Regensburg
Auftakt im Goldregen: Glänzender Einstand im Theater

19.09.2022 | Stand 15.09.2023, 3:36 Uhr
Das Opernensemble des Theaters Regensburg, von Goldflitter umschwirrt , beim Finale der Gala zur Eröffnung der Spielzeit −Foto: Tom Neumeier

Am Ende rieselte Goldglitter von der Decke, das Publikum klatschte und trampelte vor Begeisterung – und das Ensemble strahlte. Dem Theater Regensburg gelang ein gut gelaunter Einstand zum Auftakt der neuen Spielzeit.

36 Premieren, 27 Konzerte und etliche Sonderformate sind zu erleben. Das Haus, das unter neuer Leitung und mit zahlreichen neuen Künstlern an den Start geht, bot das gesamte Ensemble für seine temperamentvolle und kurzweilige Revue auf. Beim Finale der versammelten Sänger, Schauspieler, Tänzer und Musiker blieb auf der Bühne vor lauter Menschen kein Quadratmeter frei. „Putting it together“, also: setz’ es zusammen, der Titel von Stephen Sondheims Musical, das im Oktober Premiere hat, gab das Motto vor. Nach einem Start mit Misstönen und schriller Kritik an Neubesetzungen im Ensemble und Neuerungen in der Abo-Struktur, demonstrierte der Abend vor allem das Miteinander, wie aus den Worten von Intendant Sebastian Ritschel deutlich wurde.

Jeder mit jedem, alle überall: Viele Produktionen sind spartenübergreifend und das Junge Theater erlebt erstmals alle Genres, Oper inklusive, und sieht die Aufführungen an unterschiedlichen Spielstätten, wie die neue Leiterin Oda Zuschneid erklärte. Demonstrativ betont wurde auch der diverse und integrative Ansatz, dem man sich als Kulturbetrieb verpflichtet sehe, wie Chefdramaturg Ronny Scholz sagte: „Die Zeit der alten weißen Männer ist vorbei.“

Kostproben aus dem Programm und Szenen zum Kennenlernen machten am Samstag im Theater am Bismarckplatz unbedingt Lust auf Mehr. Im Schauspiel, neue Leiterin: Antje Thoms, beeindruckte Lilly-Marie Vogler, der das Kunststück gelang, in einem kurzen Monolog aus „Maria Stuart“ den ganzen Abgrund zwischen Wahn und Erkenntnis auszuschreiten. Guido Wachter wälzte sich in einer Szene aus „Zukunftsmusik“ so überzeugend in absurdem Weltschmerz, dass das Publikum gar nicht anders konnte, als zu lachen. Und das Quartett aus dem Jugend-Stück „Pinguine können keinen Käsekuchen backen“ brachte den Zwiespalt zwischen Gier und Gewissen köstlich auf den Punkt.

Glänzend aufgelegte Philharmoniker schürten die Freude auf zeitgenössische Entdeckungen im neuen Konzertprogramm. Orchester, Opern- und Cantemuschor wurden geschmeidig und präzise geleitet von Alistair Lilley und Tom Woods, den „zwei überlebenden Dirigenten am Haus“, wie Woods, kommissarisch GMD, typisch ironisch bekannte.

Die klassische Oper nahm, von einer Arie aus „Macbeth“ abgesehen, bei der Gala wenig Raum ein, dafür zeigte sich das Faible des Spielplans für Musical und Sonderformen wie die Tango Operita „Maria de Buenos Aires“. Auf Astor Piazzollas Werk machte eine wunderbare Fabiana Locke aus dem neuen Kreis der Musical-Spezialisten Appetit. Eine Granate: Svitlana Slyvia, neu als Mezzosopranistin am Haus, die in einer Sequenz aus Bernsteins „Candide“ ihr Feuer funkeln ließ und ihre Pumps von den Füßen schleuderte.

Das Glanzlicht der Gala lieferte der Tanz. Bei „Massa Mobil“ hielt es einige Zuschauer kaum auf dem Sitz. Die packende, hochästhetische Choreographie vom neuen Spartenchef Wagner Moreira erobert zum Saisonauftakt Regensburger Plätze und Parks. Bei der Gala wurde sie mit Trampeln und Bravi gefeiert.

Hochzufrieden zeigte sich nicht zuletzt Matthias Schloderer, der kaufmännische Direktor des Theaters: mit einer ausverkauften Gala und Abo-Zahlen, die bereits 97 Prozent vom Vorjahresstand erreicht haben.