Nationalgerichte der „Erdäpfelpfalz“

Die Kartoffel ist für Oberpfälzer Köche unverzichtbar – und auch sprachlich tief verwurzelt.

12.11.2009 | Stand 12.11.2009, 18:38 Uhr

Die Oberpfalz ist für ihre Kartoffelgerichte bekannt: „Erdäpfelpfalz“ nannte man sie früher. Was damals abschätzig gemeint war, ist heute Sympathieträger für die Region. Und die „Erpfl“, wie die Oberpfälzer ihre Kartoffeln beinahe liebevoll nennen, ermöglichen die verschiedensten kulinarischen Genüsse. Der „Dotsch“, gekürzt aus „Erpfldotsch“, ist eine fladenartige Speise aus geriebenen rohen Kartoffeln, die in der Pfanne gebacken wird. Der Dotsch hat mittlerweile auch Einzug in die Tiefkühltruhen der Supermärkte gefunden. Und genau da liegt ein Problem; denn dort finden sich auch überregionale Produkte, die alle einen hochdeutschen Namen tragen. Die regionale Bezeichnung „Dotsch“ wird irgendwann einfach verschwunden sein, ebenso „Reiberdàtschi“, wie das Gericht in anderen Gegenden Altbayerns heißt. „Reiberdàtschi, -knödel“ hat nichts mit „Räuber“ zu tun, wie es der Lautung nach möglich wäre, es kommt daher, dass zum Kartoffelreiben ein „Reiber“ verwendet wird (anderswo „die Reibe“ genannt). „Dotsch“ und „Dàtschi“ sind herzuleiten vom bairischen Verb „datschen, dàtschen, dätschen, detschen, dotschen“ und das bedeutet: (etwas Weiches) niederdrücken. Sowohl der „Dotsch“ als auch der „Zwetschgendàtschi“ sind „gedascht“, also flach.

Die „Kohlrübe“ heißt „Dotschen“. In mageren Zeiten spielte diese Rübensorte eine bedeutende Rolle. Man hat daraus vielfältige Gerichte zubereitet. Abfällig bezeichnet man eine dicke, plumpe, ungeschickte, ungebildete Frau als „Dotsch, Dotschen“, etwas abgemildert als „Dotscherl“. In Karl Valentins Monolog „Kreszenz Hiaglgwimpft“ heißt es: „Moana denn Sie, mit Eahnam Baumhackl-Teint wern Sie a Schauspielerin? A Abspülerin könna S‘ macha in der Speisehalle, Sie Prachtdotschen!“ (Baumhackl, Bàmhàckl meint: schorfige, entzündete Haut als Folge von Unreinlichkeit). Harald Grill schildert in seiner Novelle „Hochzeit im Dunkeln“ die Probleme, mit denen sich sein Vater nach dem Krieg konfrontiert sah, als ihm die Dorfgemeinschaft vorwarf: „Mit dem Flüchtlingsdotscherl hat er tanzt.“

Ein anderes einfaches Gericht ist der „Sterz“. Zum „Erdäpfelsterz“ nehme man geschälte Kartoffeln, koche sie in Salzwasser, zerdrücke sie und verrühre sie mit ein wenig Butter zu einer homogenen Masse. Auch eine Art Schmarren, eine aus Kartoffeln, Grieß, Maismehl oder Brotresten zubereitete Speise, die in Fett herausgebacken und dann zerstoßen wird, nennt man „Sterz“. Es fragt sich, ob der Name mit dem Verb „sterzen“, also mit ,das Obere nach unten wenden, stürzen‘ zu tun hat oder mit „Sterz, Starz“, das heißt Strunk (von Weißkraut, Wirsing). Zudem werden der Haltegriff am Pflug sowie die Stange am Ende eines Transportschlittens oder am Hinterwagen eines mehrgliedrigen Fuhrwerks als „Starz“ bezeichnet. Anna Wimschneider erinnert sich: „Ich musste den Schlitten mit einer Stange lenken, wie bei einem Floß oder Schiff. Ich konnte den Stoaz mit den Händen kaum umlangen.“

Kleine Nudeln aus Mehl- oder Kartoffelteig, die durch Drehen zwischen den Handflächen so geformt werden, dass sie beidseitig spitz zulaufen, heißen „Bauchstecherl“, in der Oberpfalz „Bauchstechala“. Nach dem Kochen in Salzwasser seiht man sie ab und brät sie mit Fett in der Pfanne. Durch Größe und Form unterscheiden sie sich von den „Baunkerln“ (Fingernudeln), die etwa fingerlang sind und walzenförmig mit stumpfen Enden. Eine andere Bezeichnung für „Bauchstecherl“ ist „Schopperl, Schoppala“, und zwar deswegen, weil man zum „Schoppen“ (Mästen) der Gänse ähnlich geformte Nudeln verwendet.