Tourismus
St. Englmar ist breit aufgestellt

In dem Wintersportgebiet macht sich der Klimawandel bemerkbar. Doch das Bergdorf fokussiert sich nicht nur auf Winter.

29.09.2019 | Stand 16.09.2023, 5:35 Uhr
Sophia Greindl

Vom Pröller-Nordhang in Sankt Englmar kann man nach Kollnburg und in den hinteren Bayerischen Wald blicken. Foto: Astrid Piermeier

„Ein halbes Jahr Winter, ein halbes Jahr kalt, das ist der Bayerische Wald.“ Für diesen Spruch ist der Bayerische Wald bekannt. Grund dafür ist das vorherrschend raue Mittelgebirgsklima, das wichtig ist, um als Wintersportregion zu überleben. Beste Voraussetzungen bringt das auf 825 Metern gelegene Sankt Englmar mit. Der höchste Punkt befindet sich auf 1056 Höhenmetern, ein schneesicheres Gebiet, so scheint es.

Doch die Schneesicherheit bleibt gerade um Weihnachten herum aus. Auf die Frage, ob diese Entwicklung auf den Klimawandel zurückzuführen ist, antwortet die Leiterin der Tourist-Information St. Englmar, Astrid Piermeier: „Natürlich macht sich der Klimawandel in gewisser Weise bemerkbar, aber eher im Sommer“. Extreme Wetterlagen sorgen für Probleme. Vergangene Wintersaison verursachten starke Niederschläge einen massiven Schneebruch.

Gute Freizeitinfrastruktur

Das andere Extrem sind Winter, in denen der Schnee fast ganz ausbleibt, wie es zum Beispiel 2014 der Fall war. Touristisch haben diese Wetterextreme jedoch keine Auswirkungen auf den Ort. Das Bergdorf ist nicht rein für den Wintertourismus ausgelegt. Die örtliche Freizeitinfrastruktur ist gut ausgebaut und gerade auch im Winter stark frequentiert. Der Waldwipfelweg, das Bayerwald Xperium oder das Family World öffnen ihre Pforten – selbst wenn der Schnee ausbleibt. „Skiurlauber, die Schneesicherheit wollen, weichen ohnehin in ein reines Skiurlaubsgebiet aus“, sagt die Wirtschaftsgeografin.

Die jährlichen Ausgaben für die Loipenpflege liegen bei circa 65 000 Euro, dabei ist die Nutzung gebührenfrei. Lediglich für den Parkplatz wird ein kleiner Obolus erhoben. Auch Skiliftbetreiber, Skischulen und Sportgeschäfte bereiten sich intensiv auf die neue Saison vor: Wartung der Anlagen, Parkplatzpflege, Skilehrerschulungen und Aufrüstung des Skiverleihs.

Im Tourismusmarketing befindet man sich in puncto Werbetexte und Prospektgestaltung ab August bereits mitten im Winter. Piermeier, die selbst begeisterte Wintersportlerin ist, betont die zunehmende Beliebtheit des Skilanglaufs und des Schneeschuhwanderns.

Attraktionen:Wellness:
Sankt Englmar verfügt über drei Rodelhänge, davon einen mit Lift und Beschneiungsanlage, zwei mit Flutlicht. 105 Kilometer Langlaufloipen, 11,2 Pistenkilometer, 15 Abfahrten und 55 Kilometer Winterwanderwege. Das DSV-nordic-aktiv-Langlaufzentrum am Hirschen-stein befindet sich auf einer sicheren Höhenlage. Start der Loipe ist auf 910 Meter und lässt für Langläufer und Skater keine Wünsche offen.Neuerung: Wichtig sei es auch, jedes Jahr etwas Neues zu bieten, das einen Alleinstellungswert besitze. So wurde jüngst eine Hüttenwanderung ins Leben gerufen, die Kulinarik und Aktion verbindet.Anziehungspunkt für die zahlreichen Kurz- und Naherholer sei das Wellnessangebot, das im Segment mit eher niedriger Aufenthaltsdauer einzuordnen ist, sagt Astrid Piermeier, Leiterin der Tourist-Info.

Längerfristig stellt sich der Tourismusort bereits um. Die Fokussierung auf den Winter fällt weg, stattdessen soll ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Sommer und Winter geschaffen werden. Wirft man einen Blick auf die Übernachtungszahlen, ist zu erkennen, dass der Trend bereits etwas in Richtung Sommer tendiert. „Der Winter erlebt jedoch keinesfalls einen Einbruch. Der Februar ist traditionell einer der stärksten Monate“, betont Piermeier. Die Wintersaison könnte prinzipiell sogar länger andauern, da in den Köpfen der Leute aber dann schon Frühling herrscht, werde der restliche Schnee ab Mitte März nur selten genutzt.

Wichtig sei es, am Puls der Zeit zu bleiben und sich auf keine Jahreszeit zu versteifen, erklärt die Englmarerin. Der Bayerische Wald ist gefragt: Noch nie waren mehr Ankünfte zu verzeichnen, als es derzeit der Fall ist. Die Aufenthaltsdauer hat sich seit den Boom-Jahren in den 1990ern von neun auf durchschnittlich vier Tage verkürzt. Das liegt mitunter daran, dass Sankt Englmar kein Haupturlaubsgebiet mehr ist, sondern sich zum Zweit- oder Dritturlaubsgebiet entwickelt hat. „Wir tun aber alles, damit wir wieder zu einem Haupturlaubsgebiet werden“, so die Leiterin der Tourist-Info.

Aus für den Pröller-Nordhang

Viele Gäste aus der Region wird es auch kommende Wintersaison wieder in das sportliche Bergdorf ziehen. Schneeschuhfans sollen durch ein neues Tourenprospekt auf ihre Kosten kommen. Auch eine Fotoexkursion zu den schönsten Aussichtspunkten im Schnee-Dorado wartet auf Besucher.

Eine weitere Neuerung betrifft vor allem die Skifahrer: das Aus für den Pröller-Nordhang. Piermeier klärt über den aktuellen Stand auf: Da keine Einigung mit den Verpächtern des Skihangs erzielt werden konnte, müsse der Skibetrieb am Nordhang eingestellt werden. Das betreffe ausschließlich die Abfahrt des Pröller-Nordhangs, der Betrieb im restlichen Pröller-Skidreieck werde wie gewohnt fortgeführt. Piermeier bedauert die Schließung des Lifts: „Das ist ein Schlag ins Kontor, da man die beste Aussicht über den Bayerischen Wald hat und es ein super Hang ist.“ Piermeier, die selbst aus einer Skifahrerfamilie stammt, gibt die Hoffnung allerdings noch nicht ganz auf, da gerade den Gemeinden auf der anderen Seite des Berges viel an einem direkten Zugang zum Pröller-Skidreieck liege. „Im schlimmsten Fall bleibe immer noch eine naturbelassene Abfahrt für Tourenski-Geher bestehen“, fügt sie hinzu. Sankt Englmar will seinen Gästen jedenfalls weiterhin jedes Jahr Wintervergnügen bieten.

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