Geschichte
Roding ist seit 70 Jahren Stadt

Vize-Ministerpräsident Dr. Wilhelm Högner hatte bei seinem Besuch im Juni 1952 die Erhebungsurkunde im Gepäck.

07.02.2022 | Stand 15.09.2023, 21:07 Uhr
Roding bietet heute ein deutlich anderes Bild als 1952. −Foto: Kerscher

Als am frühen Morgen des 22. Juni 1952, einem Sonntag, der „dicke“ Dienst-Mercedes des stellvertretenden Ministerpräsidenten Dr. Wilhelm Högner, vor dem Rodinger Rathaus vorfuhr, trug es noch das Autokennzeichen der amerikanischen Besatzungszone Bayern „AB 12-3564“. Für Roding ein denkwürdiger Tag.

Die Rodinger säumten festlich gekleidet den Marktplatz, als Högner ausstieg und von Bürgermeister Josef Brantl und dem SPD-Landtagsabgeordneten Franz Sichler (1946/1947 und 1950 bis 1970) begrüßt wurde. Im damaligen Rathaus fand die Feier der Stadterhebung statt. Högner übergab die Urkunde mit dem Text: „Der Stadt Roding wird auf Antrag die Bezeichnung Stadt verliehen. München, den 13. Juni 1952, Wilhelm Högner.“

Högner begründete die Stadterhebung „einerseits durch den sichtbaren Aufbauwillen der Bevölkerung, andererseits mit der uralten geschichtlichen Vergangenheit Rodings, schreibt Dominik Premm in seinem Beitrag in der Rodinger Heimat Band XVIII.

Viele Ehrengäste, unter anderem aus der Patenstadt Furth im Wald, überbrachten ihre Glückwünsche. Alle trugen sich in das neu aufgelegte „Goldene Buch“ der Stadt ein. Festlich gespeist wurde anschließend im Nebenzimmer des Gasthauses Greiner. Nachmittags fand im Greinersaal die Stadterhebungsfeier und Wirtschaftskundgebung statt, die von der Stadt und dem „Gewerbe- und Fremdenverkehrsverein“ ausgerichtet wurde.

Umfangreiches Festprogramm

Das Programm: Die Eröffnungsworte sprach Inspektor Josef Haberl, das „Lied der Arbeit“ – gesungen vom Gesangverein Roding unter der Leitung des Chormeisters Norbert Breu – schloss sich an. Es sprachen anschließend Bürgermeister Josef Brantl, Dr. Wilhelm Högner, stellvertretender Ministerpräsident und Staatsminister des Innern, Dr. Zizler, Vizepräsident der Regierung von Oberpfalz/Niederbayern, Bürgermeister Alfred Peter aus der Patenstadt, der als Geschenk die Amtskette des Bürgermeisters übergab. Ferner sprachen zahlreiche Ehrengäste. Das Nachmittagsprogramm „Wirtschaftskundgebung“ setzte Zeichen zur wirtschaftlichen Neuausrichtung der Stadt. Es sprachen bei der „Wirtschaftskundgebung“ Staatssekretär a.D. Franz Fischer aus München über das Thema „Der Staat und seine gewerbliche Wirtschaft“, Walter Stebe, Verkehrsdirektor aus Regensburg, über das Thema „Der Fremdenverkehr im Bayerischen Wald“ und der Präsident des Bayerischen Gewerbebundes, Bauingenieur Arthur Kapfhammer, über das Thema „Die zeitbedingten Aufgaben der gewerblichen Wirtschaft“.

Im Nebenzimmer fand anschließend eine Diskussionsaussprache der Rodinger Gewerbetreibenden statt. Abends war geselliges Beisammensein im Festzelt. Schon am Samstag, 21. Juni 1952, zog der Festwirt mit seinem Gefolge in „feierlicher Form“, so der Chronist, unter Vorantritt der Festkapelle durch die geschmückte Stadt in das Bierzelt. Pfarrer Karl Strunz (1949-1966) hielt eine Feldmesse am Esper. Dabei segnete er 40 Bulldogs, die im Vergleich zu heute winzig waren. Aber im Vergleich zu den Pferden, Ochsen und Kühen waren sie ein Fortschritt.

Dann fuhren die mit Blumen geschmückten Traktoren in einem Korso durch die Straßen der Stadt, organisiert von der ländlichen Jugend. Der Staatssekretär des Landwirtschaftsministeriums sprach auf einer Bauernkundgebung. Es gab einen Kinderfestzug, den Fräulein von Trinks anführte. Den großen Festzug führten drei Reiter an, gefolgt von fünf Festwagen mit Handwerkern, Jäger, Fischer und Bauern. Roding hatte im Vergleich zu einem Dorf deutlich mehr zu bieten. Immerhin hatte Roding damals ein Landratsamt mit vielen Beamten, dort regierte Landrat Dr. Kiener. Es gab eine Vielzahl von Wirtshäusern und auch ein Krankenhaus. Man überlegte, ob ein Gymnasium eher nach Roding als nach Nittenau kommen sollte.

In der noch jungen Stadt Roding entstanden neue Straßen und Siedlungen. Es gab auch einige Honoratioren, wie unser Berichterstatter, der zwar erst zehn Jahre später in Roding seinen Beruf erlernte, weiß: einen Notar, einen Stadtapotheker, einen Richter, einen Schulrat und noch einige Männer und Frauen mehr, denen man mit „Ehrfurcht“ begegnete.

Argumente für die Erhebung

Doch zurück zu dem Antrag und der Entscheidung, weshalb Roding zur Stadt erhoben wurde. Bürgermeister Josef Brantl schrieb unter anderem, Roding habe zwar nur 3000 Einwohner, doch es gäbe mehrere vergleichbare Orte in Bayern mit einem Stadtrecht. Roding sei Verkehrs- und Verwaltungsmittelpunkt sowie Wirtschafts- und Kulturzentrum des Landkreises.

Die wirtschaftliche und berufliche Struktur weise städtischen Charakter auf und habe eine moderne Wasserversorgung und Kanalisation. Roding sei bemüht, durch Industrie- und Gewerbeansiedlungen die Einwohnerzahl zu steigern. Es gäbe nur wenige Landkreise in Bayern, deren Sitz nicht die Bezeichnung „Stadt“ hätten, argumentierten die Rodinger. Landrat Kiener unterstützte mit einem dreiseitigen Schreiben den Wunsch der Rodinger. Er schrieb bereits im Jahre 1950 und nahm Bezug auf einen Besuch des Regierungsinspektors Lallinger im Innenministerium. „Die Marktgemeinde Roding hat ein Gewerbesteueraufkommen von 33404 Deutsche Mark, womit Roding vom gesamten Gewerbesteueraufkommen des Landkreises allein 45,9 Prozent aufbringt.

Die Kreisumlage der 44 Gemeinden wird zu 1/6 von Roding getragen.“ Hieraus könne entnommen werden, dass Roding auch wirtschaftlich Mittelpunkt des landwirtschaftlich orientierten Kreises sei, so Dr. Kiener. Roding habe 3029 Einwohner und sei von der Gemeinde Mitterdorf (1073 Einwohner), die von 1945 bis 1947 nach Roding eingemeindet war, nur durch den Regen getrennt. Nach Erhebung der Stadt könne sicher mit der Eingemeindung Mitterdorfs gerechnet werden, meinte damals der Landrat. (rjm)