Film
Sexshop: Handschellen begehrt wie nie

Kaum startete der Erotik-Film „50 Shades of Grey“ in Regensburg, finden SM-Artikel im Beate-Uhse-Laden reißenden Absatz.

24.02.2015 | Stand 16.09.2023, 7:01 Uhr
Gertrud Baumgartl
Die Nachfrage in Sexshops nach Handschellen und Spielzeug für Bondage- und SM-Spiele ist gestiegen. −Foto: dpa

Bei Beate Uhse in der Fröhlichen-Türkenstraße stellt die Dekoration ganz auf den Film ab: Es gibt die Romantrilogie, die dem Erotik-Streifen als Vorlage diente. Und es gibt eine schier unendliche Auswahl an Accessoires in Latex, Leder und Plüsch. Angelehnt an die erotischen Entdeckungen der Filmheldin Anastasia Steele sind es vor allem die Frauen, die nun Neuland im Schlafzimmer erobern, hat Andrea Saber in den letzten Tagen festgestellt. Seit zwei Jahren berät sie im Beate-Uhse-Sexshop „Kunden zwischen 18 und 80“, wie sie sagt und hat viel Spaß dabei: „Ich liebe meinen Beruf.“ Erzählen und sich erzählen lassen sind ausgesprochene Lieblingsbeschäftigungen der gebürtigen Ungarin. Und natürlich auch die Beratung, die sie auf Wunsch den völlig unterschiedlichen Kundinnen und Kunden angedeihen lässt.

Beliebtes Starter-Set

Seit „50 Shades of Grey“ vor zwei Wochen in Regensburg angelaufen ist, zeigt sie gerne ein spezielles Starter-Set für Sexspiele. Die schuhkartongroße schwarze Schachtel enthält alles, was sich brave Pärchen wünschen, wenn sie nach dem Film testen wollen, wie sich das anfühlt und zu ihr sagen: „Wow, das probieren wir auch.“ Zuoberst das derzeit gefragteste Accessoire: ein Paar Handschellen aus Edelstahl, schön gepolstert mit kardinalrotem Plüsch. Eine heimliche Revolution in den Regensburger Schlafzimmern? Bondage, also Fesselung, ist so begehrt, dass Handschellen in der Fröhlichen Türkenstraße kurzfristig ausverkauft waren. In den ersten Tagen nach dem Kino-Start hätten Fans den Laden geradezu gestürmt, erzählt sie. Natürlich hat sie sofort nachbestellt. Beruhigend für Schlüsseldienst und Feuerwehr: Die Handschellen für Anfänger sind narrensicher. Zwar können sie mit einem Schlüsselchen versperrt werden. Sollte der aber im Eifer des Gefechts verloren gehen oder der Partner die Nase voll haben, lassen sich die Stahlreifen mühelos mit einer Geheimvorrichtung öffnen.

„Ne ordentliche Peitsche“

Echte SM-Anhänger – sie machen etwa zehn Prozent ihrer regulären Kundschaft aus – lehnen so ein Spielzeug allerdings ab, weiß Andrea Saber: Ihnen gehe es darum, den Partner oder die Partnerin richtig zu beherrschen, sonst fehlt der Kick. Auch bei Peitschen gibt es die verspielte Variante und eine für die ganz Harten, von der Miniatur-Fliegenklatsche bis zur unterarmlangen, geflochtenen Lederpeitsche für den SM-Routinier. „Die tut richtig weh“, weiß Andrea Saber und erzählt von einer Frau, die zu ihr ins Geschäft kam. „Ich brauch‘ was Ordentliches“, hätte die gesagt und sofort zum Profi-Modell gegriffen.

Um die Schreie des passiven Partners zu dämpfen, gibt es gleich ein Regal weiter beißfeste Gummibälle, die wie Knebel in den Mund geschoben werden. Zum Einstieg empfiehlt sich allerdings ein handliches Exemplar aus dem Starterset, ebenfalls in Kardinalsrot. Abgerundet wird die Anfänger-Ausrüstung von einer roten Augenbinde, einem Einweg-Penisring mit Rütteleffekt, der weggeworfen werden muss, wenn die Batterie leer ist, zwei Probepackungen Gleitgel und einer Massagekerze in der Blechdose, ähnlich wie Anti-Mücken-Kerzen. Man zündet den Docht an und wartet, bis sich das Wachs verflüssigt. Dann wird es wie eine Lotion auf dem Körper verteilt und soll zu einem völlig unbekannten Körpergefühl verhelfen, klärt Andrea Saber auf. Mit SM-Praktiken habe die Massagekerze gar nichts zu tun.

Leder und Gummi

Starterset Nummer zwei bietet schon die verschärfte Variante fürs Schlafzimmer: ein schwarzes Lederhalsband, das sich gut dem Hund weitervererben lässt. Die anderen Zutaten – außer einem schwarzen Seil – sind eher so, dass man sie nur ungern herumliegen lässt, wenn unverhofft Besuch kommt. Neben Peitsche und Augenbinde gehört nun ein kleiner Gummiknebel für den Mund und Klemmen für die Brustwarzen zum Sortiment. Auch die gibt es natürlich in jeder Variante: von niedlich bis zur mittelalterlich anmutenden Schraubvorrichtung. Dazwischen liegt die ganze Bandbreite individueller Fantasien. „Spielzeug“, wie es Andrea Saber nennt, muss nicht, kann aber in eingefahrene Beziehungen wieder Schwung bringen, ist sie überzeugt. „Vorausgesetzt, man hat sich immer noch lieb.“

Das „kleine Biest“ in der Frau

Angeregt wurden die verborgenen Wünsche nach Herrschen und Beherrschtwerden bereits, als die Romantrilogie „Shades of Grey“ im Jahr 2011 herauskam, die 70 Millionen Mal verkauft wurde. „Das hat einfach Fantasien geweckt und Neugier auf mehr gemacht“, ist Andrea Saber überzeugt: „Vorher gab es ja lange Zeit kein solches Buch. Bei vielen Frauen weckte das, wie sie es nennt, „das ein kleines Biest in sich“. „Die dachten sich: ‚He, ich bin ja gar kein graues Mäuschen.‘“ Dazu passe auch das Kaufverhalten: Bei der erotischen Shoppingtour nach dem Kinobesuch sind ihrer Beobachtung nach die Frauen leicht in der Überzahl und gehören vorzugsweise der Altersklasse bis 40 an.