Trinkwasserschutz
Welchen Weg nimmt die Farbe?

Ein aufwendiger Markierungsversuch soll die Fließgeschwindigkeit im Karst zu den Brunnen im Raffa messen.

24.02.2021 | Stand 16.09.2023, 4:07 Uhr
In ein Sickerbecken wurde rote, lebensmittelechte Farbe vermengt mit normalem Wasser eingebracht. −Foto: Michael Hitzek

„Nur was ich kenne, kann ich optimal schützen“, sagt der Hydrogeologe Dr. Klaus Dieter Raum. Um herauszufinden, wie das Grundwasser im Bereich des 2020 entdeckten Zwicknagelschachts fließt, und was das für die Burglengenfelder Trinkwasserversorgung bedeutet, fand jetzt ein Markierungsversuch statt: Mit lebensmittelechten Farbstoffen vermischtes Wasser wurde in die Höhle sowie in zwei Sickerbecken auf dem Areal des Naabtalcenters eingebracht. So soll unter anderem festgestellt werden, ob und, falls ja, wie schnell Wasser aus diesem Bereich die Trinkwasserbrunnen im Raffa erreicht.

Die Entdeckung des Zwicknagelschachts war daher Fachleuten zufolge eine gute Gelegenheit, die hydrogeologischen Gegebenheiten zu überprüfen, teilen die Stadtwerke Burglengenfeld mit. Der tiefste bislang bekannte Punkt der Höhle liegt laut Dr. Klaus Dieter Raum von Sachverständigenbüro für Grundwasser Anders & Raum nur rund 30 Meter über dem Grundwasserspiegel. Fragen, die die Stadtwerke daher klären wollen: Wie lange würde es etwa nach einem Unfall in diesem Bereich des Wasserschutzgebiets dauern, bis möglicherweise verunreinigtes Wasser im Grundwasser und bei den Trinkwasserbrunnen im Raffa ankommt? Wie lange also hätten die Stadtwerke in so einem Schadenfall Zeit, um zu reagieren?

Um Antworten auf diese Fragen zu bekommen, fand der Tracerversuch statt: In die Höhle sowie in zwei Sickerbecken wurden drei unterschiedliche, lebensmittelechte Farbstoffe eingegeben. In Mischbauwerk im Raffa, in dem das Wasser aus dem Trinkwasserbrunnen ankommt, werden nun von Mitarbeitern der Stadtwerke in zeitlich gestaffelten Abständen Proben entnommen. So soll ermittelt werden, wann und in welcher Konzentration der Tracer im Brunnen ankommt.

Karst:Folge:
Das Wasserschutz- und -einzugsgebiet der Burglengenfelder Trinkwasserversorgung gehören zum Oberpfälzer Jura. Das Gestein im Jurakarst ist häufig stark zerklüftet, von Karstholräumen durchzogen und damit bereichsweise sehr durchlässig.Hier bestehen auch durch Dolinen oft direkte Verbindungen zwischen der Erdoberfläche und dem Grundwasserstrom. Regen, aber auch Stoffe wie Pflanzenschutzmittel können so rasch ins Grundwasser und damit ins Trinkwasser gelangen.

Eine Einschätzung des Fachmanns: „Aufgrund der hydrogeologischen Rahmensituation erwarten wir, dass es trotz der umfangreichen Verkarstungserscheinungen im Untersuchungsgebiet eher Wochen bis Monate dauert, bis der Hauptanteil der Tracer in den Brunnen nachgewiesen werden wird.“ Allerdings seien Schnellfließwege eines Anteils des Grundwassers für den Karst typisch und auch hier nicht auszuschließen bzw. sogar zu erwarten. Dr. Raum gibt zu bedenken: „Wissen tut‘s keiner, sonst müssten wir den sehr aufwendigen Versuch nicht durchführen. Das Ganze ist selbst bei sorgfältigster Planung sehr spannend.“

Der Burglengenfelder Markierungsversuch ist in seinen Dimensionen alles andere als alltäglich. Angefangen von den aufwendigen Voruntersuchungen inklusive Höhlenfreilegung bis zum vermutlich langen Untersuchungszeitraum und den enormen Mengen Wasser, die mit Feuerwehrschläuchen in den Zwicknagelschacht und die Sickerbecken gepumpt wurden. Dr. Klaus Dieter Raum war nicht alleine nach Burglengenfeld gekommen, sondern mit einem Team aus Fachleuten um die Hydrogeologin Theresa Dittmann sowie den Dipl. Chemie-Ingenieur Ekkehard Schein von der Hydroisotop GmbH, der zuständig war für das Anmischen und Einbringen der Farbstoffe. Tatkräftige Unterstützung kam vom Team des Bauhofs und vom Leiter des Technik-Referats der Stadtwerke, Dipl.-Ing (FH) Josef Hollweck.

Der Versuch sorgte einmal mehr für überregionales Medieninteresse: Ein Team des BR war vor Ort. Geplant ist ein Beitrag in der Sendung „Schwaben & Altbayern“ am Sonntag, 28. Februar, 17.45 Uhr im Bayerischen Fernsehen.