Militär
Wie der Panzer in den Garten kommt

Die private Übung mit einem Leopard I in Roding schlägt hohe Wellen. Besitzer Thomas Paa hat aber legale Papiere.

22.09.2010 | Stand 16.09.2023, 21:07 Uhr

LANDKREIS.Der Unfall mit einem privaten Kampfpanzer Leopard 1 auf dem Truppenübungsplatz in Roding schlägt hohe Wellen. Der Panzer war an einer Kreuzung von der Straße abgekommen und hatte eine dicke Birke geknickt, die auf den Turm gestürzt war, auf dem sich Personen befanden (wir berichteten).

Darf mein Nachbar einfach mit einem Panzer rumfahren? Das haben einige unserer Leser gefragt. Die Antwort gibt Oberregierungsrat Norbert Wittmann vom Landratsamt: Nein, darf er nicht! Es gibt nach Recherchen des Bayerwald-Echos vier Leopard 1 Kampfpanzer im Landkreis Cham in Privatbesitz. Dafür erteilt das Landratsamt keine Straßenzulassung. Aber in den Garten stellen darf man sich so etwas grundsätzlich.

Das beweist Thomas Paa aus Paadorf bei Rötz. Er ist legaler Besitzer einiger Panzer. Es ist der Leo 1 von Paa, der in Roding verunglückt ist. „Es war ein Bedienungsfehler des Fahrers“, ist sich Paa sicher. Er saß daneben, als das 40 Tonnen schwere Fahrzeug die Birke wie ein Streichholz knickte. Am Freitag wird ein Sachverständiger der Staatsanwaltschaft, unterstützt von einem ehemaligen Mechaniker der Bundeswehr, den Panzer überprüfen. Paa ist froh darüber: „Ich bin sicher, dass sich herausstellt, dass damit technisch alles in Ordnung ist.“

Mehr will der Besitzer nicht sagen, solange die Ermittlungen nicht abgeschlossen sind. Nur so viel: „Es ist alles legal zugegangen.“

Das Bundesverteidigungsministerium hat derzeit eigene Ermittlungen eingeleitet. Der Traditionsverband des ehemaligen Panzeraufklärungs-Bataillons 4 in Roding, dem Paa angehört, hat den Transport des Panzers angeleiert. Oberstleutnant Andreas Pickel verantwortet die private Übung als Standortältester. „Der Traditionsverband hat angefragt, das war ordnungsgemäß angemeldet und wir hatten nichts dagegen.“ Auch der Transport des Panzers wurde von der Bundeswehr finanziert.

LANDKREIS.Die Argumentation von Wilhelm Wiederhold (Traditionsverband) und dem Standortältesten deckt sich: „Das war eine Schwertransport-Übung.“ Deshalb habe auch das Logistikzentrum in Wilhelmshaven den Spezialtransporter geordert, die Feldjäger und die Polizei zur Begleitung bestellt.

Das bestätigt Georg Bayerl von der Inspektion Cham, der selbst an drei Bundesstraßenbrücken den Gegenverkehr angehalten hatte, damit der Schwertransport in Alleinfahrt queren konnte. Die Kosten trägt die Bundeswehr. Presseoffizier Hagen Messer von der 10. Panzerdivision in Sigmaringen bestätigt das, sagt aber auch, dass die Frage, ob es sich um eine angemessene Entscheidung des Standortältesten gehandelt habe, derzeit von der Bundeswehr ermittelt wird.

Der Panzer befindet sich legal im Besitz von Thomas Paa. Allerdings hat das Fahrzeug einen Schönheitsfehler, der jetzt zu Ermittlungen wegen Kennzeichenmissbrauchs führt - eine Straftat. Nach Recherchen des Bayerwald-Echos ist der Panzer nicht vorschriftsmäßig verschrottet worden. Deswegen wurde er an Paa mit dem Original-Kennzeichen der Bundeswehr ausgehändigt.

Auch der Weg des Panzers liegt im Dunkeln, wofür der Besitzer allerdings am wenigsten kann. Er hat offiziell vom Bundeswirtschaftsministerium die Erlaubnis für den Ankauf eines Fahrgestells von einem Leopard 1A5 erhalten. Ein verbündeter NATO-Staat hatte eine ganze Anzahl dieser Panzer 1997 von der Bundesrepublik ankaufen wollen, dann aber nur die Geschütztürme tatsächlich übernommen. Die Firma Krauss-Maffei-Wegmann sollte die Fahrgestelle verschrotten.

Zur selben Zeit muss Paa einen Antrag auf Kauf eines fahrfähigen Leopard 1-Kampfpanzers gestellt haben. Inzwischen hatte Krauss-Maffei-Wegmann aber die Verschrottung an einen „Sub-Sub-Sub-Unternehmer weitergegeben“, so die Quelle des Bayerwald-Echos. Der gab das Fahrgestell heraus, ohne die Nummer zu entfernen. Allerdings ist nachweislich die Bugplatte mit Weichmetall ersetzt worden. Das ist Vorschrift, um der Polizei bei einer möglichen Amokfahrt den Durchschuss auf den Fahrer zu ermöglichen. Der Panzer gilt seitdem offiziell als „Fahrzeug auf Ketten“.

Als Anfang 1990 das Bundesamt für Wehrbeschaffung sein Verwertungs-Management umstellte, verschwanden zahlreiche Unterlagen. Darunter auch die des Panzers von Thomas Paa. So weiß heute keiner mehr, wo der Panzer tatsächlich herkommt. Den Geschützturm hat der Besitzer im Rohzustand vom Schrotthändler angekauft. „Die lagen Anfang der 90er rum. Heute ist das anders“, bestätigt Presseoffizier Hagen Messer. Die 105 Millimeter-Kanone ist eine Attrappe.