Jahresempfang von HWK und IHK
Was Klima-Kleber und Ölheizungskäufer gemeinsam haben

28.04.2023 | Stand 15.09.2023, 0:19 Uhr
„Der Handwerker, der die Solaranlage aufs Dach schraubt, gibt den Menschen auch Hoffnung und ein gutes Gefühl der Unabhängigkeit.“ – Michael Sterner sprach beim Empfang der ostbayerischen Wirtschaft über die Bedeutung der Energiewende. −Foto: Fotos: altrofoto.de

Was haben die Käufer einer neuen Öl- oder Gasheizung und die „Klima-Kleber“, die Straßen blockieren, gemeinsam? Sie handeln völlig falsch, wenn es um den Klimaschutz geht. So lautet zumindest das Urteil von Michael Sterner beim Jahresempfang der ostbayerischen Wirtschaft.

DerOTH-Professor und Experte im Bereich der Energiewendesprach bei der Handwerkskammer in Regensburg darüber, wie Ökologie und Ökonomie in Zeiten der Energiewende absolut kein Widerspruch sind und sich vielmehr gegenseitig bedingen. Doch Käufer einer Öl- und Gasheizung setzen – laut Sterner – auf fossile, klimaschädliche und damit „falsche“ Energieträger. Und wer den Berufsverkehr im Namen der Energiewende blockiert, schaffe nur Wut, Ärger und Unverständnis. Eine erfolgreiche Energiewende brauche aber genau das Gegenteil.

Dass die Energie- und Klimawende enorme Chancen für Ostbayerns Unternehmen birgt – doch auch die Rahmenbedingungen eine Herausforderung bleiben – dass wurde beim gemeinsamen Empfang der Handwerkskammer Niederbayern/Oberpfalz (HWK) hatte mit der Industrie- und Handelskammer Regensburg für Oberpfalz/Kelheim (IHK) deutlich.

Entlastungen gefordert

HWK-Präsident Georg Haber sagte: „Unsere Betriebe undunsere gut ausgebildeten Fachkräfte werden die Energiewende stemmen. Davon bin ich fest überzeugt.“ Von der Politik forderte er Entlastungen und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen, damit die Unternehmen den Übergang in die von ihm so bezeichnete „neue Normalität" schaffen können. Haber forderte „eine funktionierende Infrastruktur, ein faires Steuersystem, und nicht ständig neue Reglementierungen“. Das sei angesichts der großen Aufgaben, „sicher nicht zu viel verlangt.“

Ähnlich argumentierte IHK-Präsident Michael Matt. Er bezeichnete die Energie- und Klimawende als „eine der wichtigsten und größten Aufgaben, die es zu meistern gilt“. Zugleich ergeben sich dadurch aber auch Chancen für die Unternehmen: „Und zwar dann, wenn es gelingt, damit verbundene Wertschöpfungspotenziale zu nutzen und eine technologische Vorreiterrolle einzunehmen“, so Matt.

Auf das große Potenzial der Energiewende für die regionale Wertschöpfung hob auch Sterner ab. Denn wenn Wind- und Solaranlagen vor Ort entstehen, dann bleiben die Erträge der Stromgewinnung vor Ort. „Es gibt nichts Wirtschaftlicheres als Wind- und Solarenergie“, ist der Energieexperte überzeugt. Und der Ausbau der Erneuerbaren habe noch „ein riesiges Potenzial“. Doch müsse man hierzulande nicht nur „denken, sondern auch umsetzen“: „Wir scheitern zu oft an der Umsetzung“, mahnt Sterner.

Damit die Energiewende nicht an der Umsetzung scheitert, brauche es laut Haber das Handwerk: „Der Ausbau der Erneuerbaren Energien und die generelle Steigerung der Energieeffizienz – das alles ist ohne das Handwerk schlichtweg nicht zu machen.“ Der Handwerkskammerpräsident rechnet vor, dass der Bestand an Wärmepumpen nach Plänen der Bundesregierung bis 2030 von aktuell 1,45 auf sechs Millionen Anlagen wachsen soll und stellt die Frage: „Wer soll die einbauen, wenn nicht unsere Fachkräfte?“

Und an denen mangelt es bekanntlich. So weist auch Sterner, darauf hin, dass es wichtig sei, die Jugend nicht nur für den Klimaschutz auf der Straße zu gewinnen. Man müsse sie für die Handwerksbetrieben, Unternehmen und Hochschulen gewinnen, die Klimaschutz und die Energiewende umsetzen können.

Haber nennt Zahlen des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, nach denen in rund 30 Gewerken rund 450000 Handwerksbetriebe mit fast 2,5 Millionen Beschäftigten in für den Klimaschutz relevanten Bereichen arbeiten. Für ihn stellt das hohe Tempo, das gefordert ist, dennoch eine Gratwanderung dar: Man dürfe die Wettbewerbsfähigkeit nicht aus den Augen verlieren.

Energiepreise entscheidend

Und diese hänge unmittelbar mit den Energiepreisen zusammen, wie IHK-Präsident Matt betont. Die Energiepreise müssten auf einem „international wettbewerbsfähigen“ Niveau liegen: „Da wir eine exportstarke Region sind und viele Unternehmen im internationalen Wettbewerb stehen, drohen ansonsten Wertschöpfungs- und Wohlstandseinbußen.“

Die Unternehmen treibe aber auch die Sorge um die Versorgungssicherheit um. Die müsse jederzeit gewährleistet sein, sagt Matt.