Glaube
Stefan Oster und seine Bischofsmutter

Als Bischof Oster in Passau geweiht wurde, lag seine Mutter schon in einem Regensburger Heim. Sie umweht ein Geheimnis.

18.09.2015 | Stand 16.09.2023, 6:59 Uhr
Helmut Wanner
„Für Euch will ich Bischof sein“: Stefan Oster hällt den Bildband über seine Bischofsweihe in die Kamera. Mit ihm vereint seine Mutter Maria Magdalena, sein Vater Heinz und seine Schwester Karin. −Foto: Oster

Wenn die polnische Stationsschwester den Namen auch wie „Osstär“ ausspricht, ihre Augen strahlen dabei: Maria Magdalena Oster, die Mutter des 85. Passauer Bischofs, genießt im BRK-Heim Minoritenhof in der Trothengasse besondere Wertschätzung. Sie umweht ein Geheimnis, das nur ein katholischer Mensch wahrnehmen kann: Das Mysterium des stellvertretenden Leidens, der liebenden Sühne für die Welt, für die Anna Schäffer zur Ikone geworden ist.

„Bertholdweg“ heißt die Station im ersten Stock. Der Blick geht auf den Innenhof und das Arbeitsgericht. Die rote Brokatbluse, die sie am 24. Mai 2014 bei der Bischofsweihe ihres Sohnes im Passauer Dom getragen hatte, hängt hier im Schrank, ebenso der schicke rot-gelbe Hut mit der Blume.

Jahrhundertereignis für die Familie

Der Tag war ein Jahrhundertereignis für die Familie des ehemaligen Soldaten und Pressesprechers der Dr. Vielberth Verwaltungs GmbH, Heinz Oster. Die Schlacht gegen den Lupus Erythematodes (LE), der seine Frau befallen hat, ist die längste seines Lebens. Sie geht ins 17. Jahr. Der Verein „Zweites Leben“ verdankt unter anderem Maria Oster seine Existenz – und dem Front-Einsatz ihres Mannes.

Die Soldatenfrau und Arztsekretärin war mal der Temperamentsbolzen der Familie. Heute gibt ihr Lebens-Beispiel anderen Menschen Mut. 1999, am Höhepunkt ihrer Erkrankung, die das Bewegungs- und Sprachzentrum angriff, hatte sie nur den Wunsch, zu erleben, wie ihr Enkelkind Kathi eingeschult wird. „Kathi ist jetzt im 5. Semester“, sagt Heinz Oster.

„Der liebe Gott hat mich nicht sterben lassen,“ sagt Maria Oster. Es sind diese Augen, mit deren Glanz sie unterstreicht, was aufgrund ihrer Erkrankung so schwer zu verstehen ist. Man hat selten Augen gesehen, die strahlen wie die ihren. Maria Oster hat jetzt das Ziel, so alt zu werden, wie die älteste Heimbewohnerin. Die ist 105. Frau Oster klagt nicht, sie scherzt lieber.

2014 durfte sie ihren ersten Geburtstag als Bischofsmutter feiern. Die Schicksale von Mutter und Sohn sind eng miteinander verwoben. Am 21. Juli 1999, es war ein Mittwoch, empfing Maria Magdalena Oster im Krankenhaus die Letzte Ölung. Am Sonntag drauf, 24. Juli, legte ihr Sohn Stefan die ewige Profess bei den Salesianern ab.

Das war der Tag, an dem sie außer Lebensgefahr kam. Stefan Oster beschrieb in einem Brief an die Mutter diese innere Verbindung in ihrem Lebensweg. Der Vater las ihn ihr am Krankenbett vor: „Auch ich bin am Tag der ewigen Profess symbolhaft gestorben und wiederauferstanden.“ Die kranke Mutter durfte erleben, wie ihr Sohn zehn Jahre später zum Bischof geweiht wurde.

Die einen jubeln dem jungen, konservativen Star der deutschen Bischofskonferenz zu. Aber es gibt freilich einige im Bistum Passau und anderswo, die ihn am liebsten wieder zum Mond schießen würden, weil er bei der Gleichstellung der Homo-Ehe nicht jubelnd mit der Kirchenfahne wedelte.

Dr. Christiane Florin von „Christ und Welt“ in der Hamburger „Zeit“ nannte ihn einen „katholischen Evangelikalen“. Seine Seite auf Facebook hat die Mauer von 10 000 „likes“ überschritten. 25 000 Nutzer erreichte er alleine durch seinen August-Post über den „Humanismus der Nettigkeit“. Darin kritisierte er ein Christentum, das sich im Gutsein erschöpft, das aber von Sünde und Hölle nichts mehr wissen will. „Was glaubst du, wie lange ich im Dom von Passau predigen muss, um diese Anzahl von Menschen zu erreichen“, fragte Stefan Oster seinen Vater. Der ehemalige Medienmann ist stolz darauf, dass sein Sohn eine völlig neue Linie der Verkündigung entwickelt hat.

Halben Kopf größer als der Papst

In diesem Zimmer erinnert viel an ihn. Vom Kopfende ihres Krankenbettes lächelt ihr Stefan im Bischofs-Ornat unter einem blühenden Kirschbaum. Daneben hängt das Foto vom Treffen der sogenannten Baby-Bischöfe im Vatikan, bei dem der Heilige Vater den neu gewählten Hirten aus allen Erdteilen seine Linie vorstellt. Franziskus schüttelt Stefan Oster die Hand. Es fällt auf, dass der Passauer Bischof einen halben Kopf größer ist als der große Argentinier.

Am letzten Sonntag war er persönlich da. Hier auf diesem Stuhl am Fenster saß er und hielt die Hand seiner Mutter. Es war ein Zwischenstopp nach der Würzburger Bischofskonferenz. „Es vergeht keine Woche, in der er sich nicht rührt“, bekräftigt Heinz Oster. Maria Oster ist jetzt 75. Sie habe den Geburtstag mehrfach gefeiert. Am 21. Juni, beim Gottesdienst zusammen mit Alt-Bischof Wilhelm Schraml und ihrem Sohn. Und am ersten Septemberwochenende im Hotel St. Wolfgang in Bad Griesbach. Da war die ganze Familie da. Auch Tochter Karin mit David und Katharina – die Enkelin, die jetzt schon im 5. Semester ist.