Medizin
Diese Spende kann Leben retten

Herz, Krebs und Seltene Erkrankungen: Für einen Forschungsbau braucht das Uniklinikum die Unterstützung der Bevölkerung.

22.05.2021 | Stand 16.09.2023, 3:00 Uhr
Drei Forschungsbereiche unter einem neuen Dach: Prof. Dr. Lars Maier, Prof. Dr. Selim Corbacioglu und Prof. Dr. Mark Berneburg (v. l.) stehen an der Spitze der Spendenaktion am Uniklinikum. −Foto: Stöcker-Gietl

Ute Denk wollte mit ihrem Enkel ins Kino. Damals vor drei Jahren. Schon auf dem Weg zur Vorstellung fühlte sie sich komisch. Ein Schmerz, wie sie ihn zuvor nie in ihrem Körper verspürt hatte. Nur Stunden später schwebte die heute 81-Jährige zwischen Leben und Tod. Das Universitätsklinikum Regensburg war ihre Rettung. Und die mobile Herz-Lungen-Maschine ECMO, die hier entwickelt und in der Corona-Pandemie einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde. Ohne diese PionierarbDiese Spende kann Leben retteneit Regensburger Forscher hätte Ute Denk das sogenannte Broken Heart Syndrom wohl nicht überlebt. Diesen hohen Standard in der Forschung will das Uniklinikum in den kommenden Jahren deutlich ausbauen. Dafür braucht es aber die Unterstützung der Bevölkerung.

D7 wird das neue Gebäude heißen, das ab etwa Mitte der 2020er-Jahre einen Teil der medizinischen Forschung auf dem Klinikgelände beheimaten soll. Ein längst überfälliger Bau, wie Prof. Dr. Lars Maier, der Vorsitzende des Universitären Herzzentrums Regensburg, sagt. Bislang waren die Wissenschaftler teilweise in Behelfsgebäuden untergebracht. Eine Übergangslösung, die auf zehn Jahre ausgelegt war und nach 20 Jahren immer noch Bestand hat. „Das erfüllt nicht mehr die Anforderungen moderner Forschung und ist auch von der Fläche längst nicht mehr ausreichend“, so der Direktor der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II. Deshalb trommeln Maier und seine Mitstreiter Prof. Dr. Mark Berneburg und Prof. Dr. Selim Corbacioglu nun für die gute Sache. Unterstützt mit Spenden aus der Bevölkerung soll künftig ein 2000 Quadratmeter großer Bau für die Erforschung neuester Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen. Zudem soll der Medizinstandort Regensburg auch international noch mehr Beachtung finden und in Kooperationen mitwirken. Die Forschungsaktivitäten dreier medizinischer Fachbereiche werden unter dem Dach zusammengeführt: Seltene Erkrankungen, Pädiatrie mit dem Schwerpunkt Pädiatrische Hämatologie, Onkologie und Stammzelltransplantation sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

„Sowohl Patienten mit Seltenen Erkrankungen und Herzerkrankungen als auch Kindern mit einer schweren Krebserkrankung kommt Spitzenmedizin in besonderem Maße zu Gute. Die Forschung für diese Menschen nachhaltig voranzubringen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, für die ich mich gern einsetze.“Schauspieler Marcus Mittermeier

Wie wichtig interdisziplinäre Zusammenarbeit zum Wohle des Patienten ist, hat Ute Denk erfahren. „Es ist ein Geschenk, dass ich mein Herz nicht verloren, sondern zurückgewonnen habe.“ Das Takotsu­bo-Syndrom oder Kummerherz, wie ihre Krankheit auch genannt wird, wird durch eine schwere psychische Belastungssituation ausgelöst und gehört zu den seltenen Herzerkrankungen. Der Herzmuskel stellt seine Pumpleistung ein, die Symptome ähneln einem Infarkt.

Kinder nahmen schon Abschied

Es war Ute Denks Glück, dass sie schon vor dem Zusammenbruch eine Herzuntersuchung am Uniklinikum hatte und deshalb die Zusammenhänge sofort erkannt wurden. Es war ebenso Glück, dass die ECMO schon damals per Rettungshubschrauber aus Regensburg zu den Patienten gebracht wurde. Und es war Glück, dass die Mediziner am Klinikum Kaufbeuren, die nicht mehr weiterhelfen konnten, die Patientin nach Regensburg vermittelten. So gelang es, das bereits fortschreitende Multi-Organversagen noch zu revidieren. Zwei Mal standen ihre Kinder an ihrem Bett, um sich von ihr zu verabschieden, sagt Ute Denk und man hört, dass ihr das bis heute nahe geht. Doch nach zehn Tagen wendete sich das Blatt und die agile Niederbayerin erholte sich vollständig. „Da ist mir sehr bewusst geworden, wie wichtig so eine Einrichtung wie das Universitätsklinikum ist.“

