Geschichte
Zeitzeugen werden gesucht

Peter Lehmeyer ist seit acht Jahren im Archiv der Stadt Parsberg tätig. Nun bittet er die Parsberger um Mithilfe.

19.10.2021 | Stand 15.09.2023, 23:51 Uhr
Vera Gabler
Peter Lehmeyer mit den einzelnen Fotos −Foto: Vera Gabler

Was nützen alte Fotografien mit Menschen und Gebäuden, wenn man nicht weiß, wer die Person ist beziehungsweise wo die Gebäude gestanden sind. Das hat sich jüngst Peter Lehmeyer gedacht, als er aus einem Nachlass Fotografien bekam, die dokumentierten, wie Menschen ihre Häuser verlassen mussten, damit die Amerikaner den Truppenübungsplatz erweitern konnten.

Der heute 75-Jährige erinnert sich selbst noch, dass in seiner Kindheit die Amerikaner in Hörmannsdorf unterwegs waren. Den Erzählungen nach muss es 1951 gewesen, als die US-Armee auf eine Erweiterung des Übungsplatzes Hohenfels drängte und die Menschen innerhalb von drei Monaten ausgesiedelt werden mussten. Gleich am Anfang des Ordners, in den er die Bilder nun eingeheftet hat, sieht man ein abfotografiertes Plakat von der Protestkundgebung am 23. September mit Bundestagsabgeordneten Walter Fisch und dem Motto „Heimat wird lassen dich nicht“.

Rund 3200 Menschen mussten ihre Heimat aufgeben

Die nächsten Fotos zeigen bereits Menschen, die mit Lastwagen ihr Hab und Gut wegfahren. Ebenso sind auch Bauern auf dem Feld zu sehen, die Stroh aufladen. „Es wäre schön, wenn ich dazu Namen hätte“, erklärt Lehmeyer. Rund 3200 Menschen mussten damals ihre Heimat aufgeben, das Gasthaus Forster in Lutzmannstein musste geschlossen werden, die Kirchen wurden ausgeräumt.

Bilder zeigen Wohnhäuser mit einer Bank davor, auf der Rückseite des Bildes finden sich manchmal Namen wie Höllrigl, Schaller und Grundel. Auch die Ortsnamen wie Griffenwang, Judeneidenfeld, Pielenhofen, Breitenwinn, Kircheneidenfeld, Kittensee, Schmidheim und Hühnerberg kann Lehmeyer zwar entziffern, aber nicht zuordnen. Aus den Erzählungen seiner Familie weiß er von dem großen Tanzsaal „Sommerfrische“ in Schmidheim, in den Gäste bis aus Regensburg und Nürnberg kamen. Die Gäste übernachteten dann im Gasthaus.

1951: Erinnerung: Zur Person:
Rund 3200 Menschen mussten damals aussiedeln, damit die US-Soldaten mehr Platz für Übungen hatten.Bilder, die damals gerettet wurden, sind nun im Archiv der Stadt Parsberg gesammelt worden.Peter Lehmeyer möchte gerne noch ein paar Daten vervollständigen und freut sich über jede Info unter Telefon (09492)5884 oder, um sich treffen zu können.

Lehmeyer blättert weiter und zeigt auf den Wasserleitungsbau in Geroldsee. „Das Material wurde vor der Aussiedlung wieder ausgegraben“, ergänzt er. Ebenfalls zu sehen ist das damalige Plakat „WVG Hörmannsdorf“ oder der Lastwagen des Fuhrunternehmers Thomas Send. „Was haben die Menschen mitgemacht, leben sie noch?“, sind Fragen, die sich Lehmeyer stellt.

Heimatorte konnten ab 1976 wieder besucht werden

Er kenne zwar ein paar Zeitgenossen, die schon gut 80 Jahre alt sind. Die habe er schon gefunden, sie hätten ihm bei ein paar Zuordnungen helfen können. Aber das reicht Lehmeyer nicht. Wenngleich er sich auch im Klaren ist, dass wahrscheinlich so manches Detailfoto auch nicht mehr genau bestimmt werden kann. Auch Kirchenbilder hat Lehmeyer in dem Fundus, vielleicht könne man ja noch ergänzen, wo welcher Altar auch heute noch Verwendung findet. Oder vielleicht weiß jemand, wer der „Wurzelsepp“ von Weidenhüll zum Beispiel ist.

Eine weitere Info, die Lehmeyer bekannt ist, ist, dass es 1976 erstmals wieder möglich wurde, die Heimatorte von Vertriebenen zu besuchen. Man habe nicht mehr viel gesehen, Häuser seien abgebrannt gewesen und die Kirchen waren Ruinen. Aber genau diese Erzählungen sind Lehmeyer wichtig: „Es wäre schon schön, wenn sich das eine oder andere Haus oder Personen noch zuordnen ließen. Dann wären die Weitergabe des Nachlasses und das Ordnen der Bilder nicht ganz umsonst gewesen.