Prozess
Riesen-Böller und viele Fragezeichen

Wer den Böller geworfen hat, der an Silvester ein Mädchen verletzte, bleibt unklar. Ein Hakenkreuz warf aber neue Fragen auf.

04.11.2016 | Stand 16.09.2023, 6:37 Uhr
Ausländisches Silvester-Feuerwerk ist in Deutschland illegal und zudem brandgefährlich – am Amtsgericht in Schwandorf wurde am Donnerstag ein Fall aus Burglengenfeld verhandelt. −Foto: Archivfoto: Patrick Pleul/dpa

Dass der Burglengenfelder Marktplatz in der Silvesternacht ein „heißes Pflaster“ sein kann, ist durchaus bekannt. Die Geschehnisse des letzten Jahreswechsels waren am Donnerstag auch am Amtsgericht Thema – mit zumindest vorläufig glimpflichem Ausgang für die drei Angeklagten. Gegen Geldauflagen wurde das Verfahren gegen sie eingestellt. Ein ganz neuer Aspekt aber dürfte die Staatsanwaltschaft in Amberg weiter beschäftigen: Auf einem der Böller soll mit Edding ein Hakenkreuz gezeichnet gewesen sein.

In Deutschland nicht zugelassene Böller – namens „La Bomba“, „Viper 12“, „Cobra 6“ sowie „Dum Bumm“ – hatten zwei Mitarbeiter der Bavarian Guards gegen Mitternacht bei den 18, 19 und 20 Jahre alten jungen Männer aus dem Städtedreieck und dem nördlichen Landkreis gefunden. Zuvor jedoch war ein junges Mädchen gegen Mitternacht vor einer Discothek in der Hauptstraße von einem Böller am Oberschenkel verletzt worden. Geworfen haben sollte den der 19-Jährige. Er und seine zwei Freude mussten sich daher wegen Erwerb und Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen und vorsätzlicher Körperverletzung verantworten.

Keine Zeugen für Körperverletzung

Dass der Vorwurf einer Körperverletzung nicht haltbar sein wird, zeichnete sie spätestens nach der Aussage der 20 Jahre alten Geschädigten ab. Entgegen ihrer Aussage bei der Polizei vermochte sie den Böllerwerfer vor Gericht nicht mehr zu benennen. „Ich habe es nur gespürt, aber niemanden gesehen“, sagte sie aus. Die Angeklagten aber hatte sie beim Hantieren mit „so fetten Dingern“ gesehen. Damit meinte sie besonders große Böller, die ihr auf Bildern gezeigt wurden – genau jene, die keiner der drei jungen Männer gekauft haben wollte.

Sie räumten vor Gericht am Donnerstag reumütig ein, einige kleinere Böller gekauft zu haben. „Wir haben uns nichts dabei gedacht“, erklärten sie fast unisono. Auf dem Asia-Markt in Tschechien hätten sie sich einige Tage vor Silvester mit Feuerwerk eingedeckt. Gezündet worden sei von ihnen aber keiner davon, sagten alle drei aus. Bereits vor Mitternacht hätten sie die Böller bei einer Kontrolle durch die Security „freiwillig abgegeben“. Auch mit einem Tesa- oder Isolierband umwickelt wollte keiner der Angeklagte die Böller haben. Das allerdings belegten die Bilder der Burglengenfelder Polizei ganz eindeutig.

Warum illegales Feuerwerk aus dem Ausland so gefährlich ist, hat uns der Leiter der Polizeiinspektion in Burglengenfeld erklärt.Das Interview mit Egid Viehauser lesen Sie hier!

Dass ein Mädchen unmittelbar neben ihnen durch einen Böller verletzt worden sei, hatte keiner mitbekommen. „Da war gar nichts“, sagte der 18-Jährige. Das bestätigten auch zwei Zeugen, die mit den Angeklagten an der Bushaltestelle in der Hauptstraße in Burglengenfeld standen. Sie berichteten zudem, dass der Freund der Geschädigten zuvor gefragt hatte, ob er einen Böller haben kann. Ihrem Eindruck nach habe der danach wohl bei der Security „gepetzt“. Sie bestätigten auch, dass die Angeklagten vor Mitternacht keine Böller mehr hatten.

Hakenkreuz sorgt für Verwirrung

Die zwei Sicherheitskräfte erklärten, dass sie aus der Gruppe der Angeklagten Böller fliegen sahen und sie deshalb kontrollierten. Wer geworfen hatte, sahen beide nicht. „Ganz deutlich“ und „eindeutig“ sah die 42-Jährige, dass ein mit Isolierband umwickeltes Böllerpaket der Angeklagte „mit Hakenkreuz“ beschmiert war, „blau oder schwarz, mit Edding“. Sie erkannte diese auch auf Bildern wieder. Ihr Kollege (39) erfuhr vom Hakenkreuz „nachträglich von der Polizei“, wie er auf mehrfache Nachfrage sagte. Wer genau ihm die Auskunft gab, hinterfragte Richter Johann-Peter Weiß in der Sitzung aber nicht.

Weiß´ wohl laut gedachten Kommentar, „das erklärt auch, dass die (großen Böller, Anm. d. Red.) keiner gekauft haben wollte“, rügte der Anwalt des 18-Jährigen als „nicht zulässige Schlussfolgerung“. In den Polizeiakten stehe kein Wort von einem Hakenkreuz. „Wir hören das auch zum ersten Mal“, betonte Sebastian Bösl, Anwalt des 20-jährigen Angeklagten. Dieser ganz neue Aspekt dürfte der Amberger Staatsanwaltschaft nun zusätzliche Arbeit bereiten: Das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ist ein Offizialdelikt, dass ohne Anzeige von Amts wegen verfolgt werden muss.

Das aktuelle Verfahren am Amtsgericht gegen die drei jungen Männer wurde nach kurzer Unterbrechung dann gegen Zahlung von Geldauflagen, fällig bis zum 10. Dezember, eingestellt. Der 19-Jährige muss 800 Euro an das St. Johannisstift in Pfreimd bezahlen, der 20-Jährige soll 1000 Euro und der 18-Jährige zudem 500 Euro überweisen – hiervon profitieren die Kindergärten St. Barbara und St. Leonhard in Maxhütte-Haidhof.

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