Mundart
Wimmerl, Bletzen und Bluadblodern

Ein paar weitere Ausdrücke für unangenehme Veränderungen auf der Haut

15.07.2010 | Stand 15.07.2010, 18:59 Uhr

Den Menschen kann ein „Oass“ (Eiß, Abszess) peinigen oder es fährt ihm ein Mords-„Binkel“ auf, wenn ein „Brem“ (eine Bremse) bei ihm Blut gesaugt hat. Bei Berührung von Brennnesseln zeigen sich weißlich-gelbe Bläschen auf der Haut. Wer auf gewisse Stoffe, Früchte oder Bestandteile von Speisen allergisch reagiert, bei dem bildet sich im Gesicht oder auf anderen Hautpartien ein Ausschlag mit kleinen Bläschen oder Pusteln. So sagt man jedoch im Dialekt nicht, sondern „Blàserl(n), Wimmerl(n)“ oder „Suierl“. Die Grundbedeutung von „Wimmerl“ ist ‚sich hervorwölbende Erhebung‘. Man versteht, dass daher auch das Gürteltäschchen von Wanderern, Bergsteigern und Skifahrern, in dem sie Proviant und Erste-Hilfe-Utensilien bei sich tragen, so genannt wird.

„Suial“ leitet sich von sauer ab

Mittelhochdeutsch „wimmer“ bezeichnete sowohl einen ‚knorrigen Auswuchs an einem Baum‘ als auch ‚Warze‘. So kann, zuerst spöttelnd vergeben, der geläufige Familiennamen „Wimmer“ entstanden sein (daneben kommen auch andere Herleitungen in Betracht). „Wimmerl(n)“ – die nord- und mitteldeutsche Bezeichnung dafür ist „Pickel“ – haben unterschiedliche Ursachen; die Erreger von „Suierln“ sind zweifelsfrei die Herpes-Viren. Weil intensive Sonneneinstrahlung zu Herpesbläschen auf den Lippen führen kann, werden sie „Hitzwimmerl“ genannt. Auch Ekel kann der Auslöser sein: „Wenn’s ihr vor’m Masskrug graust, trinkt’s ned draus, sunst fahrt ihr glei a Suial auf.“ Man hielt solche Pusteln offenbar für die Auswirkung von Übersäuerung der Körpersäfte (mittelhochdeutsch „siure“, zu „sûr“ (sauer); die Verhochdeutschung von „Suial“ wäre „Säuerlein“). Derb witzig klingt „Fotz-Bladern (Fozblodan)“, ein anderer Ausdruck für diese lästige Erscheinung. Sehr störend ist ein ‚Gerstenkorn‘ am Augenlid. Eine solche eitrige Entzündung einer Wimpern-Haarbalgdrüse heißt im Bairischen „Wern“, auch „Werl, Querl, Quern“ oder „Wernäugl (-aigl), Wernlöchl“. Mit „Wern“ (schriftdeutsch „Werre“) bezeichnet man auch die ‚Maulwurfsgrille‘, ein gefürchtetes Schadtier, das den Boden zerwühlt und Pflanzenwurzeln abfrisst.

Jegliche ‚Blase‘ heißt im Dialekt „Bladern (Blodan)“. Die als Folge von Reibung, Quetschung oder Verbrennung unter der Oberhaut entstehenden Blasen sind „Wasser-, Blut-, Brandbladern“; der norddeutsche Ausdruck dafür ist „Quaddeln“. Sind die Schuhe zu eng oder zu weit, schwitzen die Füße, so wetzt man sich auf, reibt sich wund – „auffickeln, auffretten“ sind die treffenden Mundartwörter dafür – und an der Ferse bilden sich „Blodan“. Die „Saubladern“ gibt es selbstverständlich auch, die Harnblase des Schweins. Man verwendete sie ehedem für verschiedenste Zwecke. Von einem gewissen Pfarrer Tremmel ist überliefert, dass er in der Sakristei allzeit „eine Saubladern voll Schnupftabak“ gehabt hat. Eine Feststellung wie „De Tapetn wirft Blodern“ zeigt, dass mit „Bladern“ auch Ausbeulungen, Ausbuchtungen jeglicher Art bezeichnet werden. Das Verb „bladern (blodan)“ steht für ‚Blasen werfen, pludern, flattern‘. Mit bairisch „Bladern“ lebt das in früheren Sprachstufen belegte Wort „blâtra, blâtere“ (Blase, Pocke) fort, das zu schriftdeutsch „Blattern“ führte, einer veralteten Bezeichnung für ‚Pocken‘ (“blatternarbig“).

Wenn es juckt, dann „beißt“ es

Bei Insektenstichen oder wenn sich ein Zeck („der Zeck“, nicht „die Zecke“) in die Haut gebohrt hat, entsteht heftiger Juckreiz, es „beißt“. Mit „der Beiß“ ist ‚juckender Ausschlag‘ gemeint. Obwohl man es besser nicht tun sollte, fängt man an zu kratzen, wofür gern „krällen (gràlln, gràin)“ oder auch „scharren (schoan)“ gesagt wird, bis die Stelle blutet. Das Verb ‚bluten‘ tritt mundartlich meist mit Umlaut auf: „bliattn / bläittn“ ‹ „blüeten“.

Als Vorstufe des Abheilens trocknet das Blut zu einer Kruste ab. „Bletzn, Bleschn“ oder „Rufern“ heißt der Wundschorf. Großflächiger entsteht ein „Rufernschmarrn“. Abfällig werden auch die Akne-Pusteln, die das Gesicht vieler Jugendlicher in der Pubertät verunstalten, so genannt. Weitere unangenehme Hautveränderungen sind „Bàmhàckl“ und „Zitrach(en) (Zidraacha)“. Mit „Bàmhàckl“ bezeichnet man entzündete Hautrisse, Schorf an Waden oder Armen, die bei mangelnder Reinlichkeit schwer heilen und zu Ekzemen werden. „Moana denn Sie, mit Eahnam Bamhackl-Teint wern Sie a Schauspielerin?“ heißt es in einer Szene von Karl Valentin. „Zitrach(en), Zitroch“ ist ein flechtenartiger Hautausschlag oder ein Ekzem. Die Volksmedizin empfiehlt als Heilmittel das Auflegen von zerquetschten Blättern der Hauswurz. Dem alt- bzw. mittelhochdeutschen „zittaroh, ziteroch“ entspricht im Englischen „tetter“ (Flechte); der indogermanische Wortstamm „dedru-“ ist auch in anderen Sprachen in Bezeichnungen für Hautkrankheiten vertreten.