Geschichte
So entstand das Dorf Mittelricht

Vor 725 Jahren haben drei Familien den Grundstock für Mittelricht geschaffen. Jetzt feierte der kleine Ort dieses Jubiläum.

07.03.2019 | Stand 16.09.2023, 5:51 Uhr
Michael Schrafl

Die heutige Dorfkirche von Mittelricht war ein Schloss und Sitz des Adelsgeschlechts derer von Mittelricht, das später im Bürgertum aufging. Fotos: Michael Schrafl

Mit einem Festgottesdienst und einem Festvortrag in der Dorfkirche sowie mit einem gemütlichen Beisammensein im „Deiser-Stüberl“ feierte die Bevölkerung von Mittelricht ihr 725-jähriges Ortsjubiläum. Zu der Geburtstagsfeier kamen zur Freude aller auch ehemalige Mittelrichter. Pfarrer Martin Penkalla zelebrierte den Dankgottesdienst. Markus Pröpster nahm die Bürger anschließend mit auf eine Reise in die Frühzeit der Ortsgeschichte. Zum gemütlichen Beisammensein hatten Frauen leckere Häppchen vorbereitet.

„Heute vor 725 Jahren saß hier, vielleicht, in seinem Schloss bei rußigem Kerzenschein Konrad von Mittelricht mit seiner Frau Gertrud und den Kindern. Sie wärmten sich am Ofen, nachdem sie gerade von der abendlichen Andacht in der Kapelle gekommen waren. Als Gäste waren Seibot von Giersreuth und seine Frau Hedwig da.“ So begann Markus Pröpster seinen interessanten Festvortrag.

Die Adelsfamilien, derer von Mittelricht und Giersreuth, plaudern hier im Palas, heute die Kirche, noch einmal über den Verkauf des Hofs in Weidenwang, um den es in der Urkunde geht, in der der Name Mittelricht zum ersten Mal erwähnt wird. Datiert ist die älteste erhaltene Urkunde über Mittelricht vom 28. Februar 129

Drei Familien gründeten den Ort

Konrad von Mittelricht kommt ins Plaudern und erzählt von seinem Vorfahren, wie dieser seinerzeit das Dorf gründete und sich mit dem Namen „von Mittelroute“, von Mittelricht schmückte: „Mittelroute, die Rodung in der Mitte“. Dieser Vorfahre weiß von seinen Reisen, dass zwischen den Orten Berengowe (Berngau), Meninge (Möning) und Sundaresfelda (Sondersfeld) Platz für die Gründung eines neuen Orts wäre. Wald, soweit das Auge reicht. Er wählt drei Familien aus dem Herrschaftsbereich seines Vaters aus. Drei Familien, bewandert in der Baumannskunst, Frauen und Männer, denen er zutraut, dieses Abenteuer und die harte Arbeit zu bestehen. Tagelang erkunden sie den Wald. Vom Baum- und Bodenwuchs wissen sie die Fruchtbarkeit des Bodens einzuschätzen. Die Nähe zu einem Bach, der Sulz, gewährleistet die Trinkwasserversorgung, ohne mühsam Brunnen graben zu müssen. Sie finden, dass diese Anhöhe inmitten des Sulzbogens zwischen Berngau und Sondersfeld ein guter Platz wäre, dazu noch umgeben von relativ fruchtbaren Böden, die als Ackerland nutzbar sind.

Wie lange hat man gebraucht, um die Mittelrichter Flur, die bis weit vor Reichertshofen geht, zu roden? „Das war eine Arbeit für Jahre, Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte“, nimmt Markus Pröpster an. Für die drei Familien sind die ersten Monate und Jahre sehr hart. Sie rammen Eichenpfähle in den Boden, auf denen sie ihre Häuser aus Holz gründen. Zudem muss noch das Schloss – ein größeres Haus aus Stein – für Chunrad erbaut werden, das nicht nur Wohnsitz für den Kleinadeligen sein wird, sondern auch letzter Rückzugsort bei allerlei Gefahren. Die Steine dafür holt man aus dem naheliegenden Steinbruch in der „Reihn“.

Als Lohn für die harte Arbeit erhalten die Familien ihre Hofstellen und Grundstücke der ersten Rodung „frei eigen“. Das heißt, sie müssen für den Besitz des Hofes und für die Bewirtschaftung der Äcker und Wiesen keine Abgaben leisten, keine Steuern zahlen.

Die Mittelrichter werden Bürger

Doch wie ergeht es dem Adelsgeschlecht der Mittelrichter? Am 17. März 1345 wird letztmals ein „von Mittelricht“, ein Konrad von Mittelricht, urkundlich erwähnt. Das heißt, das Adelsgeschlecht verlässt bereits im 14. Jahrhundert Mittelricht und tritt ins Bürgertum ein. 1375 wird ein Heinrich Mittelrichter, 1463 ein Ulrich Mittelrichter, Bürger zu Neumarkt, erwähnt. Im Zinsverzeichnis von 1485 gehört kein Hof mehr in Mittelricht dem vormaligen Adelsgeschlecht.

Aus ihrem Schloss bauen sie eine Kirche. Sie bauen sie im damals modernen Stil mit gotischen Fenstern im Palas – ein zugemauertes entdeckte man bei den Sanierungen –, fügen einen gotischen Chor an und schließen diesen mit Schlusssteinen ab, die ihr Wappen – ein Geviert von weiß und blau, in weiß je eine vierblättrige Blüte – zeigen und das der Giersreuther, in weiß mit rotem Schrägbalken. Viel mehr weiß man nicht über Mittelricht in der Zeit bis 1500.

Lateinlehrer übersetzt Urkunde

Besonderen Dank sagte Markus Pröpster seinen ehemaligen Lateinlehrer Dr. Herbert Rädle, eine Koryphäe des Mittelalterlateins, der die Mittelrichter Urkunde kurz vor seinem Tod übersetzt und mit vielen Anmerkungen versehen hatte. Sein Dank galt auch all den Bürgern, die ihn bei seinen umfangreichen Recherchen unterstützt haben.

Pröpster: „Manchmal meint man ja, die Alten erzählen einfach Geschichten. Geht man diesen aber nach, so kommt man zu der Erkenntnis: Dies ist Geschichte, die gar nicht so lange her ist und von der trotzdem kaum mehr einer weiß.“ Deswegen sei es wichtig, dass die verschiedenen Generationen im Gespräch bleiben.

Mehr aus Neumarkt und Umgebung:

  • .
  • Die wichtigsten Informationen des Tages direkt auf das Mobilgerät:
  • .
  • .
  • .