Gefahr
Söder: Kampf gegen Hass im Netz

Ministerpräsident hält Messengerdienst „Telegram“ bei Hetze für mitverantwortlich. Seine letzte Konsequenz: Blockieren.

15.12.2021 | Stand 15.09.2023, 22:42 Uhr
Der Messengerdienst „Telegram“ arbeitet nicht mit Ermittlungsbehörden zusammen. −Foto: Sergei Konkov/picture alliance/dpa/TASS

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sieht die Demokratie durch die zunehmende Verbreitung von Hass und Hetze im Internet unmittelbar gefährdet. Er, Justizminister Georg Eisenreich (CSU), Schulminister Michael Piazolo (FW) und der Beauftragte der bayerischen Staatsregierung für Internet-Hassreden (neudeutsch „Hate-Speech“), Oberstaatsanwalt Klaus Hartleb, tauschten sich gestern aus Aktualitätsgründen zu dem Thema aus. In Bayern war es in den zurückliegenden Tagen ebenfalls zu radikalen Ausschreitungen und entsprechenden Chats gekommen.

Hass und Hetze nähmen zu, insbesondere auch das Ausmaß der bewussten Desinformation, stellte Söder fest. Corona habe da wie ein Brandbeschleuniger gewirkt. Der Staat müsse da mit einer „klaren Botschaft“ dagegenhalten, zeigen, dass es sich in Deutschland um eine „wehrhafte Demokratie“ handle, so Söder. „Hass und Hetze sind kein Kavaliersdelikt und nicht von Meinungsfreiheit gedeckt“, sagte Söder. Es treffe vor allem Politiker, die aber gut geschützt seien, ebenso jedoch Wissenschaftler, Journalisten und Ehrenamtler. Die Zustände, so deutete es Söder an, seien nicht mehr hinnehmbar. „Der Staat muss wirksam sein“, sagte er – rasche Ermittlungen, schnelle Urteile, harte Sanktionen. Es gehe nicht darum, so Söder, in irgendeiner Form Zensur einzuführen.

Harte Konsequenzen

Aber es gelte halt auch: „Keine Freiheit den Feinden der Freiheit.“ Gerade, was die Mitteilungsplattform „Telegram“ angehe, seien – nach einem wahrscheinlich erfolglosen, dennoch ein letztes Mal notwendigem Versuch zum Dialog – harte Konsequenzen vonnöten.

Das in Dubai ansässige Unternehmen „Telegram“ weigert sich, problematische Inhalte zu löschen, reagiert auch nicht auf Anschreiben des Bundesjustizministeriums oder arbeitet mit Ermittlungsbehörden zusammen – weswegen es gerade bei Extremisten so beliebt ist. In letzter Konsequenz fordert Söder: „Blockieren“. Technologische Möglichkeiten dazu gebe es, den „schleichenden Angriff auf die Verfassung“, der dort stattfinde, könne man aber nicht mehr dulden.

Jugend:Prävention:
Bildungsminister Piazolo konstatierte: „Die Atmosphäre im Land hat sich verändert.“ 10 000 Jugendliche am Tag seien in Bayern Hassbotschaften ausgesetzt.Ziel sei, durch mehr Medienkompetenz präventiv zu wirken. Dagegen arbeiteten jedoch interessierte Kreise, die teilweise mit perfiden Methoden und viel Geschick versuchen, die Jugendlichen zu manipulieren.

Justizminister Eisenreich sekundierte: „Üble Nachrede, Verleumdung, Volksverhetzung – das ist nicht von Meinungsfreiheit gedeckt.“ Opfer könnten alle werden, Politiker, Migranten, Frauen. Zwar sei nicht alles, was widerlich sei, auch strafbar – gleichwohl: Die entsprechenden Einheiten bei den Staatsanwaltschaften seien beim „Referat Z“ angesiedelt. Insider wissen: Das sind die für Terrorismus und Extremismus zuständigen Staatsanwaltschaften.

Direkt ins Gefängnis

Und dort werde auch nicht gefackelt, machte Oberstaatsanwalt Hartleb klar: Bei Hassrede-Delikten gebe es ein öffentliches Interesse und deshalb nur ein geringes Ermessen für Staatsanwälte, ein Verfahren wegen Geringfügigkeit einzustellen. Dafür werde verstärkt mit Wohnungsdurchsuchungen zur Beweissicherung reagiert. Und die Strafen seien auch nicht ohne – bisweilen gelte: „Ein einzelner Hass-Post führt direkt ins Gefängnis.“ Ersttäter kämen meist etwas glimpflicher davon – je 60 Tagessätze gab es für die Androhung „in den Sack und Knüppel drauf“ oder „sofort Hängen den Volksschädling“, bei Wiederholungstätern indes stehe schnell die Haft an, „ohne Bewährung“.