Neue Orgel im Regensburger Dom eingeweiht

22.11.2009 | Stand 22.11.2009, 21:11 Uhr

In Regensburg ist am Sonntag die neue Domorgel eingeweiht worden. Etwa 3000 Zuschauer waren dabei, als der erste Ton auf dem Instrument gespielt wurde. Als größte hängende Domorgel der Welt ist das Rieger-Instrument obendrein ein globaler Superlativ zur Ehre Gottes. Nach siebenmonatiger Bauzeit verfügt der Regensburger Dom über eine große Hauptorgel. Bischof Gerhard Ludwig Müller hat die 1,7 Millionen Euro teure Orgel gestern bei einem Vespergottesdient geweiht. Sie ist die größte und schwerste hängende Orgel der Welt. Eine weitere Besonderheit: Der Organist wird mit einem normalerweise nicht sichtbaren Lift an den Spieltisch in 15 Metern Höhe befördert.

Nie wieder wird ein Besucher des hohen Doms zu Regensburg die Frage stellen müssen: „Wo ist denn hier die Orgel?“ Man konnte bislang die kleine Chororgel nicht sehen. Ihre Pfeifen waren aus Gründen des Denkmalschutzes hinter dem Hochaltar versteckt. Und sie bleiben es auch.

Nun schwebte also die zweite, die große Orgel im Raum, tönte breit mit schmaler Brust. Die nahezu fensterlose Wand des Nordquerhauses habe immer schon auf sie gewartet, sagten gestern ihre Freunde. Es schien, sie hat nur Freunde. Die Menschen drängten sich in „ihrem Dom“, um sie zu begrüßen, die Königin aller Instrumente. Beobachter spürten auch beim Klerus echte Herzensfreude. Hernach, beim kleinen Empfang im Bischofshof, sprach man bei Kartoffelsuppe und Würstchen offiziell von 3000 Besuchern. Mehr kommen auch am Heiligen Abend nicht in die Mette.

Nach dem Schlusssegen stand Domorganist Prof. Franz Josef Stoiber an den Stufen zum Volksaltar. Er strahlte und konnte sich der Glückwünsche nicht erwehren. Unter den Gratulanten waren 45 Orgelbauer der Firma Rieger aus Dornbirn. Sie hatten die Schwalbennest-Orgel, ihrer Hände Arbeit, erstmals im voll besetzten Dom gehört. Der Eindruck war ein triumphaler.

Der Schweizer Bruno Inauen war auch da. „Das ist für mich heute eine Premiere“, sprach er. Seine Firma ist auf den Bau von Seilbahnen spezialisiert. „Inauen-Schätti“ hat in Regensburg den einzigen versenkbaren Orgel-Aufzug der Welt gebaut. Mit Spannung wartete er auf den Moment, als Prof. Franz Josef Stoiber beim ersten Orgel-Konzert im Dom den Fahrstuhl bestieg. Von diesem sagt man bereits, er werde in die Geschichte des Orgelbaus eingehen. Von zwei Minuten Fahrzeit war die Rede gewesen. Manche zählten die Sekunden, die Stoiber brauchte, um zum Orgelspieltisch hochzufahren.

Dass die Königin der Instrumente 37 Tonnen schwer ist, mochte man nicht vermuten. Körperlos schien die Orgel an den vier 16 Millimeter starken Drahtseilen zu hängen. Ihr erster optischer Auftritt war von einer großen Leichtigkeit und Dynamik, als hätten sie die Baumeister der Gotik vor 700 Jahren entworfen. Als ihr Domorganist Prof. Franz Josef Stoiber bei der Vesper im Dom Leben einhauchte, brauste sie „wie das Rauschen gewaltiger Wassermassen“ und „das Rollen mächtiger Donner“, Worte aus der Offenbarung des Johannes, die Dr. Gerhard Ludwig Müller in seiner Predigt zitiert hatte.

Der Bischof bezeichnete die historische Orgelweihe im Dom als einen „vollendenden Höhepunkt“ im Dienst an der Verherrlichung Gottes. Er zitierte Franz Liszt mit dem Satz, Regensburg sei die Hauptstadt der Kirchenmusik. „Mit dem Dreigestirn Domspatzen, Katholische Hochschule für Kirchenmusik und Regensburger Domorgel wird die Bischofsstadt Regensburg diesem Ruf gerecht.“ Kirchenbesucher waren überrascht, dass er die Predigt vom Blatt las.

Es war Christkönigstag. Die Zahl 7 stand im Raum, eine heilige Zahl, die Zahl der Vollendung. 700 Jahre Geschichte des Doms wurden mit der Orgelweihe gekrönt, an Christkönig vor sieben Jahren wurde der Münchner Prof.

Dr. Gerhard Ludwig Müller als Bischof von Regensburg installiert. Mit allem vorstellbaren Glanz, der der katholischen Kirche zur Verfügung steht, wurde am Tag dieses Jubiläums das Ereignis der Orgelweihe in der Kathedrale zelebriert. Bannerträger aller katholischen Verbände der Diözese zogen unter den Klängen eines Bläserensembles ein, dahinter im vollen Ornat die Vertreter der Regensburger Stiftskapitel, die Äbte von Paring und Weltenburg, schließlich das Domkapitel. Prälat Georg Ratzinger, „der Schef“, wie ihn seine Domspatzen liebevoll nennen, war selbstverständlich auch dabei, gestützt auf Prälat Wachter und seinen weißen Gehstock. Der Domkapellmeister wird nach Rom berichten, dass nun auch der Dom eine Orgel hat.

Schon beim achtstimmigen Mendelssohn-Chorsatz „Jauchzet dem Herrn alle Welt“ zog den 3000 die Gänsehaut auf. Unter ihnen waren Bürgermeister, Landräte aus dem gesamten Bistum, Regierungspräsidentin Brigitta Brunner, Generalkonservator Dr. Egon Greipl, der oberste bayerische Laien-Katholik, Dr. Albert Schmid vom Landeskomitee. Alle konnten aus einem stilvollen Vierfarb-Heft mitsingen, als die Orgel das Kirchenvolk mächtig an der Hand nahm beim triumphalen „Christus vincit, Christus regnat, Christus imperat“ von Jules van Nuffel, das auch im Petersdom in Rom heilige Schauer hervorruft.

Nach dem sakramentalen Segen und vor dem ersten Orgelkonzert wurden etwa 270 Gäste im Bischofshof mit Glühwein, Kaffee oder Kartoffelsuppe begrüßt. Vertreter von Kirche, Politik und Behörden freuten sich mit den Großspendern. Die Spendenbereitschaft sei erfreulich hoch, hörte man. Das 1,7-Millionen-Projekt wäre ohne sie nicht realisierbar.

Bischof Gerhard Ludwig Müller wertete dies in seiner Predigt als Beweis dafür, dass sich die Regensburger wie ihre Vorfahren, die den Dom bauten, „den Sinn für das Zweckfreie, das Humane“ bewahrt hätten und noch heute in der Lage seien, „in einem Gemeinschaftswerk große religiöse Kultur hervorzubringen“.