Lebensmittel
Unternehmen steht am Pranger

1000 Gramm Pfifferlinge aus einem Betrieb in Bodenwöhr, die mit einem Pflanzenschutzmittel belastet waren, haben hohe Wellen geschlagen.

09.11.2012 | Stand 16.09.2023, 21:04 Uhr
Elisabeth Hirzinger

Die frischen Pilze werden in Bodenwöhr weiterverarbeitet.Foto: Hirzinger

„Qualitätssicherungs- maßnahmen sind bei uns Standard“, heißt es auf der Homepage des Unternehmens „Stahl Wild, Pilze & Waldfrüchte GmbH“, das als führender Anbieter von Pfifferlingen und Steinpilzen in Deutschland, Österreich und der Schweiz gilt. Seit 25 Jahren kauft und verkauft die Firma aus Bodenwöhr Pilze. Tausende von Proben wurden schon in die Labors geschickt. Nie gab es einen negativen Befund. Bis zum 26. September. Seitdem ist in dem mittelständischen Unternehmen nichts mehr wie es vorher war.

„Bei uns standen die Telefone nicht mehr still“, erzählt Josef Stahl. Großhändler riefen an, die Bank fragte nach. Der Grund für die Aufregung: Seit 25. Oktober steht die Firma Stahl im Internet auf der Ekel-Liste, wegen 1000 Gramm mit einem Insektizid belasteter Schwammerl. „Das hat hohe Wellen geschlagen.“ Josef Stahl und seine Schwester Manuela Blend sitzen im Besprechungsraum und sind immer noch geschockt.

Dabei war das, was Lebensmittelüberwacher Ende September in Mannheim entdeckten, nicht wirklich besorgniserregend. Mitarbeiter des dortigen Landratsamtes hatten am Großmarkt ein Kilogramm frische Pfifferlinge mitgenommen und ins Labor geschickt. Der Befund: Die Schwammerl aus Litauen, die im Bodenwöhrer Werk verpackt worden waren, enthielten Spuren eines Insektizids. 0,14 Milligramm Acetamiprid pro Kilogramm wurden gemessen, eine 14-fache Überschreitung des zulässigen Grenzwertes.

Josef Stahl hat sofort reagiert. Er hat die ganze Charge sperren lassen – und hat abgewartet. Er hatte ein ruhiges Gewissen. Im Stahl-Werk wird nämlich streng kontrolliert. Alle Pilze, die hier angeliefert werden, sind bereits von den Lieferanten untersucht und werden im Betrieb zusätzlich noch auf Radioaktivität unter die Lupe genommen. Außerdem werden regelmäßig Proben ins Labor geschickt, die die Pilze auf Pestizide und Schwermetalle hin kontrollieren.

Mehr kann man nicht machen, meint Josef Stahl. Der Lebensmitteltechnologe im Betrieb, Georg Frank, nickt. Er legt eine mehrere Seiten umfassende Liste von Pflanzenschutzmitteln auf den Tisch, für die EU-weit ein Grenzwert von o,o1 Milligramm gilt. „Das ist die unterste Nachweisgrenze“, sagt Frank. Einzige Ausnahme: DEET. Für dieses Insektenspritzmittel wurde mittlerweile für alle pilzverarbeitenden Betriebe in Europa der Grenzwert auf 0,1 Milligramm angehoben. Über den Prüfbericht des Landratsamtes Mannheim zerbricht sich Stahl heute noch den Kopf. Die Behörde hatte eine versiegelte Probe an Stahl zurückgeschickt. Und in der hat das vom Unternehmen beauftragte, akkreditierte Labor nichts gefunden. So steht es jetzt als „Bemerkung“ auch im Internet: „Die Firma Stahl konnte gegenüber der Behörde ... mit vorliegendem unabhängigen Prüfbericht vom 26. Oktober 2012 bescheinigen, dass die Rückstellprobe Pfifferlinge aus Litauen ... Charge: 26103337 auf Acetamiprid mit weniger als 0,01 mg/kg frei verkehrsfähig ist.“

Dieser Veröffentlichung hat das Landratsamt zugestimmt, weil, wie ein Sprecher der Behörde bestätigt, die Begründung „plausibel“ erschien. Denn: Ob und in welcher Form eine Bemerkung ins Internet gestellt wird, das entscheidet letztendlich die Behörde. Trotzdem, der Makel bleibt.

Auf der Liste im Internet wird nicht unterschieden zwischen schwarzen Schafen, die alle Aufforderungen der Behörde erst einmal ignorieren, und Firmen, die sich kooperativ zeigen und festgestellte Mängel sofort beseitigen. Das sieht auch das Landratsamt Schwandorf kritisch.

„Ein einsichtiger Sünder“, meint Pressesprecher Franz Pfeffer, „sollte da schon einen Vorteil haben.“ Zumal die Kontrollen, wie der Landratsamtssprecher betont, „nur eine Momentaufnahme sein können“.

2500 Untersuchungen nimmt die Behörde pro Jahr vor. In der Regel kommen die fünf Mitarbeiter der Abteilung „Sicherheit und Ordnung“ unangemeldet. Und die Hälfte der Kontrollen, berichtet Pfeffer, „sind ohne Befund“. Unterm Strich registriert das Landratsamt pro Jahr etwa 100 Vergehen, die geahndet werden, schätzt der Pressesprecher.

Dabei geht es den Kontrolleuren, wie Pfeffer versichert, nicht darum, „möglichst hohe Bußgelder zu verhängen“. Die Mitarbeiter des Landratsamtes „wollen nicht bestrafen“, sondern betrachteten sich vielmehr als Partner. Am Kontrollsystem hat die Einführung der Internet-Liste übrigens nichts geändert. Es wird, wie Pfeffer versichert, „nicht mehr und nicht weniger kontrolliert als früher“.

Glücklich ist man beim Landratsamt jedenfalls nicht mit der neuen Internetliste. „Das ist für uns eine Pflichtaufgabe“, sagt Pfeffer. „Wir hätten so ein Instrument nicht gebraucht, es verbessert die Situation nicht und es ändert nichts an der Haltung der Unternehmen.“