Forschung
Was Corona für die Konsumenten bedeutet

Im Zukunftsmuseum in Nürnberg fand der erste Kongress statt. Das Fazit: Die Pandemie verstärkt Zukunftstrends.

09.10.2021 | Stand 16.09.2023, 0:03 Uhr
Der niederländische Trendforscher Kees Eland (Mitte) hat beim „Future Circle" im Nürnberger Zukunftsmuseum die Welt nach Corona auf Einladung von Klaus-Dieter Koch, Gründer von „Brand Trust“ (links), genau in den Blick genommen. −Foto: Nikolas Pelke

Wie hat Corona die Welt der Konsumenten und das Verhalten im Supermarkt verändert? Dieser Frage hat sich der allererste Kongress im Zukunftsmuseum in Nürnberg am Donnerstag und Freitag gewidmet. Das Nürnberger Unternehmen „Brand Trust“ hat zum „Future Circle“ ins Zukunftsmuseum geladen, um die Auswirkungen der Pandemie auszuloten.

Auch Klaus-Dieter Koch hat die Welt wegen Corona zunächst fast nicht mehr verstehen können. Die Menschen fliegen nicht mehr in den Urlaub, und machen Sport plötzlich daheim im Wohnzimmer. Koch hat sich wie die gesamte Geschäftswelt gefragt, wie das Virus die Gesellschaft dauerhaft wohl verändern wird? Mit seinem kurz nach der Jahrtausendwende gegründeten Unternehmen „Brand Trust“ berät der Nürnberger Markenexperte normalerweise bekannte Marken, die ihre Produkte noch besser verkaufen wollen.

Bleibt alles beim Alten?

Aber für was werden die Menschen nach der Krise noch Geld ausgeben wollen? Bleibt alles beim Alten oder stellt die Pandemie neue Weichen in die Zukunft? Um die Krise besser verstehen zu können, hat Klaus-Dieter Koch während des langen Lockdowns häufig zum Telefonhörer gegriffen, um mit dem holländischen Zukunftsforscher Kees Eland nach allen Regeln der Wissenschaft einen Blick in die berühmte Glaskugel zu werfen. Die Antworten von Eland und seiner Firma „TrendsActive“ haben Koch derart nachhaltig beeindruckt, dass der Gründer des Nürnberger Beratungsunternehmens „Brand Trust“ den weltweit gefragten Trendforscher aus den Niederlanden zum „Future Circle“ nach Nürnberg ins brandneue Zukunftsmuseum in den Augustinerhof eingeladen hat.

Den fränkischen „Zukunftsgipfel“ gibt es bereits seit über 15 Jahren. Heute im Jahr 2021 steht selbstverständlich Corona und die Folgen ganz im Fokus des Interesses. Die gute Botschaft im Krisentrommelwirbel lautet: Kees Eland kann zumindest all diejenigen beruhigen, die befürchtet haben, dass sich die Welt um 180 Grad drehen und komplett auf den Kopf stellen könnte. „Corona wirkt wie ein Verstärker auf Zukunftstrends“, ist Kees Eland sicher.

Krise ging nicht spurlos vorüber

Der Forscher aus Holland geht nicht von einer vollständigen Veränderung der Welt aus und verweist darauf, dass Menschen schon ganz andere Krisen gemeistert und schon früher zu alten Verhaltensmustern schnell wieder zurückgefunden hätte. Allerdings sei mit Covid die letzte Krise auch nicht spurlos an den Menschen vorübergegangen. Deshalb erwartet Kees einen Neustart unter veränderten Vorzeichen. Beispielsweise würden Menschen nach der Krise verstärkt Vertrauen wichtig finden. Gleichzeitig hat die Krise die Menschen noch einsamer gemacht. Besonders junge Menschen würden trotz tausender Internet-Freunde in der modernen Leistungsgesellschaft unter Vereinsamung leiden.

Überhaupt hätte Corona ein Schlaglicht auf die schlechte psychische Verfassung der Bevölkerung geworfen. Trends wie „Mentale Gesundheit“ hätten auch schon vor Corona existiert. Der Lockdown habe sich wie ein Beschleuniger und Verstärker auf diese bereits vorhandenen Entwicklungen ausgewirkt. Deshalb, so die These von Eland, müssten die Unternehmen jetzt in der Post-Corona-Phase schnell handeln, um diese neu aufflammenden Sehnsüchte ansprechen und damit Kunden für Marken und Produkte begeistern zu können.

Wie man das schafft? Ganz einfach, in dem man Gutes tut, findet der Holländer. Aber nicht im alten Sinn von Almosen und Charity. Einen mehr oder weniger großen Scheck zu überreichen, reiche nach Corona einfach nicht mehr aus. Unternehmen müssten heute wirklich die Ärmel hochkrempeln und sich für eine bessere Welt einsetzen. Unternehmen könnten daraus fast ein neues Geschäftsmodell entwerfen und größere Zielgruppen ansprechen.

Sehnsucht nach Gutem

Weitergedacht lautet die Kernbotschaft, das Unternehmen humaner werden müssen. Demnach kaufen Kunden zukünftig nur noch dort, wo sie die Welt vielleicht nicht gleich retten, aber doch etwas besser machen könnten. In den Niederlanden seien Supermarkt-Ketten bereits dazu übergegangen, den guten alten Plausch an der Kasse wieder offiziell zu genehmigen – um dem Kunden wie im einst beliebten weil familiären „Tante Emma“-Laden begegnen zu können.

Für Klaus-Dieter Koch ist diese Entwicklung eine logische Fortsetzung der Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Schon unter Bismarck hätten die Deutschen gelernt, wichtige Aufgaben wie die Alters- oder Gesundheitsversorgung an staatliche Institutionen zu delegieren. In die Rolle des Staates könnten nun starke Marken schlüpfen. Falls sie es schaffen, Vertrauen zu gewinnen. Dieser Schluss führt Koch zu einem fast schon euphorischen Ausblick auf die Konsumwelt der Zukunft. „Wir kaufen, um Gutes zu tun. Die Ära der Marken wird nach Corona jetzt erst beginnen“, freut sich Koch.