Soul
Zorniger Aufschrei, musikalischer Notruf

Elvira Isabella Trimis’ selbstproduzierter Song „We want music“ transportiert Gefühlslage vieler ausgebremster Musiker.

26.02.2021 | Stand 16.09.2023, 4:14 Uhr
Michael Scheiner
Elvira Trimis überzeugt mit ihrer kraftvoll-souligen Altstimme. −Foto: Michael Scheiner

Elvira Trimis brütete gerade über einer Aufgabe, die sie vom Music College bekommen hatte, als die Textzeile „It’s time to be free“ wie von selbst in ihrem Kopf herumschwirrte. Eigentlich sollte sie Tongeschlechtswechsel üben, über Kopfhörer war gerade h-Moll dran. Dann hatte sie unvermittelt diese Idee, an der die Sängerin – statt zu lernen – gleich weitermachte. „…it’s time to be loud“, klang es schon richtig kämpferisch und führte zum Grundgedanken: „bring back the music back to the crowd“.

Seit einem Jahr ausgebremst

Es dauerte keinen ganzen Tag und die Musikstudentin hatte Text und Komposition für den Song „We want music“, also „Wir wollen/verlangen Musik“, fertig. Wie alle, die aktiv Musik machen, ist Trimis praktisch seit einem Jahr ausgebremst, hatte in dieser Zeit keinen einzigen Live-Auftritt und keinen Kontakt zu Zuhörenden. Dabei singt die 40-Jährige seit Jahren in einem Gospelchor und hat seit 2015 zusammen mit dem Gitarristen Jürgen Stern das akustische Duo Finally.

Beim Bürgerfest trat sie mit diesem bereits auf großer Bühne auf und gewann beim 4. Straßenmusikwettbewerb 2018 im Leeren Beutel in den Kategorien bester eigener Song und Publikumsliebling. Damals hatten die beiden begonnen, eigene Songs zu schreiben, die ihr Programm aus Jazzstandards und Rockballaden ergänzten.

E-Piano:Produktion:
Die besten Ideen für neue Songs hat Elvira Trimis bei Hausarbeiten. Ihr dreiminütiger Anti-Lockdown-Song „We want music“ ist aber am E-Piano entstanden. Später hat sie sämtliche Stimmen selbst produziert.Ebenso hat Elvira Trimis das sehenswerte Video zum Song selbst aufgenommen. Dieses ist auf Elli.Tes, wie sie sich mit Künstlernamen nennt, YouTube-Kanal zu finden unter: youtube.com/watch?v=kX-0AiPVA4I

In Clubs von Sarajewo gesungen

Talent und Leidenschaft für das Singen begleiten sie seit frühester Kindheit, als sie bereits mit dem Vater, einem ausgebildeten Sänger, in Clubs und kleinen Lokalen von Sarajewo gesungen hat. Abends, wenn ihr Mann zu Hause ist, der sie bei ihrem mutigen Schritt in die Ungewissheit bestärkt hat und sie nach Kräften unterstützt, setzt sie sich an ihr Keyboard und probiert neue Ideen aus. Diese „kommen mir von alleine, beim Spülen oder Wohnung sauber machen“, reagiert sie leicht verwundert auf die Frage, wie lange sie sich für etwas Neues hinsetzen muss. „Ich spring dann oft zum Tisch und singe die Melodie oder den Text ins Handy“, lacht sie, „sonst würde ich es wahrscheinlich wieder vergessen“.

Genauso spontan und ohne langwierige Tüftelei ist auch ihr aktueller Song „We want music“ entstanden. Musikalischer Notruf und zorniger Aufschrei in einem, plädiert Trimis gegen den kulturellen Stillstand und für ein Wiederzulassen von Musik auf Straßen und Bühnen und einer Begegnung der Menschen untereinander. „They want the music back to their hearts“, sie wollen die Musik wieder in ihren Herzen spüren, singt sie auf dem Video, welches die leidenschaftliche Musikerin von vorne bis hinten allein eingespielt, aufgenommen und produziert hat. Mit einer kraftvoll-souligen Altstimme, die das Zeug für ein weiteres Soulwunder aus dem Music-College-Stall hat.