Onkologie
Wenn der Lymphknoten zum dicken Knubbel wird

Einige Krebsarten des Lymphsystems sind hoch aggressiv, selbst aber sehr verwundbar. Wie man sie bezwingt, war Thema des Onkologieforums.

22.05.2012 | Stand 16.09.2023, 21:03 Uhr
Heinz Klein

Regensburg.Der deutlich geschwollene Lymphknoten seitlich am Hals, der beim Rasieren plötzlich auffällt, könnte ein Warnsignal sein. „Lymphknoten sind die Hotels für die Abwehrzellen“, sagt Prof. Dr. Jan Braess. Dass da mal Hochbetrieb herrscht, ist etwa bei einer Infektion völlig normal. Wenn die Abwehrzellen aber selbst krank sind und sich unentwegt teilen, platzt das „Hotel“ bald aus allen Nähten. Sollte der Knoten also nicht mehr nur erbsengroß, sondern olivengroß oder noch größer sein, dann sollte das der Hausarzt sehen. Es könnte ein Hinweis für eine Krebserkrankung des Blut- oder Lymphsystems sein. Dann braucht es eine sichere Diagnose und im Falle eines malignen Lymphoms die exakt richtige Therapie. Und zwar schnell.

Die malignen Lymphome waren beim 29. Onkologischen Forum im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Thema für rund 90 Ärzte. Prof. Braess fasste die Botschaft im Gespräch mit der MZ zusammen. Der Krebs des Blut- und Lymphsystems ist hoch komplex und nicht vergleichbar mit einem Magen- oder Darmkrebs. Es gibt mehr als 50 Unterarten und die Krebszellen sind fast immer, wie Blut und Lymphflüssigkeit, überall im ganzen Körper verteilt

Behandlung ist Expertenarbeit

Es gibt sehr langsam wachsende (indolente) Lymphome, die häufig allenfalls in Beobachtung bleiben sollten, aber auch hoch maligne Lymphome. Dieser Krebs ist nicht nur hoch aggressiv, sondern auch überaus schnell und durchaus in der Lage, einem Menschen binnen Wochen oder Monaten das Leben zu nehmen. Doch es gibt auch eine gute Nachricht, freut sich Prof. Braess. Maligne Lymphome sind zwar brandgefährlich, aber auch sehr therapieempfindlich. Und deshalb sind bei vielen Untergruppen echte Heilungen möglich, in manchen Fällen bis zu 100 Prozent. Vorausgesetzt, es erfolgt die richtige Therapie. Deshalb, so Prof. Braess, sind maligne Lymphome eine absolute Spezialistenarbeit. „Sie können extrem viel gewinnen, aber auch verlieren und der Grat, auf dem die richtige Therapie verläuft, ist schmal“, warnt der Chef der Klinik für Onkologie und Hämatologie am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder.

Regensburg.Der Beginn einer Therapie kann sehr schnell erfolgen. Steht die Diagnose am Vormittag fest, kann bereits am Abend des gleichen Tages eine Vorphasentherapie eingeleitet werden, eine noch sehr milde Chemotherapie, die die Chancen auf eine Heilung deutlich erhöhen kann. Nach dieser Vorphase, die aber nur bei bestimmten malignen Lymphomen sinnvoll ist, wird der hochaggressive Krebs mit sehr intensiven Immun- und Chemotherapien bekämpft.

Drei weitere Warnzeichen

Prof. Jan Braess warnte andererseits auch davor, beim Auftauchen des Begriffs Leukämie in einer medizinischen Diagnose gleich in Entsetzen auszubrechen. „Überdiagnostik hat eine Menge Nebenwirkungen. Eine davon ist große Sorge“, sagte der Klinikchef. Die Sorge sei zum Beispiel im Falle einer Vorform der chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) völlig unnötig. „Rund fünf Prozent der Bevölkerung tragen diese Krebszellen in sich, und bei den allermeisten wird dieser Krebs niemals ausbrechen“, sagt Prof. Braess. Erfahren Betroffene aber davon, wird die Nebenwirkung dieser Diagnose große Sorge oder Angst sein. Hier sollte im Gespräch mit einem Spezialisten eine realistische Einschätzung erfolgen.

Anlass zur Sorge besteht allerdings, wenn Warnzeichen für ein malignes Lymphom auftreten. Neben dem plötzlichen Wachsen von Lymphknoten an Hals, Achsel oder den Leisten (das kann bis zu Apfelsinengröße gehen) gibt es drei Warnzeichen, deren gleichzeitiges Auftreten Beachtung finden sollte: Fieber ohne Anzeichen für eine Infektion, das Auftreten von Nachtschweiß in der Massivität von mehrfach durchgeschwitzten Schlafanzügen und ein ungewollter Gewichtsverlust von mehreren Kilogramm innerhalb weniger Monate.