endl Mitarbeiter bei Retex, noch länger Vereinsmitglied und Mitgründer der Regensburger Initiative zur Schaffung von Arbeitsplätzen für psychisch kranke und behinderte Menschen.

Unter seiner Führung hat sich das Unternehmen von einer Initiative mit neun Beschäftigten, alles psychisch beeinträchtigte Menschen, die anfänglich Teppiche gewebt haben, zu einer Werkstatt mit Inklusionsbetrieb und etwa 320 Mitarbeitern entwickelt. „Für mich war meine Tätigkeit nicht nur ein Job“, sagt er. „Meine Arbeit lag mir immer am Herzen, weil ich in einer Position war, in der ich mitgestalten konnte.“

Zu tun gab es von Anfang an viel für die ambitionierten Gründer von Retex Mitte der 1980er Jahre. „Es war das Wissen, dass es nicht reicht, Menschen mit psychischen Erkrankungen beim Wohnen zu unterstützen“, erklärt Endl. „Sie brauchen Beschäftigung.“

Kleidung nähen und weben

Damit war die Idee von Retex geboren und Endl, der ursprünglich Industriemechaniker gelernt hatte und gerade sein Studium der Sozialpädagogik abgeschlossen hatte, war mit dabei. Da Regensburg damals ein Textilstandort war, entschied man sich, in diesem Bereich aktiv zu werden und Kleidung zu nähen und zu weben.

Endl war bei der Bayerischen Gesellschaft für psychische Gesundheit beschäftigt und damit nah am Thema. Berufsbegleitend studierte er Betriebswirtschaft und qualifizierte sich so für die Tätigkeit bei Retex. 1996 stieg er ins Unternehmen ein und wurde 1998 Werkstattleiter. Unter seiner Führung wuchs das Unternehmen personell an, es kam ein Inklusionsbetrieb dazu und der Aufgabenbereich wandelte sich hin zu industrieller Produktion. „Die Zahl der Menschen mit psychischer Erkrankung ist im Lauf der Jahre in unserer Gesellschaft angestiegen“, erklärt er. „Damit stieg auch der Bedarf an Arbeitsplätzen.“

In den Anfangsjahren litten Menschen, die bei Retex beschäftigt waren, oft unter Psychosen. „Heute sind es eher Persönlichkeitsstörungen“, sagt Endl. Es sind Menschen, die an einer Manischen Depression, einer Depression oder an Schizophrenie leiden, die einen geschützten Arbeitsplatz benötigen. „Erschreckend ist die steigende Zahl junger Menschen, die krank sind.“ Retex ist für viele psychisch Beeinträchtigte die letzte Chance, stabiler zu werden und beruflich tätig zu sein. „Wenn es bei uns nicht klappt, dann schaut‘s oft schlecht aus.“

Flexible Arbeitszeiten

Zum Standort im Gewerbepark kamen 1998 Räume in der Kirchhoffstraße in Burgweinting dazu. Seit 2009 kooperiert Retex mit der Lebenshilfe und kann mit der Donauwerker GmbH auch in Passau ein Angebot für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen machen. Im Mittelpunkt steht, dass auf die psychischen Beeinträchtigungen im betrieblichen Ablauf Rücksicht genommen wird. Flexible Arbeitszeitmodelle und viele Pausen erleichtern Betroffenen die berufliche Tätigkeit. Besonders wichtig war Endl während seiner Tätigkeit, dass der Betrieb überkonfessionell ist. „Gedankliche Vielfalt war uns immer wichtig“, sagt er. Bei Retex sei Platz für Menschen aller Denkrichtungen.

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