Bau: Spendenkonto:Auftakt: Unterstützer:
In den kommenden fünf Jahren soll das Forschungsgebäude D7 mit Laboren, Büro- und Seminarräumen errichtet werden. Das Universitätsklinikum benötigt dafür eine Anschubfinanzierung, für die sie auf die Unterstützung aus der Bevölkerung angewiesen ist.Universitätsklinikum Regensburg, IBAN: DE52 7505 0000 0780 0105 00, Verwendungszweck: Spende Forschungsbau D7. Weitere Informationen unter www.ukr.de/d7Ein Benefizkonzert des Universitätsorchesters, bei dem auch Festspielintendantin Katharina Wagner ihre Teilnahme zugesagt hat, soll am 1. August die erste Großveranstaltung zugunsten des Forschungsbaus sein – sofern es die Pandemie-Lage zulässt.Neben Schauspieler Marcus Mittermeier und Festspielintendantin Wagner werben Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer, SSV-Jahn-Geschäftsführer Dr. Christian Keller, IHK-Präsident Michael Matt, MdB Ulrich Lechte (FDP) und MdL Silvia Stiersdorfer (CSU) als Spendenbotschafter für die gute Sache.

Deshalb soll nun auch die Bevölkerung im Rahmen der Spendenaktion für die Tragweite der Forschung bei der Behandlung von Krankheiten sensibilisiert werden. „Die Forschungsgelder würden fließen, aber wir können die Projekte derzeit kaum umsetzen“, bedauert Corbacioglu. Auf Dauer sei eine Notlösung, wie sie seit vielen Jahren am Klinikum herrsche, für die Kinderonkologie „existenzbedrohend“. Deshalb würde sich der Kinderonkologe wünschen, dass in Deutschland die Forschung auch als Investment in die Zukunft begriffen werde. Maier ergänzt diese Aussage um ein aktuelles Beispiel: „Auch der Corona-Impfstoff von BioNTech begann als innovative Forschung an der Uni Mainz.“

Rund vier Millionen Euro Anschubfinanzierung sollen über Spenden für den Forschungsbau gesammelt werden. Letztlich könne jeder in der Region von dieser Forschung profitieren, sagt Berneburg, der allein für das Zentrum für Seltene Erkrankungen aktuell internationale Forschungsgelder im siebenstelligen Bereich auflistet, „die nun in Regensburg ein Zuhause brauchen“. Als Bereiche, die in den kommenden Jahren hier vorangetrieben werden sollen, nennen die Professoren unter anderem die Stammzelltransplantation und die Gentechnologie. So sind derzeit in der Kinderonkologie vier Patienten in Behandlung, die an der sogenannten CRISPR/Cas-Studie teilnehmen. Dabei kann DNA gezielt geschnitten und verändert werden. Die sogenannte Genschere wird an nur sechs Forschungszentren weltweit erprobt. In Regensburg werden aktuell Patienten mit genetisch bedingten Erkrankungen des blutbildenden Systems behandelt. Wichtige Forschungsbereiche sind darüber hinaus auch schwer behandelbare Tumoren bei Kindern (wie zum Beispiel Neuroblastome) und Lymphome.

Aus dem Labor ans Krankenbett

Am Herzforschungszentrum sollen große grundlagenwissenschaftliche Projekte zu Herz- und Lungenerkrankungen und die Covid-Forschung angesiedelt werden. Dabei gehe es auch darum zu verstehen, was in der Zelle vor sich gehe. Die sogenannte Translation liefere Erkenntnisse, die später direkt ans Krankenbett übertragen werden können, so Maier. Am Zentrum für Seltene Erkrankungen stehen die interdisziplinäre Arbeit samt Diagnosetechniken und Therapien im Vordergrund. Auch hier, sagt Berneburg, profitierten nicht nur Patienten mit seltenen Erkrankungen, sondern alle Menschen vom Verständnis, das aus der Forschung für bestimmte Abläufe im Körper gewonnen werden könne.

„Für den Bau des Forschungszentrums für Herz, Krebs und Seltene Erkrankungen setze ich mich sehr gerne ein. Bestehende Krankheiten noch besser und seltene Krankheiten überhaupt zu erforschen und behandelbar zu machen, bietet eine unwiederbringliche Chance zur Rettung von Menschenleben.“Festspielintendantin Katharina Wagner

Noch vor dem Start der Spendenaktion hat das Universitätsklinikum prominente Unterstützer gewonnen. Neben Schauspieler Marcus Mittermeier, der sich als Schirmherr für das Zentrum für Seltene Erkrankungen und in der Vorstandschaft des VKKK (Verein zur Förderung krebskranker und körperbehinderter Kinder) engagiert, ist auch die Leiterin der Wagner-Festspiele Bayreuth, Katharina Wagner, als bekannte Persönlichkeit mit an Bord. Wagner erkrankte 2020 lebensbedrohlich an einer Lungenembolie und lag fünf Wochen im Koma. An der Uniklinik Regensburg wurde die damals 42-Jährige künstlich beatmet. In Regensburg, so offenbarte sie in ihrem ersten Interview nach der Genesung, sei ihr Leben gerettet worden.

Ute Denk geht beim Pressegespräch gleich mit gutem Beispiel voran und übergibt einen Umschlag mit einer persönlichen Zuwendung. Sie hoffe, dass viele es ihr gleichtun werden, sagt sie.