Hilferuf
Tafel braucht Spenden und Lebensmittel

Steigende Lebenshaltungskosten und Kriegsflüchtlinge bringen die Institution in Schwierigkeiten.

26.04.2022 | Stand 15.09.2023, 5:47 Uhr
Ferdinand Schönberger
Pfarrer Roland Böhmländer, Assistenzkraft Irmgard Burger und Dekan Walter Kotschenreuther (v. li.) im Chamer Tafelladen −Foto: Ferdinand Schönberger

„Die im Dunkeln sieht man nicht!“ ist ein Zitat aus Brechts Dreigroschenoper. Sie aber dennoch zu sehen, war für Dekan Walter Kotschenreuther im Lauf des Lebens seine Aufgabe. Dies bekannte er am Dienstagvormittag bei einem Pressegespräch im Tafelladen, an dem auch Pfarrer Roland Böhmländer und Assistenzkraft Irmgard Burger teilnahmen.

Viele Ehrenamtliche helfen bei dem konfessionsübergreifenden Projekt mit, Waren von den Geschäften einzusammeln und gegen einen kleinen Obolus an Bedürftige auszugeben. „Weniger ist leer“: Diesen einstigen Spruch des Hilfswerks Brot für die Welt merke man auch bei denen, die regelmäßig oder neu zur Tafel erscheinen, weil sie in dieser „teuren Zeit“ mit ihren Kostensteigerungen weniger im Geldbeutel haben, so Kotschenreuther. Die Lebensmittelhändler müssten angesichts der Inflationsrate und der hohen Energiepreisen viel exakter planen, und so bleibe weniger für Spenden an die Tafel übrig-

Eine zusätzliche Aufgabe in ganz Deutschland betreffe die Menschen aus der Ukraine. Sie beschäftige nicht nur das Landratsamt bei der Wohnungs- und Arbeitssuche und das Schulamt mit der Unterrichtsplanung, sondern auch die Diakonie-Flüchtlingsberatung durch das Ausfüllen von Fragebögen bei Anträgen und die Tafeln, zu denen vermehrt diese Flüchtlinge kommen. Erst gestern, so berichtet Irmgard Burger, waren welche aus 15 Haushalten in der Diakonie. Dies bedeute oft sechs bis sieben Personen je Haushalt, der neben der alleinerziehenden Mutter, deren Mann im Krieg ist, aus mehreren Kindern und den Großeltern bestehen kann.

„Manchmal ist der Nächste derjenige, der direkt neben einem steht“, führte Dekan Kotschenreuther weiter aus, der nach dem Ende seiner Amtszeit diese Aufgaben an Pfarrer Böhmländer in gute Hände übergebe. Hunger habe dasselbe Gesicht, egal, ob das aus Kabul, Aleppo oder Kiew kommt. Alle würden gleich behandelt. Es gelte, seiner Verantwortung für die Menschen gerecht zu werden: „Ich seh dich, und wenn du mich brauchst, bin ich für dich da.“

Normalerweise wären die Regale im Laden gefüllt, doch dem sei bei Weitem nicht so. Derzeit würden etwa 500 Personen in der Tafel betreut. Wegen des erhöhten Bedarfs müssten etwa pro Woche Waren in Höhe von 300 Euro zugekauft werden – und das bei steigender Tendenz. Für den Betrieb fallen laut Kotschenreuther jährlich etwa 27 000 Euro Unkosten an – wegen der Energiepreise künftig wohl noch mehr.

Daher benötige man dringend Geldspenden für Grundnahrungsmittel und Hygieneartikel, aber auch haltbare Lebensmittel: Dosen, Nudeln, Reis, Zucker, Mehl, Öl, Essig, Babynahrung, Schokolade für die Kinder. Man nehme aber keinen Alkohol an, auch nicht in Schnapspralinen. Selbsteingemachtes brauche ein Mindesthaltbarkeits- oder Verbrauchsdatum.

Ein Konzept, bei dem jeder Ausweisträger durch eine zugeloste Farbe abwechselnd zu einer bestimmten Stunde einkaufen kann, ermögliche, dass für jeden noch Waren bereitliegen. Dass für deren Erwerb ein Eigenbetrag von zwei Euro pro Berechtigungsausweis zu zahlen ist, erscheint dem Dekan („zwar kein marktwirtschaftliches, aber ein bedarfsorientiertes Prinzip“) und dem Pfarrer („eine Sache der Menschenwürde, da man nicht einfach Almosen empfängt“) wichtig.