Kultur
Ein Spiegel der Kunst in der Region: Die Jahresschau in Regensburg

20.09.2022 | Stand 15.09.2023, 3:36 Uhr
Claudia Böckel
Ein Beitrag für den Nachwuchsförderpreis für Künstler unter 40: Andreas Dengler (Jahrgang 1990) mit der Skulptur „Art“ −Foto: Fotos: Uwe Moosburger

Die 96. Jahresschau des Kunst- und Gewerbevereins gibt großzügig Überblick über das Schaffen von Künstlern und Kunsthandwerkern in Niederbayern und Oberpfalz – ein Rundgang.

Die großzügigen Räume in der Ludwigstraße zeigen sich, nachdem es bei der jüngsten Ausstellung wild und dunkel zugegangen war, nun wieder ganz anders, eher traditionell: Malerisches hängt an der Wand, einige Skulpturen bespielen den Raum. Videokunst ist gar nicht vertreten.

Kontroversen Diskussionen

Die einzige Installation, der Kokon von Johanna Kaljanac, ist als Kunstwerk des Jahres von einem Künstler unter 40 Jahren prämiert worden und dominiert die große Ausstellungshalle, lädt ein einzutreten und die Welt unter anderen Gesichtspunkten zu betrachten, durch Plastikmembranen und Gitterstrukturen, kann Hülle sein oder Gefängnis, Nest oder Fanal (die MZ berichtete ausführlich am 7. September), lehrt, die Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt zu sehen, um Peter Handke zu zitieren.

Die Jahresschau ist die bedeutendste „offene“ Ausstellung im ostbayerischen Raum, jeder künstlerisch Tätige kann Arbeiten einreichen. 395 Arbeiten waren es dieses Jahr, von 172 Künstlern. Ausgestellt sind aktuell 149 Arbeiten von 104 Künstlern, berichtet Tony Kobler vom Vorstand des Kunst- und Gewerbevereins.

Dieses Jahr sei besonders die Beteiligung junger Leute sehr erfreulich. Viele Studierende der gestalterischen Studiengänge der Universität seien dabei. Konzeption der Ausstellung und Auswahl der Werke lagen bei der dreiköpfigen Jury, die unabhängig vom Verein agieren konnte, in angeregten und auch kontroversen Diskussionen Themen akkumulierte und den professionellen Blick aus verschiedenen Richtungen, jedenfalls von außen, beibehielt. Für jeden Platz an der Wand, ob klein oder groß, fand sich ein passendes Kunstwerk. Groß- und Kleinformate wurden abwechslungsreich miteinander gemischt, farbliche Kontraste durch die Hängung hervorgehoben. Zur Ausstellung ist ein wunderbarer kleiner Katalog erschienen, der von jedem beteiligten Künstler ein Werk abbildet. Leider wurde er zur Ausstellungseröffnung nicht fertig. Ein Grund mehr, bis 16. Oktober noch einmal in den hellen Räumen vorbeizuschauen und die vielen unterschiedlichen Kunstpositionen zu betrachten.

Feine Objekte wie Melanie Schindlers „Objekt O.T. Wachstum“ aus getrocknetem Teepilz oder das zauberhafte, an einem Stab aufgehängte Gewand mit dem Titel „Algenschön“ von Ingrid Gerber finden Entsprechungen im „Wiesenstück“ von Raimund Reiter oder den poetischen Cutouts von Stefanie Reiter, in abstrakten Malereien wie Tanja Scharles „Coicidental abstract #5“, wo auch mit Tinte und Kaffee gearbeitet wurde. Nadja Schwarzeneggers Acrylmalereien mit wuchernder Vegetation bilden Gegenpositionen zu witzigen Arbeiten wie Herwig Säckls „Grünem Veltliner“, einem grünen Weingut inmitten grüner Weinberge.

Schlichte Formen

Maria Maiers gelbe Arbeit aus „Colors of Kunming“ ist eine Kombination aus Fotografie und Malerei, ein Dialogbild, typisch für ihre Arbeitsweise. Diese Arbeit sticht ebenso heraus wie Peter Novotnys „Mindset: eingebunden“, der mit den bunten Farbbändern eine Turban-tragende Frau generiert. Christine Sabels drei Glasstelen mit bunten Glaswürfeln obenauf „Verbunden trotz Distanz“ bilden in ihrer Geradlinigkeit eine Entsprechung zu Ursula von Kirchbachs streng gebauten Objekten aus Papier und einen Gegenpol zu den Keramikobjekten von Christine Weissenseel, die „Kiesel“ aus eingefärbtem Ton bildet. Holzobjekte wie der „Prototyp“ von Paul Reßl aus zusammengesteckten Fichtenleisten ergänzen sich mit dem „Turm“ von Stafan Preisl, einer Bildhauerarbeit aus einem Lindenstamm mit vielen kleinen Häusern mit vielen kleinen Fenstern. „Baden?“, eine Frau im roten Badeanzug, mit Schwimmflossen auf einem Aquarium stehend, Hände hinterm Rücken gefaltet, ein wenig nach vorne gebeugt, aus Birke gearbeitet, erzählt eine ganze Geschichte. Ingrid Heys Leuchtkästen mit aus der Reihe tanzenden Ahornsamen stehen für eine poetischere Position, Vincent Schmucker und Christina Friedl beschäftigen sich mit der Kombination schlichter Formen. Christiane Mayr und Ursula Bolck-Jopp finden interessante Positionen für ihre Figuren. Architekturelemente kombiniert aus Industrieanlagen und Spielplätzen, kleine Häuschen mit den Namen großer Maler, die im Wasser versinken, Glasobjekte in ukrainischen Farben: Für jeden Betrachter ist etwas dabei in dieser Ausstellung.