Brauchtum
Sejawecken retten die armen Seelen

In den Tagen um Allerheiligen und Allerseelen werden bei uns manchmal heute noch die „Seelenwecken“ gebacken.

30.10.2016 | Stand 16.09.2023, 6:38 Uhr
Isabell Dachs
An Allerheiligen gedenken die Gläubigen ihrer Verstorbenen auf dem Friedhof. Und um diese Zeit werden „Seelenwecken“ gebacken. −Foto: Isabell Dachs

Derzeit können wir durch die Medien immer wieder von sogenannten Grusel- oder Horrorclowns hören. In den USA machen diese schon seit Anfang der 80er Jahre die Straßen unsicher. Sie finden es offenbar lustig, andere Menschen zu erschrecken, oft sogar bewaffnet. Verstärkt treten sie um Halloween herum in Erscheinung, ein weiterer Trend, der „über den großen Teich zu uns herübergeschwappt“ ist.

Halloween (am Vorabend von Allerheiligen) wurde ursprünglich nur in katholischen Gebieten der britischen Inseln gefeiert, vor allem in Irland. Mit den zahlreichen irischen Auswanderern im 19. Jahrhundert kam es in die Vereinigten Staaten. Aufgrund seiner Attraktivität wurde es dort bald von anderen übernommen und entwickelte sich zu einer festen Einrichtung in den Vereinigten Staaten und Kanada. Seit einigen Jahren breitet es sich auch bei uns rasant aus, stark gefördert durch den Handel, der in Halloweenartikeln eine zusätzliche Einnahmequelle sieht.

Halloween drängt sich vor

An den katholischen Gedenktagen Allerheiligen und Allerseelen gedenken gläubige Christen der Verstorbenen. Mittlerweile werden die Bräuche der beiden Feste vermischt, ursprünglich hatten sie aber eine unterschiedliche Bedeutung. Die Entstehungsgeschichte des Festtags Allerheiligen geht auf das „Fest aller heiligen Märtyrer“ zurück, das ursprünglich am 13. Mai, dem Weihetag der Kirche Sancta Maria ad martyres in Rom, gefeiert wurde. Papst Gregor III. weihte über 100 Jahre später eine Kapelle in der Basilika St. Peter allen Heiligen und legte dabei für die Stadt Rom den Feiertag auf den 1. November. Traditionell geschieht das im Ausgleich dafür, dass nicht jedem Heiligen ein einzelner Tag gewidmet werden kann. Außerdem werden auch diejenigen bedacht, die niemals offiziell zu Heiligen erklärt worden sind.

Auf das Hochfest Allerheiligen folgt am 2. November der Festtag Allerseelen. An Allerseelen soll unserer verstorbenen Verwandten und Freunde gedacht werden. Brauch wäre es, an diesem Tag den Friedhof zu besuchen. Da Allerseelen jedoch kein gesetzlicher Feiertag mehr ist, wurde der Gräbergang in den meisten Gemeinden auf den Allerheiligentag verlegt, der aber auch nur in katholisch geprägten Bundesländern ein Feiertag ist.

Der alte Volksglaube

An Allerseelen wurde vor allem für die Verstorbenen gebetet, die im Fegefeuer auf ihren Einzug in den Himmel warten mussten. Die Leiden der „armen Seelen“ im Fegefeuer sollten dadurch, sowie auch durch Almosen erleichtert werden. Schon im Mittelalter und bis weit in das 19. Jahrhundert hinein war es in Altbayern Brauch, an Allerseelen sogenannte Seelenbrote, oder Seelenwecken zu backen.

Dabei handelte es sich um einen Hefeteig, der ähnlich einem Salzweckerl in einem Zopf geflochten wurde. Vor allem Kinder, aber auch Arme wurden damit beschenkt. Jedes „Vergelt’s Gott“ der Beschenkten führte nach Volksglauben dazu, dass eine arme Seele aus dem Fegefeuer erlöst und somit der Einzug ins Himmelreich beschert wurde.

In einigen Regionen ist es bis heute noch üblich, dass Paten für Patenkinder Seelenweckerl backen, oder sie zumindest damit zu beschenken. Die Zopfform der „Sejawecken“ mit den drei Strängen erinnert an die Heilige Dreifaltigkeit, das Ineinanderschlingen symbolisiert die Ewigkeit.

Alle Teile unserer Serie „Vergessene Rezepte: Genüsse aus Omas Küche“ finden Sie hier

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