Gesellschaft
Viel Wirbel um eine Frühlingsrolle

Auf Facebook verunglimpfte ein Nutzer ein Obertraublinger Restaurant – ein Paradebeispiel für die Macht der Konsumenten.

01.03.2017 | Stand 16.09.2023, 6:33 Uhr
Katharina Eichinger
Palasia-Geschäftsführer Shifang Meng hat vom Landratsamt bestätigt bekommen, dass in seinem Restaurant keine Maden sind. −Foto: Lex

Mehr als 20 000 Nutzer hat die Facebook-Gruppe„Du bist ein echter Regensburger, wenn...“. Wo hauptsächlich Bilder, Erinnerungen oder Gesuche geteilt werden, sorgte am vergangenen Wochenende ein unschöner Post für Aufruhr: Ein Nutzer postete am Samstag ein Foto von einer Frühlingsrolle, auf der mehrere weiße Flecken zu sehen waren. Der Verfasser behauptete, dass es sich um Maden handle. Zahlreiche Nutzer teilten den Post und fanden es eklig.

Den Namen des Restaurants nannte er nicht, allerdings beschrieb er die Lage des chinesisch-mongolischen Restaurants so genau, dass klar war: Es handelt sich um das Palasia in Obertraubling. Mittlerweile wurde der Post gelöscht, denn: Bei den vermeintlichen Maden handelte es sich um Reis, wie das Gesundheitsamt nach einer Prüfung noch am Samstagabend feststellte.

Post wurde gelöscht

Das Restaurant reagierte schnell: Mengs Tochter hat einen Brief des Landratsamts in der Facebook-Gruppe geteilt, in dem die Behörde bestätigt, dass kein Maden- oder Schädlingsbefall vorliegt. Für das Lokal ist der Schaden aber groß.

„Wenn Verbraucher so etwas melden, dann ist es unsere ureigene Aufgabe, dem zeitnah nachzugehen“, sagt Franz Englbrecht vom Landratsamt Regensburg. Am Samstagabend ist er mit einem Kollegen von der Lebensmittelüberwachung zum Palasia. Ein Bürger hatte sich mit dem vermeintlichen Missstand bei der Polizei gemeldet, die wandte sich an das Landratsamt.

Diesen Brief hatte das Landratsamt an das Restaurant geschickt:

Dass Restaurants in sozialen Netzwerken verunglimpft werden, passiert immer wieder.„Wir leben in einer Zeit, in der Falschmeldungen weltweit Schule machen“, sagt Ulrich Korb, Bezirksgeschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands. Das Problem scheint gravierender geworden zu sein. „Früher hat man solche Dinge im kleinen Kreis diskutiert.“ Heute geschieht das im Netz.

Verbreiten von Falschmeldungen ist kein Kavaliersdelikt

Immer wieder wenden sich betroffene Gastronomen an den Verband. „Wir beraten sie dann, den Löschungsanspruch geltend zu machen“, sagt Korb. Problematisch sei, dass man oft schwer an die Verfasser einer solchen Nachricht kommt.

Das Verbreiten von Falschmeldungen ist kein Kavaliersdelikt. Ein solcher Post kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. In einem Fall wie am Samstag kann der Paragraf 186 „Üble Nachrede“ aus dem Strafgesetzbuch greifen. Dafür könne es eine Geldstrafe oder eine Haftstrafe von bis zu zwei Jahren geben, sagt Prof. Dr. Jan Bockemühl, Fachanwalt für Strafrecht in Regensburg. Meist werden solche Verfahren wegen Geringfügigkeit aber eingestellt.

Es ist an der Zeit, Paroli zu bieten, fordert unsere Autorin Katharina Eichinger:

Dem Verfasser des Posts müsse im konkreten Fall nachgewiesen werden, dass die Frühlingsrolle in Ordnung und die Behauptung somit falsch war. Juristen streiten sich darüber, in welchem Umfang die Staatsanwaltschaft dem Verfasser die Straftat nachweisen muss, zum Beispiel ob der Verfasser im Vorfeld wusste, dass die Frühlingsrolle zweifelsfrei in Ordnung ist.

Den anderen nicht das Zepter überlassen

Florian Mascarello, Chef des Dechbettener Hofs, bezeichnet den Vorfall als Paradestück für die Macht der Konsumenten. „Jedes Restaurant arbeitet im Niedriggewinnsektor. So etwas kann existenzbedrohend sein“, sagt er. Mascarello hat einen ähnlichen Fall erlebt. Er entschied sich, in der Diskussion in einer anderen Facebook-Gruppe –„Restaurant-Kritik Regensburg“– mitzumischen und den anderen nicht das Zepter zu überlassen.

Muk Röhrl ist Moderator dieser Gruppe und betreibt die Gaststätten Röhrl und Brandl Bräu. Die anonyme Kritik im Netz habe sich verstärkt, sagt er. „Solche Behauptungen verbreiten sich unglaublich schnell.“ Er und seine Kollegen moderieren die Einträge und entscheiden je nach Verhältnismäßigkeit, welche Schritte nötig sind. Oft informieren sie die Gastronomen. „Beide Seiten sollen die Möglichkeit haben, sich zu äußern und Dinge aus der Welt zu schaffen.“

Restaurants im MZ-Gebiet finden Sie auf unserer Karte:

Röhrl sieht den Austausch in sozialen Netzwerken aber auch als Chance für die Wirtsleute. „Die Gäste sind quasi Tester. Viele äußern ihre Meinung im Netz, weil sie sich in der Gaststätte nicht ernst genommen fühlen.“ Die Gastronomen müssen zeigen, dass ihnen die persönliche Kritik wichtig ist. Das sei der beste Weg.

Mengs Tochter verkündete auf Facebook, dass das Restaurant keine rechtlichen Schritte gegen den Verfasser einleiten werde. Auch die Polizei gehe dem nicht nach, wenn der Restaurantbetreiber nicht von selbst aktiv wird, sagt Josef Kugelmeier, Leiter der PI Neutraubling.

Die Facebook-Nutzer solidarisieren sich mit Meng und planen in der Gruppe, gemeinsam das Palasia zu besuchen. Sie hoffen, den so entstandenen Schaden zu begrenzen – zumindest finanziell.

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