Corona-Pandemie
Viel Freiheit für Berchinger Senioren

Caritas-Heimleiter Gerhard Binder will das „Schauerbild“ von Pflegeheimen korrigieren. Ausflüge bieten Abwechslung.

10.11.2021 | Stand 15.09.2023, 23:30 Uhr
Azubi Patrick Wehlert, Heimleiter Gerhard Binder, Azubi Anna Lena Queiser und Pflegedienstleitung Tanja Konrad (von links) haben sich für das Foto um Bewohnerin Stilla Girg aufgestellt. −Foto: Lena Binder

„Seniorenheime sind kein Ort des Schreckens, leider ist in der Öffentlichkeit dieser Eindruck entstanden“, bedauert Gerhard Binder. Auch dies sei eine Folge der Corona-Pandemie, wie er in einer Pressemitteilung zitiert wird. Binder ist Leiter des Caritas-Seniorenheims Berching und bekommt die Folgen der Pandemie in vielfältiger Weise zu spüren.

Unter anderem dann, wenn es darum geht, dass neue Bewohner aufgenommen werden sollen oder müssen. „Die Angehörigen der zukünftigen Bewohner haben Angst, dass sie ihre Verwandten nicht mehr besuchen können“, schildert Binder die Sorgen der Menschen.

Einlasskontrollen erfordern großen Aufwand

In der Berchinger Einrichtung gibt es hierfür keinen Grund: Bewohner können von Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr und am Wochenende und an Feiertagen von 13 bis 18 Uhr besucht werden, möglich machen dies die Einlasskontrollen, die unter großem organisatorischen Aufwand bewerkstelligt werden. „Wir könnten es uns auch einfach machen und die Besuchszeiten auf zwei Stunden täglich beschränken“, so Binder. Aber es sei ihm wichtig, dass sich die ihm anvertrauten Menschen so wohl wie möglich fühlen.

Und er hofft, dass er diese Freiheit noch länger bieten kann, denn selbstverständlich sei er an Vorschriften gebunden und die Lage ändere sich momentan bekanntlich täglich. Wie sehr das „Schauerbild“, das von Pflegeheimen in der Öffentlichkeit gezeichnet werde, an der Realität vorbei gehe, zeige alleine die Zahl der Ausflüge und Veranstaltungen, die im vergangenen Jahr unternommen wurden. „Wir haben bereits 2020 und erst recht 2021 so viel gemacht, wie es irgend möglich war, um den Bewohnern einen anspruchsvollen Lebensabend zu bieten.“

Haus ist voll besetzt

In den vergangenen Monaten ist es Binder und seinem Team offenbar gelungen, vielen künftigen Bewohnern und ihren Angehörigen die Ängste zu nehmen, denn im Gegensatz zu einigen anderen Einrichtungen sei das Haus momentan voll besetzt, es gibt auch bereits wieder eine Warteliste. Das sei aus mehreren Gründen erfreulich.

Impfstatus:Vorrang:
: Übrigens werden alle Bewohner aufgenommen, der Impfstatus spielt hierbei keine Rolle. Wohl aber die Frage, wie dringend die Aufnahme ist.Berchinger Bürger oder die Angehörigen von Berchingern haben Vorrang vor Auswärtigen ohne Angehörige.

Zum einen haben die Bewohner wieder mehr soziale Kontakte zu Altersgenossen, zum anderen ist dies für das Haus selber wichtig. „Wir sind auch ein Wirtschaftsbetrieb“, sagt Binder. „Der Pflegesatz ist so ausgelegt, dass eine 98prozentige Auslastung gegeben sein muss.“ Vor diesem Hintergrund sei es für ihn schwierig, wenn sich Bewohner nur sehr zögerlich für einen Einzug entscheiden. „Wir können es uns einfach nicht leisten, ein Zimmer 14 Tage lang ohne Einnahmen zu reservieren.“

Der Beruf hat viel zu bieten

Zum vielbemühten Szenario vom Pflegenotstand gehöre auch, dass das Caritasseniorenheim mit privaten Wettbewerbern in Konkurrenz um das Personal stehe. „Mit leeren Zimmern kann man eben kein Personal angemessen bezahlen.“ Eine ausgebildete Altenpflegefachkraft verdient laut Binder bei der Caritas 40 000 Euro brutto. Hinzu kommt noch die private Altersrente, die sich am Ende des Berufslebens mit 800 Euro Zusatzrente bezahlt machen kann.

Aber auch hier gelte: Geld ist nicht alles. Der Beruf habe so vieles zu bieten. „Man bekommt sehr viel Dankbarkeit zurück. Er ist krisensicher, vielseitig in der Tätigkeit und auch in der Arbeitszeitgestaltung. Man kann viele Fort- und Weiterbildungen wie Wundmanager, Gerontofachkraft, Praxisanleiter, Palliativfachkraft, Bereichs-, Pflegedienst und Heimleitung absolvieren.“ Die Caritas zahlt alle Fortbildungen zu 100 Prozent.

Ein wunderbarer Beruf

„Und mit der neuen Ausbildung zum Pflegefachmann und zur Pflegefachfrau kann man europaweit anerkannt in allen Kliniken und Seniorenheimen arbeiten“, sagt Binder und nennt zahlreiche Möglichkeiten zum beruflichen Weiterkommen. Kurzum: für jemanden, der gerne mit Menschen zu tun hat, sei dies ein wunderbarer Beruf.

Schließlich hängt auch das Wohl der Bewohner von engagierten Mitarbeitern ab. Dennoch bleibt es ein großer Schritt, in ein Seniorenheim zu wechseln. Das ist Binder sehr wohl bewusst. Umso wichtiger sei es aber, dass diese Entscheidung rechtzeitig getroffen wird.