Trauer im Kloster

05.04.2022 | Stand 05.04.2022, 18:00 Uhr
Schwester Annette Fecker † −Foto: Kloster Strahlfeld

Nachruf Schwester Annette Fecker, die langjährige Priorin, ist mit 85 Jahren gestorben.

Roding/Strahlfeld „Die gute Seele des Klosters“, Schwester Annette Fecker, ist am Sonntag im Alter von 85 Jahren gestorben. Sie hatte es verstanden, so ihre Mitschwestern, in dem für Ordensgemeinschaften oft schwierigen Wandel der Zeit immer die Balance zwischen Spiritualität, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit zu finden.

Nie gab es von ihr ein böses Wort oder jemanden, der um Hilfe bat und nicht mit einer Unterstützung von Schwester Annette das Kloster wieder verließ. Insbesondere ihre Toleranz, ihre Weitsicht sowie ihr hervorragendes Verständnis in wirtschaftlichen Fragen halfen dabei, Strahlfeld dem Orden und der Bevölkerung zu erhalten.

Nach der Rückkehr nach Deutschland hat sie bei Kürten-Biesfeld am Aufbau des Kinderdorfes „Die gute Hand“ entscheidend mitgearbeitet und mit Mitschwestern eine Einrichtung für Kinder mit Lernbehinderung geschaffen, die sie lange federführend leitete. In Strahlfeld war sie dann als Regionalpriorin zuständig für alle Niederlassungen in Deutschland und Strahlfeld und hatte hier verantwortungsvolle Aufgaben zu erledigen.

So fielen in ihre Amtszeit das Ende der Hauswirtschaftsschule, der Neubeginn des Gästehauses, die Verpachtung an die KAB 1993 und die Rücknahme 2003 sowie der folgende Betrieb als Seminar- und Gästehaus. Auch wurde damit begonnen, weltliche Mitarbeiter im Kloster einzustellen. Ebenso fiel die Rückführung von Schwestern nach Strahlfeld, welche nach den Apostolat-Zeiten in anderen Einrichtungen altersbedingt ihre Berufe/Berufungen aufgeben mussten, in ihre Amtszeit.

Schwester Annette kam am 1. September 1936 in der kleinen badischen Stadt Pfullendorf als zweites Kind einer Buchdruckerfamilie zur Welt. Die Familie zog dann nach Konstanz am Bodensee. Annette verlebte mit vier Brüdern trotz Kriegs- und Nachkriegswirren eine glückliche Kindheit und Jugend. Bereits zu dieser Zeit engagierte sie sich in der kirchlichen Jugendarbeit und der der Pfadfinderschaft. 1955 legte sie das Abitur ab und begann ein Studium zur Volksschullehrerin an der Pädagogischen Akademie in Gengenbach. Schwester Annette über sich selbst: „Mein Beruf war meine große Liebe; ich war Lehrerin aus Leidenschaft!“ An mehreren Schulen im Landkreis Konstanz hielt sie Unterricht, bevor sie sich auf die Suche nach einem Missionsorden machte.

1961 trat sie bei den Missionsdominikanerinnen im Kloster Strahlfeld ein. Am 11. Oktober 1962, am Tag der Eröffnung des zweiten Vatikanischen Konzils, legte sie ihre erste Profess ab. Einen Monat später reiste sie ab nach Afrika, ins damalige Rhodesien, heute Simbabwe. Von 1963 bis August 1967 war sie Lehrerin an der Grundschule im Mutterhaus in Salisbury – heute Harare – und an der damals ersten Schule für Kinder aller Rassen in St. Martin in einem Mischlingsviertel am Stadtrand von Salisbury. Schwester Annette: „Dies war eine meiner glücklichsten Zeiten!“

Im September 1967 berief sie der Orden nach Deutschland zurück. Sie übernahm mit weiteren Schwestern und Mitarbeitern den Aufbau eines Kinderdorfes für verhaltensgestörte Kinder der Stiftung „Die Gute Hand“ in Biesfeld. Von 1968 bis 1969 folgte ein heilpädagogisches Zusatzstudium für das Lehramt an Sonderschulen für Erziehungshilfe. Annette wurde Sonderschullehrerin während der Aufbauphase des Kinderdorfes, Erziehungsleiterin und später Rektorin der heimeigenen Schule des Kinderdorfes.

Im Januar 1988 wurde sie zur Regionalpriorin für die Deutsche Region der Strahlfelder Missionsdominikanerinnen nach Strahlfeld abberufen. Dieses Amt übte sie mit viel Freude aus, bevor sie ins Leitungsteam und ab 2010 zur Priorin der Gemeinschaft berufen wurde. Von 2010 bis 2018 war sie Priorin des Klosters Strahlfeld. Seit 2019 war sie Assistentin der Priorin. (rjm)