Versorgung
Täglich frische Brezen in der Praxis

Medizinstudentin Amrei Charlotte Kienzle machte ein Praktikum in Arrach. Jetzt ist sie vom „Arbeitsplatz Land“ begeistert.

22.09.2019 | Stand 16.09.2023, 5:22 Uhr
Regina Pfeffer

Für Amrei Charlotte Kienzle (rechts) wäre eine spätere Tätigkeit in einer Praxis im ländlichen Bereich durchaus denkbar. Dr. Veronika Vogl-Forsch vom Praxisteam verabschiedete die junge Medizinstudentin. Foto: Regina Pfeffer

„Ich werde Hausärztin“ – so lautete der abschließende Tenor, den Amrei (altdeutsche Abkürzung für Annemarie) Charlotte Kienzle nach vierwöchigem Landarztpraktikum in der Allgemeinarztpraxis von Dr. Wolfgang Vogl in Arrach anschlug. In einer kleinen Feierstunde verabschiedete sie sich vom Praxisteam, das sie während der ganzen Zeit hilfreich unterstützte. Geboren und aufgewachsen in Stuttgart, absolvierte Amrei Kienzle nach dem Abitur ein Freiwilliges Soziales Jahr beim Deutschen Roten Kreuz im Krankentransport.

Der Studienplatz brachte sie dann nach Lübeck an die Ostsee, wo sie im Sommer das siebte Fachsemester an der Universität zu Lübeck abschließt. Weiter arbeitet sie noch im Rettungsdienst in Stuttgart, gibt Erste-Hilfe-Kurse für Erstsemester und ist Histologie-Tutorin für die Zweitsemester ihrer Uni. Auch babysittet sie mit großer Leidenschaft und betreut die sogenannte „Teddyklinik“ in Lübeck.

Begleitung bei Hausbesuchen

Für ihre Famulatur im Bayerwald nutzte sie das Projekt der „LandArztMacher“ (ins Leben gerufen von Dr. Wolfgang Blank, Hausarzt in Kirchberg im Wald, und Mandy Kölbl), um beim Programm „Exzellenter Sommer 2019“ viele neue Erfahrungen zu sammeln. Sie und weitere 24 Studentinnen und Studenten, aus diversen deutschen Universitäten kommend, genossen bei dem bestens organisierten Projekt eine hervorragende Ausbildung in verschiedenen Arztpraxen und Krankenhäusern im Arberland.

„Hier kann man nicht nur gut Urlaub machen, sondern auch gut leben und arbeiten.“Amrei Charlotte Kienzle

Dabei bekamen sie Gelegenheit, eigenständig mitarbeiten zu dürfen, den Arzt bei Hausbesuchen beziehungsweise beim Notarzt-Einsatz zu begleiten und ihn bei allen Tätigkeiten (von Anamnese bis Untersuchung) aktiv unterstützen zu dürfen. Die Vormittage verbrachten sie und die anderen Studenten in den Praxen, die Nachmittage gehörten der fachlichen Weiterbildung (Vorträge, Fallbesprechungen, Kurse), oder es winkte ein Freizeit-Programm (zum Beispiel Wanderungen, Rodeln, Klettern, Bogenschießen, Kanufahren, Festspielbesuche).

Team:Ziel:
Die „LandArztMacher“, wie sie sich selbst nennen, sind ein gemischtes Team aus zwei Niedergelassenen und zwei Klinikern.Sie bieten Medizinstudenten ein vierwöchiges Praktikum im Landkreis Regen an. Ziel ist, mehr Medizinstudenten aufs Land zu locken. Vor kurzem verließ der Landkreis Cham das auch von ihm bis vor einem Jahr noch hochgepriesene Programm still und heimlich. Er geht eigene Wege, die in Kürze vorgestellt werden sollen.

„Das findet man in der Stadt nicht vor“, so Kienzle ehrlich, die höchstens die Einkaufsmöglichkeiten in der Großstadt vermisste. Die Ausbilder verstanden es, die Schönheit des Bayerischen Waldes und die Vorzüge des Landarztlebens zu vermitteln. „Hier kann man nicht nur gut Urlaub machen, sondern auch gut leben und arbeiten“, lautete die Erkenntnis der Studentin. Das gesamte Praxisteam verwöhnte die Studentin täglich mit frischen Brotzeiten der örtlichen Metzgerei, Brezen aus der Arracher Bio-Bäckerei, Obst, Salaten, Tomaten und anderen Genüssen aus den eigenen Gärten.

„Das ist Luxus, den wir in der Stadt nicht kennen“, dankte Kienzle. Vom Team der Praxis Dr. Wolfgang Vogl/Dr. Veronika Vogl-Forsch wurden der Studentin viele Aspekte der Hausarztmedizin auf dem Land nahegebracht. Amrei wurde schnell ins Praxisteam integriert und als angehende Ärztin gefordert.

„Das ist Luxus, den wir in der Stadt nicht kennen.“Amrei Charlotte Kienzle

Nach kurzer Einarbeitungszeit durfte die Studentin an der Uni theoretisch erworbenes Wissen in die Praxis umsetzen. Kienzle kam dabei in Kontakt mit Naturheilverfahren, Akupunktur, Homöopathie, Neuraltherapie und Sportmedizin. So erhielt sie ein genaues Bild über einzelne Zusammenhänge und mit welchen Herausforderungen Landärzte konfrontiert werden. Mit Begeisterung nahm sie am Notarzt-Dienst teil, wofür sie dem BRK dankte, zumal sie daheim einen Teil ihres Studiums als Rettungssanitäterin finanziert.

Von Patienten gut angenommen

Ein Höhepunkt war, als ein Fernsehteam des ARD-Morgenmagazins an zwei Tagen das Praxisteam begleitete. Amrei stellte mit Begeisterung das Landarzt-Projekt vor und stellte beim Blick von der Hindenburg-Kanzel den Lamer Winkel als „den schönsten Arbeitsplatz eines Landarztes“ vor. „Darf ich Sie untersuchen?“, lautete oftmals ihre Frage an die Patienten, die dem „neuen Gesicht“ in der Praxis durchwegs positiv gegenüberstanden. So gewann sie Einblick in unterschiedliche Erkrankungen aller Altersstufen von 0 bis 105 Jahren und deren Behandlung. „Ich kann mir gut vorstellen, selbst Hausärztin auf dem Land zu werden“, meinte sie schließlich begeistert.

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