Politik
Aiwanger ärgert sich über die Spötter

Kabarettistenwitze über seinen Dialekt hat der Wirtschaftsminister satt. Bei seinem Nein zu den Flutpoldern bleibt er.

01.02.2019 | Stand 16.09.2023, 5:50 Uhr

Hubert Aiwanger im Regensburger Presseclub Foto: Lex

Mit Verspätung eilt der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger am Donnerstagabend in den gut besuchten Regensburger Presseclub. Eine Verschnaufpause braucht der 48-Jährige nicht. Er setzt sich ans Mikrofon und peitscht viele Themen durch, die die Bürger umtreiben: Hochwasserpolder, Stromtrassen, Tempolimit, Diesel, Brexit.

Aiwanger gilt zurecht als Schnellredner. Man fragt sich, wann er Luft holt. Seinen niederbayerischen Zungenschlag hat er abgerundet. Er wirkt bodenständig und lösungsorientiert.

„Wir sind bürgernah, pragmatisch und praktisch.“Hubert Aiwanger

Als ihn Presseclub-Vorsitzender und MZ-Chefredakteur Manfred Sauerer fragt, für was die Freien Wähler stehen, sagt Aiwanger denn auch: „Wir sind bürgernah, pragmatisch, praktisch, weiter weg von den Konzernen. Wir denken vom Ziel, nicht von der Ideologie her.“

Ein wenig sensibel kommt der langjährige Politiker rüber, als ihn eine Zuhörerin fragt, ob ihn die Kabarettistenwitze über seinen Dialekt nerven. Ja, ein bisschen störe es ihn schon, dass er mit „primitiver Sprache“ und bäuerlich dargestellt werde. Als ob er hinter den sieben Bergen wohne. „Aber lieber ein Klischee als keines.“

Moderator Rüdiger Nowak vom Bayerischen Rundfunk steigt mit einer saloppen Frage ein. 2008 sei Aiwanger mit den Freien Wählern in den Landtag eingezogen, 2018 in die Regierung. „Was ist 2028?“ Hubert Aiwanger kündigt an, die Partei werde bis dahin „im Bundestag ankommen“.

Dann geht Nowak zu den schwierigen Fragen über. Beim Thema Hochwasserschutz bekräftigt Aiwanger sein Nein zu Poldern bei Eltheim und Wörthhof im Landkreis Regensburg. Aufwand und Nutzen stünden in keinem Verhältnis. „Wir konzentrieren uns bisher nur auf die Polder, aber ich will mehr Geld für den dezentralen Hochwasserschutz einsetzen“, sagt der Wirtschaftsminister.

„Ich sehe meine Kinder in der Regel drei bis vier Mal in der Woche“Hubert Aiwanger

Seit 80 Tagen wirkt der Niederbayer im Kabinett Söder mit. Er sagt, er sei sehr gern in der Regierung, weil er viel mehr Handlungsmöglichkeiten habe. Einige Dutzend Entscheidungen fällt er am Tag. Mit Koalitionspartner CSU laufe es „wirklich wunderbar“. „Wir haben uns zurzeit alle lieb.“ Den Tourismus sieht der Minister als Riesenchance, mehr Geld nach Bayern zu holen. Er hat vor, den ganzen Freistaat zu bewerben. „Bayern ist größer als Neuschwanstein.“

900 weiße Flecken auf der Mobilfunkkarte

Von den 2056 Gemeinden wiesen 900 weiße Flecken im Mobilfunknetz auf. Aiwanger verspricht, bis 2020 an den Autobahnen, ICE-Strecken und Bundesstraßen flächendeckende Verbindungen zu schaffen. Die Energiewende sei eine große Herausforderung. Er verlangt von Konzernen wie Tennet, dass die geplante Stromtrasse Südost-Link erdverkabelt wird. An sich lehnt der Freie Wähler aber die großen Eingriffe in die Landschaft ab. Im Presseclub sagt er, dezentrale Lösungen mit Gas- und Blockheizkraftwerken sowie Photovoltaik wären ihm lieber. „Ich glaube, dass die Stromtrasse am Ende nicht kommt.“

Aiwanger will kein Tempolimit und das Volksbegehren „Artenvielfalt“ wird er nicht unterschreiben, weil es die Bauern zu stark gängle.

Transaktion mit Staatsanleihen: Legal und okay?

Moderator Nowak wirft ihm vor, dass die FW Staatsanleihen für 1,5 Millionen Euro gekauft und kurz darauf wieder verkauft hätten, um die Partei zu finanzieren. Der Hintergrund: Aufgrund der Transaktion erhielten die FW Staatszuschüsse. „Es ist legal, aber ist es auch okay?“, will Nowak wissen. Dazu meint Aiwanger, die Freien Wähler nähmen keine Spenden von Großkonzernen an und besäßen keine Immobilien zum Verkauf. Deshalb habe man so gehandelt. „Ich würde mir wünschen, dass die Parteien anders finanziert werden.“

Beim Thema Brexit plädiert er dafür, dass die EU der britischen Regierungschefin Theresa May entgegenkommen solle. Die Austritts-Hängepartie schade der EU-Wirtschaft. Aiwanger kritisiert die „Autofeindlichkeit“ bestimmter Politiker. „Wir dürfen die Autoindustrie nicht beschädigen“, fordert er.Doch die Diesel-Nachrüstung müssten die Konzerne tragen. Er will sich dafür starkmachen, dass neue Antriebe und autonomes Fahren politisch gefördert werden.

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