Musik
Der Automat an der Orgel

In Bayern mangelt es vielen Kirchengemeinden an Musikern. In der Oberpfalz hat man rechtzeitig vorgebeugt.

12.06.2018 | Stand 16.09.2023, 6:07 Uhr
Lisa Pfeffer

Den so genannten Orgamaten steckt man einfach auf die Tasten der Orgel. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Anton Holzapfel hat etwas erfunden, das nicht jedem bei der katholischen Kirche gefällt. Es ist ein Aufsatz für die Orgel, der das Instrument zum Spielen bringt. Seine „Organola“ ist eine Art Orgelspielautomat (kurz: Orgamat). Er soll ein Problem von Pfarrern und Kirchen lösen: den Organistenmangel. Denn vor allem auf dem Land sind Kirchenmusiker rar.

Der Tüftler aus Schwaben kennt das Problem aus seiner eigenen Gemeinde Ziertheim-Reistingen im Landkreis Dillingen an der Donau. „Wir haben hier eine Organistin, die mehrere Gemeinden bespielt“, sagt der Ingenieur. Er selbst sei auch Organist – aber kein guter“, und habe sich deshalb mit dem Instrument beschäftigt. „Ich habe gegrübelt, wie man das Problem lösen könnte“, sagt Holzapfel.

Hier sehen Sie im Video, wie der Orgamat funktioniert:

1993 meldet er schließlich das Patent für seine Erfindung an. Mittlerweile gebe es einen Mitbewerber aus Köln auf dem Markt, sagt Holzapfel. Mehr als 250 Gemeinden hat der Tüftler bereits mit der „Organola“ beliefert. Auch immer mehr Klöster würden das Gerät nachfragen, sagt der 59-Jährige. Bis zu 9 000 Euro kostet so ein Aufsatz.

Die Oberpfalz kann nicht meckern

Im Raum Regensburg ist Holzapfels Erfindung bislang noch nicht nötig. „Im ganzen Gebiet der Diözese Regensburg, welches ja von Selb bis Landshut reicht, sind mir vielleicht zwei oder drei Orgamaten bekannt, irgendwo“, sagt Christian Dostal, Diözesanmusikdirektor. In der Region wird nämlich vorgesorgt – mit einer Ausbildungs-Offensive.

Bei Tirschenreuth und in der Gegend Neustadt an der Donau wurden extra zwei Stellen geschaffen, um Organistennachwuchs auszubilden. Und dort kann man sich vor Schülern kaum retten. „Wir sind noch gut versorgt“, sagt Dostal. „Auch hier werden die Organisten allgemein weniger. Aber es gibt auch weniger Gottesdienste. Dadurch fällt das nicht so auf.“ Da das Problem mit den ganzen Ausbildungs-Maßnahmen schon an der Wurzel bekämpft wird, hat er auch langfristig keine Bedenken.

„Es gibt wieder mehr Anmeldungen für ein Kirchenmusikstudium und solange genug Orgelspieler ausgebildet werden, ist es ja kein Problem“Kunibert Schäfer, Orgelsachverständiger der Diözese Regensburg

Auch Kunibert Schäfer, Orgelsachverständiger der Diözese Regensburg sieht das Thema in der Region weniger brisant. „Es gibt wieder mehr Anmeldungen für ein Kirchenmusikstudium und solange genug Orgelspieler ausgebildet werden, ist es ja kein Problem“, sagt Schäfer. Man versuche das auch dadurch zu fördern, indem man Kirchenmusiker zusätzlich bezahlt, wenn sie anderen Unterricht geben.

Technische Alternativen sorgen für Unmut

Auch bei der jährlichen Internationalen Orgelwoche in Nürnberg (ION), die gerade stattfindet, seien Orgelführungen bei Schülergruppen sehr gefragt, sagt eine Sprecherin. Die evangelische Landeskirche in Bayern berichtet ebenfalls von regem Interesse an der Ausbildung zum Organisten. Die Zahl der abgelegten Prüfungen für das sogenannte kirchenmusikalische Nebenamt seien gestiegen, sagt ein Sprecher.

Und das sei auch gut so. Denn: Viele Kirchenvertreter zeigen sich wenig begeistert von einer Selbstspieleinrichtung. „Fürchterlich“ findet das Diözesanmusikdirektor Christian Dostal aus Regensburg. Der Gottesdienst sei etwas lebendiges, da passe eine Maschine einfach nicht rein. Sein Kollege Markus Willinger, Diözesanmusikdirektor im Bistum Bamberg fragt sich: „Gibt es nach dem Orgamaten auch bald auch einen „Pristomaten“, wenn der Pfarrer fehlt? Und schicken die Menschen dann den „Gemeindomaten“ in die Messe, weil sie selbst keine Lust haben, den Gottesdienst der Automaten mitzufeiern?“ Dagegen wehrt sich der Erfinder des Orgamaten. „Sie soll den Organisten nicht ersetzen, ich will damit niemanden verdrängen - nur Musik in die Gotteshäuser bringen.“

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